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Städte, die „alternsgerecht“ werden müssen

Der demografische Wandel erfordert auch eine gewandelte Architektur. An der TUD werden Studierende frühzeitig für das Thema sensibilisiert.

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Prof. Dr. Gesine Marquardt
Prof. Dr. Gesine Marquardt © Franziska Pilz

Wie gestalten wir Städte so, dass sie für alle Menschen nutzbar sind und bleiben? Wie bauen wir Gebäude so, dass ihre Architektur alle Menschen gleichermaßen willkommen heißt? Zwei Fragen, die den Kern dessen beschreiben, womit sich Gesine Marquardt und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich beschäftigen. Die Professorin für Sozial- und Gesundheitsbauten an der Fakultät Architektur der TUD ist spezialisiert auf bauliche Lösungen für sehr spezifisch eingeschränkte Nutzergruppen.

„In meinem Fall sind das beispielsweise Pflegeeinrichtungen für Menschen mit Demenz oder Krankenhausbauten für sehr junge Schlaganfallpatienten. Der weitere Kontext unseres Arbeitens ist die Architektur im demografischen Wandel, und somit die Entwicklung barrierefreier Wohn- und Pflegeformen aus der Perspektive von Architektur und Stadtplanung“. Barrierefreies Planen und Bauen bedeutet in einer älter werdenden Gesellschaft, dass sich Bauten und urbane Landschaften „alternsgerecht“ präsentieren müssen. „Was wir heute bauen, muss schon ab morgen mitwachsen und sich stetig an spätere Lebensphasen anpassen können“, so Gesine Marquardt.

Barrierefreiheit auch außerhalb von Gebäuden

Neben der Barrierefreiheit in den Gebäuden selbst geht es dabei zunehmend um Dinge, die die Mobilität körperlich eingeschränkter Menschen auch außerhalb von Häusern unterstützen. „Leit- und Orientierungssysteme, die über bloße Blindenleitstreifen hinausgehen, wären hier zu nennen“, so die Professorin, „genauso wie gut sichtbare Gehwegkanten, abgesenkte Bordsteine und Treppen mit deutlich markierten Vorderkanten. Auch benötigt der öffentliche Raum der Zukunft mehr Sitzgelegenheiten, mehr öffentliche Toiletten, mehr Trinkbrunnen und vor allem mehr Schatten in den wärmer werdenden Städten“.

Die Herausforderung beim Bauen von heute (und morgen) ist Gesine Marquardt zufolge diese: Grundsätzlich ist das Thema Barrierefreiheit gut erforscht. Die Defizite lägen in der Umsetzung durch die Auftraggebenden: „Die gesetzlichen Regelungen orientieren sich meist nur am Mindeststandard. Man muss als Bauherr lange nicht alles umsetzen, was man umsetzen könnte. Weshalb es auf das Wissen und das Engagement der Planenden ankommt. Diese sind in der Pflicht, umfassend zu informieren und auf die Bauherren und die Kommunen einzuwirken“.

Um diesen Druck aufzubauen und konstant halten zu können, müssen Studierende der Architektur und verwandter Fachrichtungen zeitig an das Thema herangeführt werden. Deshalb werden an der TUD im 4. Semester des Architekturstudiums Fragen des barrierefreien Bauens erörtert. „Wir tun das bewusst früh im Studium, um den Studierenden klarzumachen, wie wichtig und vielschichtig die Herausforderungen sind. Das unterscheidet uns durchaus von anderen deutschen Universitäten“.

Spuren wird die Arbeit von Gesine Marquardt und anderer Forschender aus Dresden – so ist zu hoffen – auch in zukünftigen Bundesbauten hinterlassen: Unter der Leitung von Prof. Irene Lohaus, Inhaberin der Professur Lehr- und Forschungsgebiet Landschaftsbau am Institut für Landschaftsarchitektur, wird derzeit an der TUD ein Leitfaden für barrierefreies Bauen für öffentliche Gebäude der Bundesrepublik erstellt.

© TU Dresden