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Wir müssen unsere Stärken stärken

Sachsen braucht Fachkräfte und ebenso innovative Gründerinnen und Gründer. An der TUD gibt es beides. Warum die Universität als Forschungs-, aber auch als Begegnungsort so wichtig ist und warum sächsische Gründer gerade jetzt besonders gute Chancen haben, erzählen TUD-Professor Andreas Pinkwart sowie die Unternehmerin und TUD-Absolventin Mandy Schipke im Gespräch.

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© Grafik: TUD, Fotos: Veit Hengst (1), PR (1)

In ganz Sachsen freut man sich über die milliardenschwere Ansiedlung des Chipherstellers TSMC. Aber schon jetzt klagen hiesige Unternehmen über viele unbesetzte Stellen. Wie kommen wir an die dringend nötigen Fachkräfte?

A. Pinkwart: Indem wir unsere Stärken stärken! Und die liegen in Sachsen ganz klar in der Bildung. Wir haben beste Studienbedingungen und eine hochexzellente Forschung. Und wir haben top ausgebildete Leute aus aller Welt. 18.6 Prozent der Studierenden und mehr als 30 Prozent der Doktoranden, die an der TUD promovieren, haben einen internationalen Hintergrund. Die Voraussetzungen sind gut.

Aber wie überzeugt man top ausgebildete junge Leute, ihren Berufsweg weiter in Sachsen zu gehen und vielleicht sogar selbst Gründer werden?

M. Schipke: Indem wir ihnen zeigen, dass es sich lohnt, hierherzukommen und zu bleiben. Und indem man die, die schon hier sind, nicht verschreckt. Da müssen Unternehmen auch noch ein bisschen dazulernen, vor allem in Sachen Flexibilität. Für Absolventen ist nicht nur wichtig, dass sie einen Job finden, der inhaltlich passt. Um anzukommen und zu bleiben, braucht es mehr. Benefits sind für junge Leute heute selbstverständlich. Und sie wollen sich oft auch als Teil einer Gemeinschaft erleben und einen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Das versuchen wir in unserem Unternehmen bereits so umzusetzen –mit Flexibilität, Offenheit und zum Beispiel auch mit Zweisprachigkeit im Arbeitsalltag. Klar ist aber auch, dass gerade kleinere Unternehmen, von denen es in Sachsen besonders viele gibt, natürlich nicht die Möglichkeiten von Bosch oder anderen Großkonzernen haben.

A. Pinkwart: Als Universität sind wir ja auch Arbeitgeber und müssen sicher beim Thema Flexibilität an der einen oder anderen Stelle auch selbst noch dazulernen. Wenn es ums Gründen geht, braucht es neben den praktischen Starthilfen auch Vorbilder. Das können Professoren sein, die Gründungen aktiv unterstützen, aber auch Unternehmer, die begeistern.

M. Schipke: Und es braucht eine stärkere Verzahnung von Universität und Wirtschaft. Wir haben viele junge Studierende bei uns, schon im zweiten oder dritten Semester, deren Abschlussarbeiten wir auch mit betreuen. Auf diese Weise entstehen ganz automatisch ein Praxisbezug und eine Verbindung, die manchmal bis zum Berufseinstieg hält.

A. Pinkwart: Das ist auf jeden Fall ein guter Weg. Mit dem neuen Exzellenzcenter „TUD|excite“ haben wir genau solche Verbindungen im Blick. Unter einem Dach vereinen wir ab diesem Herbst alle Angebote vom Wissenstransfer zu Unternehmen bis hin zum Gründen – eng verzahnt mit dem Start-up-Service „dresden|exists“. Das bedeutet kurze Wege und gebündelte Informationen.

Die Universität lernt dazu, Unternehmen ebenfalls. Und die Politik? Was könnte sie tun, damit Gründen – etwa aus dem Studium heraus – leichter wird?

A. Pinkwart: Die steuerliche Entlastung kleiner Unternehmen ist etwas, das Start-ups aus der Universität ebenso nützen würde wie eine vereinfachte öffentliche Vergabe.

M. Schipke: Was auf jeden Fall helfen würde, wäre weniger Bürokratie – zumindest eine Anlaufstelle, die potenziellen Gründerinnen und Gründern erklärt, welche der vielen Vorgaben und Formulare wirklich gebraucht werden und was man erst einmal vergessen kann. Und das bitte nicht nur auf Deutsch! Wir brauchen eine Internationalisierung der Ämter, wenn wir wollen, das Menschen aus dem Ausland hier arbeiten, leben und vielleicht auch Firmen gründen.

Gegründet wird ja aus dem Studium an der TUD heraus schon jetzt ziemlich erfolgreich. Das Robotikunternehmen Wandelbots und der Solartechnikhersteller Heliatek, dessen Gründer Professor Karl Leo jetzt als einer von drei TUD-Professoren auch mit dem UNIPRENEURS-Gründerpreis geehrt wurde, sind nur zwei Beispiele dafür. Sind solche Senkrechtstarter die Ausnahme?

A. Pinkwart: Das sind gute Beispiele, ja. Es sind aber auch Beispiele für Unternehmen, deren Innovation eine breite Anwendung verspricht und sich daher leichter vermittelt. Das ist nicht bei jedem Deep-Tech-Start-up der Fall. Insofern ist die Bandbreite der erfolgreichen Gründungen aus der TUD größer und sehr werthaltig. Das sieht man auch daran, dass die Quote der Start-ups, die Förderungen des Bundes erhalten, bei uns überdurchschnittlich hoch ist.

M. Schipke: Es gibt einfach Gründerinnen und Gründer, die sich so stark auf ihre Forschung und ihr Produkt konzentrieren, dass sie die Öffentlichkeitsarbeit schlicht vergessen. Vielleicht könnte man hier einfach eine Hilfe für diejenigen anbieten, die für dieses Thema keinen Fokus oder vielleicht auch nicht so sehr das Talent haben.

Nach einer Umfrage des deutschen Start-up-Monitors wird jedes achte Start-up in Deutschland aus einer Hochschule heraus gegründet. Sehen Sie da noch „Luft nach oben“?

A. Pinkwart: Solche Umfragen sind mit Vorsicht zu betrachten, da nicht immer ganz klar ist, nach welchen Kriterien bewertet wird. Oft müssen Start-ups schon eine gewisse Zeit am Markt sein, um überhaupt in so ein Ranking einbezogen zu werden. Insofern schätze ich die tatsächliche Zahl höher.

M. Schipke: Das denke ich auch. Der Gründungswille an sich ist auf jeden Fall da.

In welchen Fachbereichen der TUD wird am häufigsten gegründet?

A. Pinkwart: Tatsächlich gibt es die meisten Gründungen im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich. Was nicht heißt, dass es in den Geisteswissenschaften nicht genauso spannende Ansätze für Start-ups geben würde.

M. Schipke: Ich denke, viele Absolventen im geisteswissenschaftlichen Bereich haben die Möglichkeit einer Firmengründung erst einmal gar nicht auf dem Radar. Ich habe ja selbst Soziologie studiert und war seinerzeit die einzige Gründerin in meinem Abschlussjahrgang. Man muss sich zuerst einmal vorstellen können, zu gründen – und dann braucht man Mitstreiter. Die hatte ich damals neben einer Affinität zu Technikthemen glücklicherweise. Wir haben uns fächerübergreifend gefunden und schnell festgestellt, dass wir uns wunderbar ergänzen. Das ist übrigens bis heute so. Insofern möchte ich ganz klar für Interdisziplinarität plädieren. Diese Erfahrung, die letztlich auch aus einem Uni-Projekt im Rahmen des Studium generale stammt, habe ich als sehr prägend erlebt.

A. Pinkwart: Interdisziplinarität ist elementar, das kann ich nur unterstreichen.

M. Schipke: Wir sprachen ja schon über Fördermöglichkeiten für Start-ups. Vielleicht wäre sogar ein Bonus für Firmen, die in fachübergreifenden Teams gegründet werden, denkbar. Es geht dabei gar nicht so sehr um die Höhe der Summe, sondern darum, den Fokus auf einen der wichtigsten Punkte beim Gründen zu legen: Das gemeinsame Umsetzen einer Idee aus unterschiedlichen Perspektiven.

Und das geht im kleinstädtisch und ländlich geprägten Sachsen genauso wie in Berlin oder anderen Metropolen?

M. Schipke: Das geht gut. Auch, weil sich die Gründerszene durchaus verändert hat. Jeder denkt bei Start-ups an junge Menschen in Berlin, die zwischen zwei Drinks im Hipster-Café die nächste von vielen Softwarefirmengründen. Tatsächlich haben Investoren inzwischen aber ein größeres Interesse an Deep-Tech-Unternehmen, also Firmen, die vielleicht oft nicht ganz so medienwirksam starten, dafür aber sehr forschungs-und technikstark sind. Und davongibt es viele in Sachsen.

A. Pinkwart: Das bereits erwähnte Unternehmen Heliatek ist ein gutes Beispiel. Die Gründer haben nicht nur die Idee entwickelt, sondern auch die Maschinen, die zur Umsetzung gebraucht wurden, selbst geplant und hergestellt. Diese Expertise ist natürlich auch für Investoren sehr attraktiv. Das wachsende Interesse an Deep Tech spielt Sachsen und auch der TUD in die Hände. Denn hier liegen unsere Stärken.

Wo sehen Sie die TUD im „Gründerland Sachsen“, das so ja auch als eigene Marke beworben wird?

A. Pinkwart: Die TUD hat einen festen und wichtigen Platz, weil wir zum einen natürlich ein Ort der Forschung sind, zum anderen aber eben zunehmend auch ein Ort, an dem Firmen gegründet werden. Das ist kein Widerspruch und diese Erkenntnis setzt sich auch intern immer stärker durch. Inzwischen haben wir viele Professoren, die nicht nur Patente anmelden und gründungswillige Studierende unterstützen, sondern auch selbst erfolgreich gründen.

M. Schipke: Ganzwichtig finde ich, dass die Uni auch der Begegnungsort ist, an dem man vielleicht die Menschen kennenlernt, mit denen man sich fachlich und menschlich so gut ergänzt, dass man eine Firma gründet, die dann ihrerseits Werte und Jobs in Sachsen schafft.

Andreas Pinkwart ist seit 2023 Professor für Entrepreneurship und Innovationsmanagement an der TU Dresden. Der Professor für Betriebs- und Volkswirtschaftslehre war zuvor Wirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen und langjähriger Rektor der Handelshochschule Leipzig.

© TU Dresden

Mandy Schipke hat an der TUD Soziologie studiert und nach ihrem Abschluss gemeinsam mit Kommilitonen die Firma Novum Engineering gegründet, die Batteriemonitoring und Batteriespeicheroptimierung anbietet. Sie ist außerdem im Vorstand des Netzwerks Energy Saxony.

© TU Dresden