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Flugtage: Kunstwerke an Bautzens Himmel

Schon am Sonnabendvormittag war der Ansturm auf Bautzens Flugplatz groß. Noch bis Sonntag werden dort waghalsige Flugshows geboten - und vieles mehr.

Von Franziska Springer
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Wenn Patric Leis mit seiner Pitts Kunstwerke in den Himmel malt, hat er die Choreografie genau im Kopf. So könne man besser auf Unvorhergesehenes reagieren, sagt er.
Wenn Patric Leis mit seiner Pitts Kunstwerke in den Himmel malt, hat er die Choreografie genau im Kopf. So könne man besser auf Unvorhergesehenes reagieren, sagt er. © Steffen Unger

Bautzen. "Zuerst mal war mir übel", zieht Oskar Richter ein erstes pragmatisches Fazit unter seinen Rundflug mit der Cessna. Gemeinsam mit seinen Großeltern hat der Schüler aus Hermsdorf bei Dresden die Möglichkeit genutzt und sich im Rahmen der Bautzener Flugtage die Umgebung von oben angesehen. Die Übelkeit war da schnell vergessen: Er durfte neben dem Piloten sitzen und als Co-Pilot sogar zweimal "lenken". Und gewackelt habe es auch ganz schön - weil die Thermik über Feldern und Wiese eine andere ist als über Häusern, hat der Achtjährige gelernt. Das und den genauen Weg durch den Irrgarten in Kleinwelka. Den habe man nämlich ganz genau sehen können, sagt er begeistert.

Rund 15 Minuten dauerte das Abenteuer hoch über dem Boden. Kostenpunkt: 45 Euro pro Person. Für Oskar ging es bereits zum zweiten Mal im Leben in die Luft - "aber das erste Mal mit einem Flugzeug", berichtet er stolz und fügt hinzu: "Das andere Mal bin mit dem Rettungshubschrauber geflogen. Davon habe ich aber nichts mitbekommen."

Großer Andrang schon am Sonnabendmorgen

Wie Oskar und seine Großeltern nutzten etliche Flugzeugbegeisterte bereits die erste Möglichkeit, um den Bautzener Flugtagen, die im vergangenen Jahr Corona-bedingt ausfallen mussten, einen Besuch abzustatten. Bereits um neun Uhr morgens hatte sich vor dem Eingang zum Gelände des Flugplatzes Litten eine lange Fahrzeugschlange gebildet. "Man merkt richtig, wie hungrig die Leute nach Veranstaltungen sind", kommentiert eine Frau im Vorbeigehen.

Schon als Kind wollte Vicky Pietsch Pilotin werden. Dafür war sie vier Zentimeter zu klein. Vor fünf Jahren hat sie sich ihren Traum erfüllt und den Privatpilotenschein gemacht. Vor drei Jahren kaufte sie ihre Piper und gab ihr den Namen Betty.
Schon als Kind wollte Vicky Pietsch Pilotin werden. Dafür war sie vier Zentimeter zu klein. Vor fünf Jahren hat sie sich ihren Traum erfüllt und den Privatpilotenschein gemacht. Vor drei Jahren kaufte sie ihre Piper und gab ihr den Namen Betty. © Steffen Unger

Das ist auch Vicky Pietsch nicht entgangen, die am Morgen mit dem Shuttlebus vom Hotel auf den Flugplatz gereist ist. Hier hatte neben ihrer Betty, einer fast 70 Jahren alten Piper, auch die Pitts, der Doppeldecker ihres Lebensgefährten Patric Leis, die Nacht verbracht. Am Morgen macht es sich das Paar gemeinsam mit Bekannten im Schatten von Bettys Tragflächen auf einer Picknickdecke gemütlich. Festivalstimmung kommt auf. "Irre, wie zeitig das Whooling hier schon losgeht", kommentiert die 34-jährige Hobby-Pilotin, die zum ersten Mal bei Sachsens größter Flugshow dabei ist. Dreieinhalb Stunden habe der Flug vom Saarland nach Bautzen gedauert - es sei dank Rückenwind ziemlich flott gegangen, berichtet sie und zeigt die Strecke auf dem Navi ihres Tablets.

Anders, als man als Laie annehmen könnte, sei es nicht besonders kompliziert, Flüge wie diesen mit kleinen Maschinen zu organisieren: "Solange am Flugplatz jemand am Boden ist, der im Ernstfall einen Funkspruch absetzen kann, kann man auch starten. Das braucht man nicht großartig im Vorfeld planen", erklärt Pietsch. Während des Fluges orientiere man sich neben dem Navi an markanten Punkten - an Autobahnen, Talsperren und Zuggleisen. Das klingt schon fast zu simpel: "Mit Autofahren ist das aber auch bei viel Erfahrung nicht zu vergleichen", erklärt Patric Leis. Das Problem: "In der Luft kannst du nicht einfach anhalten. Man muss kein großer Physiker sein, um ein guter Flieger zu werden, aber ein bisschen Ahnung von Thermodynamik sollte man haben."

Waghalsige Kunstflüge vor strahlend blauem Himmel

Wie er da entspannt vor einem sitzt, fällt es schwer zu glauben, dass der sympathische Leis derselbe Mann ist, der nur wenige Minuten später Schleifen, Schlaufen und Schrauben mit weißem Rauch und atemberaubenden Tempo in den Himmel malt, der mit seiner Pitts in einer weißen Wolke verschwindet und kurze Zeit später wie ein Stein vom Himmel fällt. Da kann beim Zuschauen trotz 25 Grad Außentemperatur Gänsehaut aufkommen.

Der BMP SP 1 Schützenpanzer des Offroad-Teams aus Landsberg fährt maximal 65 Kilometer pro Stunde - dafür nimmt er aber Steigungen bis zu 32 Prozent nahezu mühelos. Auf den Flugtagen dürfen auch Zivilisten mitfahren.
Der BMP SP 1 Schützenpanzer des Offroad-Teams aus Landsberg fährt maximal 65 Kilometer pro Stunde - dafür nimmt er aber Steigungen bis zu 32 Prozent nahezu mühelos. Auf den Flugtagen dürfen auch Zivilisten mitfahren. © Steffen Unger

Doch nicht nur mit waghalsigen Flugmanövern trumpfen die Flugtage in diesem Jahr auf, sondern auch mit einem umfangreichen Rahmenprogramm. Während an einem Ende des Geländes Kinder auf Mini-Quads das Biker-Sein üben, steigen Besucher am anderen zur Rundfahrt in einen 13,6 Tonnen schweren Schützenpanzer, den das Offroad-Team Landsberg mitgebracht hat.

500 Händler beim Antik- und Flohmarkt

Dazwischen lädt der Schwarz-Markt zum Entdecken und Stöbern ein. Über 500 Händler sind zu dem Antik- und Flohmarkt angereist. Nicht alle sind sympathisch. So zieht etwa ein Mann mit schwarzer Weste auf weißem Hemd und Melone auf dem Kopf bei der Frage, ob er sich zu einem Foto mit seinem Grammophon bereiterkläre, ein fleckiges Stück Stoff unter seinem Verkaufstisch hervor. Darauf zu sehen: Reichsadler und Hakenkreuz. "Nur, wenn das hier mit aufs Bild kommt", sagt er höhnisch grinsend. Ein Verhalten, das Markt-Veranstalterin Yvonne Schwarz nicht das erste Mal unterkommt. Toleriert wird es nicht. Sofort kommt sie auf ihrer schwarzen Simson angebraust, stellt den Händler zur Rede und lässt ihn zur Entschuldigung antreten. Ob die ernstgemeint ist, darf bezweifelt werden.

Yvonne Schwarz ist das Ganze sichtlich peinlich. "Ich bin so froh, dass wir endlich wieder Märkte veranstalten können, dass so viele Händler und auch Gäste kommen. Da kann ich solche Szenen wirklich nicht gebrauchen", sagt sie und übertönt mit der Bestimmtheit ihrer Stimme sogar den Sternmotor in ihrem Rücken, der die Aufmerksamkeit schließlich wieder auf die angenehmen Seiten der Bautzener Flugtage lenkt.

Stilecht ist Elias Wagner mit seiner Dornier DO 27 aus Gelnhausen bei Frankfurt am Main angereist. Die Maschine wurde zwar für den Kriegseinsatz konzipiert, taugt aber eher zum Frachttransport. Bis zu sechs Menschen können hier mitfliegen.
Stilecht ist Elias Wagner mit seiner Dornier DO 27 aus Gelnhausen bei Frankfurt am Main angereist. Die Maschine wurde zwar für den Kriegseinsatz konzipiert, taugt aber eher zum Frachttransport. Bis zu sechs Menschen können hier mitfliegen. © Steffen Unger