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Warum Bautzen trotz Krise an der Spreebrücke festhält

Kürzungen im Sozialbereich, wichtige Bauprojekte verschoben: Die Stadt muss sparen. Doch am umstrittensten Projekt wollen die meisten Stadträte nicht rütteln.

Von Theresa Hellwig
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Bauprojekte werden verschoben, bei sozialen Trägern wird gekürzt - aber an der Planung für die Spreebrücke wird festgehalten. Was einigen in Bautzen sauer aufstößt, ist unumgänglich, sagen einige Stadtratsfraktionen.
Bauprojekte werden verschoben, bei sozialen Trägern wird gekürzt - aber an der Planung für die Spreebrücke wird festgehalten. Was einigen in Bautzen sauer aufstößt, ist unumgänglich, sagen einige Stadtratsfraktionen. © Entwürfe: Architekturbüro Ehrlich

Bautzen. Am Steinhaus in Bautzen fällt eine ganze Stelle im Bereich des offenen Kinder- und Jugendtreffs weg. Der Bau einer neuen Drei-Felder-Sporthalle taucht im Mittelfristplan nicht mehr auf. Gebaut werden soll frühestens nach 2024. Die Allende-Oberschule wird erst ab 2023 saniert. – Das sind die ersten Auswirkungen des Sparhaushaltsentwurfs der Stadt Bautzen, die bekannt geworden sind. 3,4 Millionen Euro will die Stadt eigentlich mehr ausgeben, als sie zur Verfügung hat.

Was einige Bautzener davon halten, machen sie auf Facebook deutlich: nicht so viel. Vor allem ein Wort taucht in ihrer Kritik immer wieder auf. Es ist das Wort „Brücke“.

Kritik an Geld für Brückenprojekt

Viele von ihnen kritisieren, dass die Planung für eine neue Fußgängerbrücke über die Spree weiter vorangetrieben wird. „Millionen Euro fehlen, aber über eine Brücke, welche keiner braucht, diskutieren und Geld verbraten?“, fragt ein Leser. „Dafür bleiben die wichtigsten Projekte für Jugend und Kultur auf der Strecke“, findet eine andere Leserin – und bezieht das ebenfalls auf die Brücke. Ähnlich werden die verschobenen Baumaßnahmen kommentiert.

Die Kritik ist deutlich: Angesichts des Haushaltslochs sei es nicht sinnvoll, die Brückenplanung fortzuführen – immerhin 180.000 Euro sieht die Stadt in diesem Jahr für die weitere Planung der Fußgängerbrücke vor. Doch die meisten Fraktionen im Bautzener Stadtrat wollen daran festhalten, wie eine Umfrage von Sächsische.de zeigt.

SPD-Fraktion ist sich sicher: Brücke ist gut für Bautzen

„Da gibt es nichts zu überlegen“, sagt Roland Fleischer, Fraktionschef der SPD. Er hatte unlängst die Kürzung im Kinder- und Jugendbereich kritisiert. Aber an der Summe zu kürzen, die für die Brücke geplant ist, sei für seine Fraktion auch keine Option. „Es gibt dazu Beschlüsse; der Stadtrat hat zugestimmt“, sagt er. Nicht nur das. „Wir haben das Brückenprojekt Jahrzehnte diskutiert – und wir waren noch nie so nah dran wie jetzt“, sagt Fleischer. „Wenn wir das Geld für die Planungen aus dem Haushalt streichen, ist das Projekt tot.“

Dabei sei es wichtig für Bautzen. „Das Ensemble aus Brücke und Sanierung des Langhauses ist gut für die Stadt“, sagt der SPD-Stadtrat. Es bringe touristische und wirtschaftliche Vorteile. Etwas, wovon auch Steffen Tech, Chef des Bürgerbündnis Bautzen, ausgeht. „Wir wollen auch nach der Corona-Krise eine touristisch anziehende Stadt sein“, sagt er, „viele Arbeitsplätze in Bautzen sind vom Tourismus abhängig.“ Gerade jetzt, ist er überzeugt, sei es wichtig, Zukunftsprojekte zu entwickeln. Wie eben die Spreebrücke.

Stadträte: An der Brücken-Planung wird nicht gerüttelt

Auch für die Linken, die Grünen und die FDP stehen die 180.000 Euro, die die Stadt im Haushalt für die Planung der Brücke vorsieht, nicht zur Debatte. So erinnert Andrea Kubank, Chefin der Linken-Fraktion, dass „es Beschlüsse aus den letzten Jahren gibt, an die man sich halten muss“. Vor allem brauche es genaue Aussagen zu den Kosten einer solchen Brücke – und zwar zum Bau an sich und auch zu den späteren Unterhaltskosten. Und es brauche Informationen zum Mehrwert für die Stadt. Diese Aussagen zu bekommen, dafür soll das Geld, das jetzt im Haushalt steht, ausgegeben werden.

Das ist auch dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Mike Hauschild wichtig. Nur so sei ein Bürgerentscheid möglich. „Der eigentliche Bau der Brücke“, sagt er – und das betont auch Roland Fleischer – , „steht ja noch gar nicht im Haushaltsplan.“

Einige Stadträte sind skeptisch

So überzeugt einige Fraktionen auch sind – bei anderen klingt Skepsis durch. So sagt zwar Claus Gruhl von den Grünen auch, dass an den 180.000 Euro nicht zu rütteln ist. Aber möglicherweise an dem, was danach folgt. „Grundsätzlich halten wir die Brücke in der momentanen Situation nicht für Bautzens vordringliches Projekt“, sagt er. Das Projekt sei maximal „nice to have“, eben ganz nett. Aber die Zwei-Mann-Fraktion der Grünen findet, man sollte es derzeit eigentlich eher nicht weiter verfolgen. Schließlich bleibe die Haushaltssituation der Stadt sicherlich in den nächsten Jahren angespannt.

Ins Gewicht fallen könnte eine Entscheidung der CDU. Gleichauf mit der AfD ist die Fraktion die stärkste im Stadtrat. Die AfD beantwortete die Anfrage von Sächsische.de nicht, aber die CDU übt Kritik am Brückenprojekt. Dass Projekte wie die Drei-Felder-Sporthalle in die Zukunft geschoben werden, schmerze die Fraktion. „Es geht da um die Realisierung des Schulsports“, sagt die kommissarische CDU-Fraktionsvorsitzende Katja Gerhardi. „Das ist eine Pflicht der Stadt.“ Die Brücke hingegen sei das nicht.

CDU: "Realität hat uns schmerzhaft eingeholt"

Klar sei, dass die Fördermittel, die die Stadt womöglich für den Bau der Brücke bekommen könnte, im Zweifel wegfallen würden. Sie stünden aber auch nicht für andere Projekte zur Verfügung, könnten beispielsweise nicht an die sozialen Träger weitergegeben werden. „Aber auch die vorgesehenen 180.000 Euro aus dem Haushalt sind keine Kleinigkeit“, sagt Katja Gerhardi, „und tun weh.“

Die Fraktion denke zumindest darüber nach, Anträge zu dem Thema einzubringen. Die Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. „Man kann sich ja für die Vision der Brücke begeistern, aber wir müssen sie mit der Realität abgleichen“, sagt sie. „Und die hat uns schmerzhaft eingeholt.“

Dass die Meinungen zur Brück weit auseinandergehen, ist auch der Stadtverwaltung bekannt. Sie hält aber an der im Haushalt eingeplanten Summe fest. „Der Stadt ist wichtig, die Planungen soweit wie möglich voranzutreiben“, sagt Finanzbürgermeister Robert Böhmer. „Eine Entscheidung für oder gegen das Projekt soll auf einer möglichst breiten Faktenlage erfolgen.“

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