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Auf Kurs in die Teilchenwelt

Die TU Dresden bietet Schülern viele Möglichkeiten, zu testen, welches Studienfach zu ihnen passt.

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Echt oder Täuschung? Julien Kaden steht zwischen zwei Abbildungen des größten Teilchenbeschleunigers der Welt im Institut für Teilchenphysik an der TU Dresden. Das Original befindet sich am CERN in Genf.
Echt oder Täuschung? Julien Kaden steht zwischen zwei Abbildungen des größten Teilchenbeschleunigers der Welt im Institut für Teilchenphysik an der TU Dresden. Das Original befindet sich am CERN in Genf. © Bild: Thorsten Eckert

Von Annett Kschieschan

Julien (17) aus Seiffen kommt dadurch einem großen Traum sehr viel näher.

Die Antimaterie hat es Julien angetan. Besser gesagt, die Frage, warum es heute nur noch Materie gibt, obwohl beim Urknall beides zu gleichen Teilen freigesetzt wurde.

Eine mögliche Erklärung dafür ist ein Phänomen, das Wissenschaftler CP-Verletzung nennen. Julien Kaden, 17 Jahre alt, offener Blick, breites Lächeln, kann locker erklären, was es damit auf sich hat. Und zwar so, dass es auch der Laie versteht. Wenn er mit Experten darüber spricht, nutzt der Jugendliche allerdings ganz selbstverständlich die Fachbegriffe, die auch die Forscher verwenden. 

Julien aus dem beschaulichen Seiffen im Erzgebirge, hat seine ersten Schritte auf dem wissenschaftlichen Parkett längst gemeistert. Schülerpraktikum am Institut für Kern- und Teilchenphysik an der TU Dresden, danach die anschließende Masterclass und schließlich drei Tage am CERN, dem größten Forschungszentrum für Teilchenphysik der Welt in Genf. „Das war unglaublich beeindruckend“, erzählt Julien und man nimmt ihm die Begeisterung ohne Zweifel ab. Und das wiederum begeistert Dr. Uta Bilow. Gemeinsam mit Professor Michael Kobel leitet die Wissenschaftlerin das „Netzwerk Teilchenwelt“, in dem deutschlandweit etwa 250 Forscher von 30 Instituten verbunden sind. Das Ziel des mehrstufigen Programms ist es, junge Leute für die moderne Forschung zu begeistern

Workshops in Schulen

Dafür organisieren die Wissenschaftler Stammtische für Physiklehrer, fahren in Schulen, bieten Workshops an und lassen die Schüler selbst experimentieren. „Wir wollen unter anderem zeigen, wo die Teilchenphysik überall Anwendung findet“, sagt Dr. Uta Bilow und nennt als Beispiel die Behandlung einiger Krebsarten, die mittels Teilchenstrahlung besonders effektiv und gewebeschonend umgesetzt werden kann. Fast 4.000 Jugendliche haben im vergangenen Jahr über das Netzwerk ausprobiert, ob die Physik das richtige Studienfach für sie sein könnte. An der TUD ist das Netzwerk eines von über 30 Angeboten, mit denen die Universität jungen Leuten bei der Wahl des passenden Studienfachs Orientierung gibt. Bei Julien war freilich keine große Überzeugungsarbeit nötig. Physik mochte der Jugendliche schon immer, die Teilchenphysik fand er besonders spannend. Im Lehrplan der allgemeinbildenden Schulen ist dafür aber wenig Raum vorgesehen. Sein Physiklehrer erkannte das Talent des Schülers und machte ihn auf das Programm an der TUD aufmerksam. Zwei Stunden Zugfahrt nimmt Julien seit mehr als einem Jahr nun regelmäßig auf sich, um von Seiffen an den Zelleschen Weg in Dresden zu fahren.

Immer ein Ansprechpartner vor Ort

Hier, im Andreas-Schubert-Bau der TUD, ist er inzwischen schon fast ein alter Bekannter. Jeweils wochenweise war er in den vergangenen Monaten hier, um an seiner Besonderen Lernleistung fürs Abitur zu schreiben. Natürlich über die CP-Verletzung.
Die Wissenschaftler beraten, helfen, vermitteln Kontakte. Der Aufenthalt am CERN wurde Julien durch das Netzwerk ermöglicht. „Julien war von Anfang an sehr engagiert, hat zum Beispiel auch bei der Langen Nacht der Wissenschaften mitgeholfen“, erzählt Dr. Uta Bilow. Die Unterstützung durch die TUD hat den Schüler bestärkt. „Man wird hier ernst genommen, kann immer jeden fragen und bekommt Möglichkeiten, sich selbst mit ganz aktuellen Projekten zu beschäftigen“, sagt Julien. So wird gegenwärtig in Japan an genau dem Thema geforscht, das den Seiffener besonders interessiert. 

Über einen Mitarbeiter des TUD-Instituts für Kern- und Teilchenphysik bekam er die Chance, Einblick in die Ergebnisse zu nehmen. In Genf hat er zudem einen Eindruck davon bekommen, wie es ist, Teil der internationalen Wissenschaftsgemeinde zu sein, sich mit Gleichgesinnten aus aller Welt auszutauschen. Auf Englisch natürlich. Auch das gehört dazu. Julien hat sich längst entschieden. 

Ab dem Herbst würde er gern Physik studieren. An der TU in Dresden, weil er trotz seiner Begeisterung für die internationale Forschung auch heimatverbunden ist. „Ich mag Seiffen schon sehr gerne“, sagt der Jugendliche. Auch wenn nicht jeder in seinem Umfeld etwas mit Teilchenphysik anfangen kann – Familie und Freunde sind stolz auf seine ersten wissenschaftlichen Schritte und freuen sich mit ihm über die Chancen, die ihm das „Netzwerk Teilchenwelt“ eröffnet hat. Und Julien selbst weiß sehr gut, dass es natürlich noch ein Leben neben der Forschung gibt.

Er spielt Volleyball, macht Karate. „Und für meine Freundin nehme ich mir natürlich auch Zeit“, sagt der 17-Jährige und lächelt. Das nächste Ziel in Sachen Teilchenphysik hat er trotzdem fest im Blick. Seine Besondere Lernleistung ersetzt eine Prüfung im Abitur.
Dafür muss Julien seine Arbeit vor einer Prüfungskommission verteidigen. Und dazu darf er Gäste einladen. Dass er neben Familie und Freundin gern auch seine Betreuer von der TUD dabei hätte, zeigt den Erfolg des Studienorientierungsprojekts vielleicht sogar noch ein bisschen besser als es Statistiken können.