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Bautzen: Hier entstehen große Wohnungen

Ein Hauseigentümer will in der Reichenstraße neue Wohnungen vermieten. Potenzielle Mieter ziehen in ein Haus mit spannender Geschichte.

Von David Berndt
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Falk Sauer ist seit Jahresbeginn Eigentümer des Hauses Reichenstraße 29, das auch an die Hintere Reichenstraße (grüne Fassade) und den Buttermarkt (vorn) grenzt.
Falk Sauer ist seit Jahresbeginn Eigentümer des Hauses Reichenstraße 29, das auch an die Hintere Reichenstraße (grüne Fassade) und den Buttermarkt (vorn) grenzt. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Große Wohnungen in der Bautzener Innenstadt zu vermieten! So oder so ähnlich könnte es in Zukunft heißen, wenn Falk Sauer auf Mietersuche geht. Seit Jahresbeginn gehört ihm das Gebäude in der Reichenstraße 29. Die noch leer stehenden Wohnungen sollen umgebaut und dann vermietet werden. „Wir sind seit einer Weile dabei zu entkernen. Vieles wird jetzt erst sichtbar“ sagt Falk Sauer. Dass es Nachfrage nach großen Wohnungen gibt, ist bekannt. Viele Bautzener ziehen aus Mangel an entsprechenden Angeboten ins Umland.

Das barocke Bürgerhaus, etwa mit Stuckdecken und hohen Räumen, sei von städtebaulicher Bedeutung, heißt es vom Landesamt für Denkmalpflege.
Das barocke Bürgerhaus, etwa mit Stuckdecken und hohen Räumen, sei von städtebaulicher Bedeutung, heißt es vom Landesamt für Denkmalpflege. © SZ/Uwe Soeder

Er wolle den Charme und Geist des Hauses erhalten mit seinen breiten Dielen, den hohen Räumen und Stuckdecken. „Es geht darum, angenehme Lebensräume zu schaffen und modern vermietbar zu machen“, sagt er, als er um das Haus herumführt. Denn das ist größer und bietet deutlich mehr Potenzial, als der Spaziergänger oder Stadtbummler auf der Reichenstraße erkennen mag.

Die Reichenstraße 29 mit der grünen Fassade und der Tabak-Börse (links) sowie dem Optiker Lenz im Erdgeschoss: Im leeren Geschäft dazwischen soll das zweite Grünschnabel-Restaurant in Bautzen entstehen.
Die Reichenstraße 29 mit der grünen Fassade und der Tabak-Börse (links) sowie dem Optiker Lenz im Erdgeschoss: Im leeren Geschäft dazwischen soll das zweite Grünschnabel-Restaurant in Bautzen entstehen. © SZ/Uwe Soeder

Das Besondere sei, so erklärt Falk Sauer begeistert, dass sein Haus Fassaden gleich an drei Seiten habe. Im Vorderhaus an der Reichenstraße befinden sich im Erdgeschoss die Tabak-Börse sowie der Optiker Lenz. Im dritten, derzeit leeren Geschäft, soll in wenigen Monaten das zweite Grünschnabel-Restaurant ziehen. Betritt man das Haus, läuft man durch einen Flur und gelangt in einen Lichthof. Von hier geht es durch einen Bogen wieder hinaus auf die Hintere Reichenstraße. Die dritte Fassadenseite befindet sich am Buttermarkt.

Investition des Eigentümers als Geldanlage

Der Diplom-Ingenieur für Umwelttechnik und Betreiber von Windanlagen aus Obergurig gibt aber auch zu, dass es für ihn eine sinnvolle Geldanlage sein soll. Er besitze bereits Immobilien in Dresden und Freital. Zur Reichenstraße 29 sei er allerdings eher zufällig gekommen. Bekannte von ihm hätten Interesse an dem Haus gehabt, konnten es sich aber nicht leisten. Falk Sauer habe eine Bank aus der Region gefunden, die ihm ein gutes Angebot zur Finanzierung gemacht habe. Auch mit dem ehemaligen Besitzer sei alles reibungslos gelaufen.

Ob auch dieser und andere Kachelöfen im Vorderhaus bleiben oder nicht, sei Falk Sauer zufolge noch nicht entschieden.
Ob auch dieser und andere Kachelöfen im Vorderhaus bleiben oder nicht, sei Falk Sauer zufolge noch nicht entschieden. © SZ/Uwe Soeder

Neben den drei Läden auf der Reichenstraße besteht der Rest des Hauses aus Wohnungen. Zwei davon im Vorderhaus sind derzeit bewohnt. Am Mietverhältnis wolle er nichts ändern, erklärt Falk Sauer. Die etwa 220 Quadratmeter große Wohnung im ersten Stock des Vorderhauses werde so bleiben wie sie ist. Die gleich große Wohnung eine Etage darüber werde um etwa 60 Quadratmeter verkleinert.

Ein Teil wird mit einer neuen Wohnung im Hinterhaus zusammengeführt. Aus einem Zimmer will Falk Sauer ein kleines Büro für sich machen. Der jetzige Mieter werde wieder zurück ins Hinterhaus ziehen, wenn dort alles fertig ist. Er ist hier nur vorübergehend eingezogen, weil es in seiner Wohnung einen Wasserschaden gegeben habe.

Wohnungen in der Reichenstraße im Sommer 2022 fertig

Im Hinterhaus sind die Planungen zumindest für den ersten Stock noch nicht ganz abgeschlossen. Entweder entstehen hier zwei große Wohnungen oder drei kleinere. Im zweiten Stock werde es definitiv zwei große Wohnungen geben. Auf beiden Etagen stehen jeweils etwa 220 Quadratmeter Wohnraum zur Verfügung.

Falk Sauer rechnet damit, dass die Wohnungen in etwa einem Jahr fertig sein werden. Das hänge auch von der Finanzierung ab, die zwar über die Bank gesichert sei, aber die steigenden Baustoffpreise ließen sich nur schwer kalkulieren. „Es muss bezahlbar bleiben“, fügt der Eigentümer hinzu. Ob es Förderung im Rahmen des Denkmalschutzes gebe, ist noch nicht geklärt.

Das Schiff an der Fassade zur Reichenstraße weist auf den früheren Hausbesitz von Kaufleuten hin.
Das Schiff an der Fassade zur Reichenstraße weist auf den früheren Hausbesitz von Kaufleuten hin. © SZ/Uwe Soeder

Das Gebäude steht auf der sächsischen Denkmalliste. Laut dem Landesamt für Denkmalpflege stammt es etwa aus dem Jahr 1740. Das barocke Bürgerhaus habe demnach vorn eine Ladenzone und sei baugeschichtlich und städtebaulich von Bedeutung. Der Keller verfüge über eine Brunnenstube und ein ausgedehntes Gangsystem. Beim Rundgang mit Sächsische.de zeigt Falk Sauer auch den Keller. Die Gänge sind allerdings mittlerweile zugemauert. Im Zweiten Weltkrieg soll er als Versteck für Soldaten gedient haben.

Wie auf den Internetseiten der Stadt Bautzen zu erfahren ist, befand sich das Haus ab Beginn jahrelang im Besitz von Kaufleuten. Stadtführer Andreas Thronicker konkretisiert. „Es handelt sich um das glückhafte Schiff, dem Zeichen der Fernhandelskaufleute, die selbst Schiffe über die Meere schickten oder mit Reedereien zusammenarbeiteten." Von 1896 bis 1939 habe in der Reichenstraße 29 die jüdische Familie Grossmann gelebt. An ihr Schicksal erinnern die Stolpersteine vor der Eingangstür. Auch an den jüdischen Kaufmann Alfred Kristeller wird an gleicher Stelle mit einem Stolperstein erinnert, da er hier gewohnt und gearbeitet hat.