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Wiederentdeckt: Film vom Osterreiten 1932

Überraschender Fund in einem britischen Archiv: Vermutlich handelt es sich um die ältesten Tonfilmaufnahmen des sorbischen Ritus.

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Osterreiter in Bautzen 1932: Szene aus der Kino-Wochenschau Pathé Gazette.
Osterreiter in Bautzen 1932: Szene aus der Kino-Wochenschau Pathé Gazette. ©  Screenshot: British Pathé

Bautzen.  Frühjahr 1932. Auf der Kronprinzenbrücke drängen sich die Menschen. Im Hintergrund erscheint das bekannte Panorama mit Dom, Michaeliskirche und Alter Wasserkunst. Hunderte Zuschauer sind gekommen, um die sorbischen Osterreiter zu sehen, die über die Brücke stadtauswärts ziehen. Laut klappern die Hufe der Pferde auf dem Pflaster. Deutlich zu hören ist der Gesang der Reiter: „Halleluja“.

Fast 90 Jahre sind diese Filmaufnahmen alt, und lange Zeit galten sie als verschollen, wie der Wissenschaftler Friedrich Pollack berichtet. Erst vor kurzem hat der Mitarbeiter des Sorbischen Instituts in Bautzen die Schwarz-Weiß-Bilder wiederentdeckt. In seinem Aufsatz „Wundervolle Welt – Historische Filmaufnahmen des Osterreitens“ beschreibt er die Entstehungsgeschichte des überraschenden Archivfunds. Nach seiner Einschätzung handelt es sich um die ältesten bislang bekannten Tonfilmaufzeichnungen des sorbischen Ritus.

>>> Kino-Wochenschau: Osterreiter in Bautzen 1932

Wie Friedrich Pollack schreibt, entstanden die Bilder am 27. März 1932. In jenem Jahr befindet sich der Bautzener Ostertourismus auf seinem Höhepunkt. Auf 40.000 schätzt das Bautzener Tageblatt die Zahl der Besucher am Osterwochenende. Etliche von ihnen kommen mit dem Auto, denn der ADAC hat zu einer Sternfahrt in die Stadt eingeladen.

Werbeaktionen und Reportagen im Hörfunk haben Bautzen in den Jahren zuvor deutschlandweit als Osterstadt bekannt gemacht. Der Fremdenverkehrsverein wirbt in großen Städten mit einem hölzernen Modell der Osterreiter für einen Besuch an der Spree. 

Und noch eine Besonderheit kommt 1932 hinzu. Wie das Bautzener Tageblatt berichtet, „waren nicht weniger als drei große Filmgesellschaften mit ihren Aufnahmewagen erschienen: Fox Tönende Wochenschau, die Ufa und die Emelka.“

Etwa 40 Sekunden lang sind die Aufnahmen, die Friedrich Pollack jetzt wiederentdeckt hat. Nach den Recherchen des Wissenschaftlers wurden sie erstmals am 7. April 1932 im Rahmen der Kino-Wochenschau Pathé Gazette in ganz Großbritannien ausgestrahlt. Neben der Einstellung von der Kronprinzenbrücke (heute Friedensbrücke) umfasst das Material zwei Szenen, die den Umritt der Liebfrauenkirche in Bautzen zeigen.

Wie Pollack schreibt, lagen die Aufnahmen seit ihrer Erstausstrahlung im Archiv des Medienunternehmens British Pathé. Seit 2014 sind sie sogar online bei YouTube verfügbar. Dass sie bislang nicht wiederentdeckt wurden, führt der Wissenschaftler auf die falsche Einordnung der Aufnahmen im Filmarchiv zurück. Denn in der Beschreibung der kurzen Sequenz gibt es weder einen Verweis auf das Osterreiten noch auf seinen sorbischen Ursprung. Dort werden die Bilder als „Saatritt der Landwirte und Feldarbeiter“ bezeichnet. (SZ/us)

Weitere Informationen zum Thema: Pollack, Friedrich: „Wundervolle Welt“ – Historische Filmaufnahmen des Osterreitens.