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Aus für "Brück & Sohn"

Der 1793 gegründete Verlag stellt nach 226 Jahren trotz Bemühungen um einen Käufer seine Arbeit ein.

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Anette und Helmut Brück führen den Verlag in siebter Generation. Jetzt ist Schluss.
Anette und Helmut Brück führen den Verlag in siebter Generation. Jetzt ist Schluss. © Claudia Hübschmann

Meißen. Als Papier noch Luxus war – 225 Jahre Brück & Sohn“ lautet der Titel der aktuellen Sonderausstellung im Stadtmuseum. Nun macht die Nachricht die Runde, dass es im 226. Jahr mit dem traditionsreichen Familienunternehmen zu Ende geht. Am 31. März werde sie die Arbeit des Verlages einstellen, kündigte Inhaberin Annette Brück jetzt an. Die SZ sprach mit ihr.

Was hat den Ausschlag für Ihre Entscheidung gegeben?

Ich habe den Verlag mit viel Liebe und großem Aufwand betrieben. Daran hatte ich selbst Freude und habe von den Kunden das entsprechende Feedback bekommen. Heute ist es so, dass alles schnell gehen muss, es darf alles nichts kosten und man muss trotzdem viel Geld mit seiner Arbeit verdienen. Das alles ist mit unserer Firma nicht möglich, wenn man den Verlag so führen will, wie wir es gemacht haben. Ich möchte gern, dass der Name „Brück & Sohn“ in guter Erinnerung bleibt. Mit den Bewerbern, die ich für den Kauf der Firma hatte, wäre das nicht möglich gewesen.

Was fehlte den Kaufinteressenten Ihrer Meinung nach?

Wir haben immer Hoffnung gehabt, wir haben viele tiefe Gespräche geführt, aber am Ende gab es immer wieder einen Absturz, weil Finanzen oder Fachkompetenz fehlten. Das war solch eine Berg- und Talbahn, dass ich gesagt habe: Ich will nicht mehr. Ich habe mich gefragt, warum es nicht gelingt, eine Lösung zu finden. Mir ist klar geworden, dass offensichtlich nach sieben Generationen Schluss sein soll.

Warum ausgerechnet jetzt?

Ich glaube, dass so eine traditionelle Firma mit solch einem traditionellen Stil heute nicht mehr funktioniert. Und unsere Kinder wollen sie nicht weiter führen. Die Leute ticken heute einfach anders. Es ist eine neue Welt da, in der ich mich nicht zurechtfinden würde, wenn ich weiter machen würde. Die Entscheidung ist für mich kein Trauerspiel, ich bin mit mir im Reinen. Und dann sehen wir mal weiter.

Was heißt das?

Dass etwa jemand Nutzungsrechte kauft – aber das will ich zum jetzigen Zeitpunkt alles noch offenlassen. Es ist natürlich schade um die schönen Produkte, aber da sind wir noch am Agieren, da ist noch nicht alles zu spät. Aber das ist jetzt alles noch nicht dran, wir wollen die Geschäftstätigkeit des Verlages jetzt erst einmal zu Ende führen.

Mit dem Verlag „Brück & Sohn“ geht nicht ein Wirtschaftsunternehmen zu Ende, sondern auch eine kulturelle Institution. Wie sehen Sie das?

Definitiv. Der Verlag war in viel Liebe zum Detail begründet und in Fachkompetenz. Ich habe mir immer einen Nachfolger gewünscht, der das weiter führt, was noch da ist – also unsere Adventskalender als wichtigstem Standbein, weil sie wirklich ein wirtschaftlich interessantes Produkt sind. Aber nur von den Adventskalendern kann man nicht leben.

Es hätten Ideen und Visionen da sein müssen, um die Firma so zu stabilisieren, dass sie auch in Zukunft eine Familie ernähren kann. Das ist meinem Mann und mir ja 32 Jahre lang ausgezeichnet gelungen – aber jetzt brechen durch die Digitalisierung ganze Sortimente wie Briefpapier, Glückwunschkarten, Broschüren und Postkarten weg.

Das muss ersetzt werden durch neue Produkte und die müssen von der nachfolgenden jungen Generation mit neuen frischen Ideen entwickelt werden. So war es noch bei mir und meinem Vater. Aber jetzt ist das bei uns in der Familie nicht mehr gegeben.

Deshalb haben wir außen nach einer Nachfolge gesucht – und wie sich nun zeigt, leider ohne Erfolg.

Das Gespräch führte Udo Lemke

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