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Flugtage: Die Lausitz hebt wieder ab

Nach der Corona-bedingten Pause 2020 findet Sachsens größte Flugshow jetzt wieder in Bautzen statt. Mit dabei ist diesmal auch ein fliegender Fluchthelfer.

Von Franziska Springer
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Die Piper PA-18 von Vicky Pietsch half während des Kalten Krieges, Flüchtlinge aus der DDR in den Westen zu bringen. Am Wochenende ist sie bei den Bautzener Flugtagen vor Ort.
Die Piper PA-18 von Vicky Pietsch half während des Kalten Krieges, Flüchtlinge aus der DDR in den Westen zu bringen. Am Wochenende ist sie bei den Bautzener Flugtagen vor Ort. © Andy Davey

Bautzen. Wenn sich am kommenden Wochenende wieder Kunstflieger, Hobbypiloten und staunende Besucherscharen zu Sachsens größter Flugshow auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Litten treffen, werden zwei besondere Damen aus dem Saarland mitten unter ihnen sein: Zum ersten Mal reist Vicky Pietsch mit ihrer Betty anlässlich der Bautzener Flugtage von Friedrichsthal nach Sachsen. Drei bis dreieinhalb Stunden, schätzt sie, wird das bei einer ungefähren Reisegeschwindigkeit von 90 Meilen pro Stunde, was in etwa 145 km/h entspricht, dauern.

Ihre Piper PA-18, die Vicky Pietsch auf den Namen Betty getauft hat, wird dann möglicherweise etwas untergehen: "Die Leute stehen auf Flugshows normalerweise auf den Krach und den Rauch - weniger auf Historie", sagt die Eignerin aus Erfahrung. Dabei ist Betty gerade in den ostdeutschen Bundesländern keine Unbekannte. Sogar das überregionale Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat sich an Pietschs Flugzeug in den späten 70er- und frühen 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts abgearbeitet - genauer gesagt, an einem seiner früheren Eigner.

Vier Zentimeter zu klein für den Pilotenberuf

Denn das 1952 gebaute Flugzeug war nicht nur Bestandteil der amerikanischen und später auch der französischen Luftwaffe. Sie half mitten im Kalten Krieg auch einem Piloten, den man im besten Fall als spleenig bezeichnen kann, dabei, Menschen aus der DDR bei ihrer Flucht in den Westen zu helfen.

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Dass es sich um genau dieses Flugzeug handelt, ist dabei leicht nachzuprüfen: Die amtliche Kennung Delta-Echo-Hotel-Charlie-Kilo trägt die Piper noch heute. In den Besitz von Vicky Pietsch gelangte Betty eher zufällig: "Wir haben vor drei Jahren eine Anzeige gesehen, dass ein älteres Ehepaar das Flugzeug verkauft und haben Betty zu uns geholt", erinnert sich Vicky Pietsch und meint mit "wir" neben sich auch ihren Lebensgefährten Patric Leis und dessen Vater.

Die beiden Männer, sagt Vicky Pietsch, entstammen einer regelrechten Fliegerfamilie - haben die Pitts S-1, mit der Patric Leis zu den Flugtagen anreisen und im Kunstflugbereich zu erleben sein wird, in dessen Kinderzimmer aufgebaut. "In meiner Familie fliegt hingegen niemand", sagt Vicky Pietsch. Sie selbst habe als Kind zwar immer Pilotin werden wollen, aber: "Kurz vor dem Abi habe ich festgestellt, dass ich vier Zentimeter zu kurz bin."

Vor fünf Jahren Privatpilotenlizenz erworben

Der Traum geriet in Vergessenheit bis sie Jahre später beruflich verreisen musste und dabei in einen Bahnstreik geriet. "Dort war eine Frau, die ganz selbstverständlich erzählte, dass sie die Leute in solchen Fällen schon auch mal selber zurückfliegt", sagt Vicky Pietsch. Ihr Erstaunen von damals kann man in ihrer Erzählung von heute noch immer hören. Sie habe sich daraufhin erkundigt und vor fünf Jahren die Privatpilotenlizenz erworben. "Das ist gar nicht so teuer, wie man denkt", sagt sie.

Für die Piloten selbst, verrät sie, seien Flugshows wie die Bautzener Flugtage vor allem eine gute Gelegenheit, um Gleichgesinnte kennenzulernen und wieder zu treffen. Bis zu zehn solcher Veranstaltungen besucht sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten normalerweise pro Jahr. "Im letzten Jahr waren wir Corona-bedingt nicht auf einer einzigen", sagt sie.

Shuttle-Service für Besucher eingerichtet

Auch die Bautzener Flugtage mussten wegen der Pandemie im vergangenen Jahr abgesagt werden. In diesem Jahr fiel die Entscheidung, die Veranstaltung durchzuführen, recht kurzfristig, berichtet Oliver Ganz von der Decon-team Eventmanagement und TV Produktionsgesellschaft, die die Veranstaltung durchführt.

Auf die gewohnten Höhepunkte müssen die Besucher dennoch nicht verzichten: So werden etwa die beiden Piloten Michael Storek und Dieter Geipel vom Fliegerclub Gera mehrere spannende Vorführungen im Einzel- und Verbandskunstflug oder dem Ballonrammen präsentieren. Mit dem eingängigen Geräusch eines 400-PS-Sternmotors und Rauchgas wollen Pilot Tino Mommert und seine Jak 55 MC die Besucher beeindrucken. Mit Alter begeistern will die 1946 Beech D18S, die als Älteste ihrer Gattung zählt. Und am Rand der Fliegerei warten eine Oldtimerausstellung, ein Flohmarkt und eine Hüpfburg auf die Gäste.

Für Besucher, die mit dem Bus anreisen, gibt es stündlich einen Shuttle-Service vom Bautzener Flugplatz in Richtung Gesundbrunnen, Lauengraben, Bahnhof und Löbauer Straße. Um das geltende Hygienekonzept einzuhalten, müssen Besucher mit Ausnahme Geimpfter und Genesener einen tagesaktuellen Schnelltest vorlegen. Außerdem muss jeder, der das Festivalgelände betritt, seine Kontaktdaten hinterlassen. Wo Mindestabstände nicht eingehalten werden können, besteht außerdem die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes.

Sächsische.de verlost dreimal zwei Tickets zum freien Eintritt zu den Bautzener Flugtagen an einem gewünschten Tag unter den Ersten, die sich am Freitag, dem 13. August, ab 14 Uhr in der SZ-Redaktion unter Telefon 03591 49505010 melden.