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Bekommt die Lausitz eine Batteriefabrik

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will den Bau eines Werkes mit einer Milliarde Euro anschieben. Offen ist, wo.

Von Nora Miethke
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Solch eine gigantische Batteriezellfabrik wie Tesla in Nevada aufbaut, will Altmaier auch in Europa sehen, aber von deutschen und europäischen Unternehmen errichtet.
Solch eine gigantische Batteriezellfabrik wie Tesla in Nevada aufbaut, will Altmaier auch in Europa sehen, aber von deutschen und europäischen Unternehmen errichtet. © Foto: Tesla

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nutzte in den vergangenen Wochen seine öffentlichen Auftritte oft dazu, eindringlich für eine eigene europäische Batteriezellenproduktion zu werben. Auf der Vernetzungskonferenz Elektromobilität 2018 am Dienstag in Berlin wurde er nun konkreter. Sein Ziel: Im Jahr 2030 soll ein Drittel des weltweiten Bedarfs an Batteriezellen für E-Autos oder Smart Home-Geräte aus deutscher und europäischer Produktion gedeckt werden. Mit genügend Engagement und einem kräftigen finanziellen Anschub könnte eine erste Batteriezellenfabrik innerhalb von zwei Jahren errichtet werden, glaubt er und sorgt gleich für die Finanzspritze. Im Haushalt seines Ministeriums stehen bis 2021 eine Milliarde Euro für die Förderung einer Batteriezellenfertigung zur Verfügung. Das kündigte Altmaier nach einem Treffen mit EU-Energiekommissar Maros Sefcovic an.

Neue Technologien und damit auch eine industrielle Batteriezellproduktion zu entwickeln, aufzubauen und wettbewerbsfähig zu machen, sei Aufgabe privater Unternehmen. „Eine staatliche Beteiligung ist nach jetzigem Stand nicht geplant“, stellte Altmaier klar. Das Interesse in der Industrie nehme zu. Er hatte sich mit Vertretern interessierter Firmen zu einem „Runden Tisch“ am Rande der Konferenz getroffen. Über die Vereinbarungen habe man Stillschweigen vereinbart. Altmaier geht davon aus, dass sich die Konsortien bis zum Jahresende zusammenfinden werden.

Konkret geht es um drei Konsortien, zwei international aufgestellt und ein bislang nationales. Bei dem deutschen Konsortium gelten der Batteriekonzern Varta, der Chemiekonzern BASF sowie der Autobauer Ford als Kandidaten. Offen ist, ob sich Europas größter Autobauer VW beteiligen wird. Wohl eher nicht, denn am Dienstag teilte VW mit, im südkoreanischen Batteriezellproduzenten SK Innovation einen neuen Lieferanten gefunden zu haben.

Altmaier will Ende März 2019 erste konkrete Investitionsentscheidungen verkünden. Um die Produktion in Gang zu bringen, seien pro Fabrik rund 500 Millionen Euro an Investitionen notwendig. Diese könnte in ähnlicher Höhe bezuschusst werden wie die Halbleiterproduktion, die Bosch in Dresden aufbaut, so Altmaier. Da habe sein Ministerium bei einer Investitionssumme von rund einer Milliarde Euro „einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag an Fördermitteln verfügbar gemacht“, rechnete der Politiker vor.

Nicht länger warten

Wie die Halbleiterfertigung von Bosch gelte auch die Batteriezellproduktion als wichtiges Projekt von gemeinsamem europäischen Interesse (IPCEI), für das die EU-Kommission ihre strengen Beihilferegeln lockert. Pro Konsortium gehe es um rund 1 000 bis 2 000 Arbeitsplätze, hieß es weiter. Produziert werden soll erst einmal die aktuelle Generation von Lithium-Ionen-Batterien. Der Ratschlag einiger Experten, auf die nächste Generation der Festkörperbatterien zu warten und dort mit einer eigenen Produktion einzusteigen, habe ihn nicht überzeugt, so Altmaier. „Das ist ein evolutionärer Prozess. Und wir müssen jetzt beginnen, Wissen und Produktionskompetenz aufzubauen.“ Auch die Standorte für die geplanten Batteriezellfabriken stehen noch nicht fest. Viele Bundesländer hätten Interesse signalisiert. Der Minister nannte NRW, Niedersachsen, das Saarland sowie Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Als möglich gilt, dass eine Fabrik in ein jetziges Braunkohle-Revier wie die Lausitz kommt. Darüber werde auch in der sogenannten Kohle-Kommission gesprochen. Doch angesichts des enormen Bedarfs an Batteriezellen in der Zukunft werde es nicht um einen, sondern um mehrere Standorte gehen. „Es muss nicht heißen Lausitz oder Rheinisches Revier sondern Lausitz und Rheinisches Revier“, so Altmaier. Voraussetzungen für die Genehmigung der Förderung aus Brüssel sind neben dem innovativen Ansatz auch eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Dazu ist der Bundeswirtschaftsminister mit Polen, Frankreich und Österreich im Gespräch.

Deutschland hat andere Stärken

Die Fertigung von Batteriezellen sei eine „Schlüsseltechnologie“, deren Beherrschung und Anwendung für Deutschland und Europa wichtig ist. „Es geht um Arbeitsplätze. Wir wollen den Automobilstandort Deutschland erhalten und stärken“, appellierte Altmaier. Derzeit kaufen VW, Daimler und BMW Zellen in Asien und bauen diese dann selbst zu großen Akkus für ihre Elektroautos zusammen. Die EU-Kommission erwartet laut Sefcovic im Jahr 2030 rund 35 bis 40 Millionen E-Autos auf europäischen Autobahnen. Laut Prognose werde sich der Bedarf nach Batteriezellen bis dahin verzehnfachen. Das lockt auch die asiatischen Produzenten nach Europa. So hatte der chinesische Hersteller CATL angekündigt, eine der größten Batteriezellfabriken für E-Autos in Erfurt zu bauen.

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer überzeugen die Pläne Altmaiers nicht. Bosch habe abgesagt, eine Batteriezellproduktion aufzubauen, „weil wir das Rennen nicht gewinnen können“, sagte Dudenhöffer der SZ. Warum soll jetzt so viel Steuergeld in den Aufbau einer Nachahmerproduktion investiert werden, die die asiatischen Wettbewerber mit viel mehr Erfahrung kostengünstiger könnten, kritisiert der Professor von der Universität Duisburg-Essen. Auch das Arbeitsplatz-Argument lässt er nicht gelten. Eine Batteriezellproduktion sei hochautomatisiert und die Job-Effekte eher gering. Stattdessen sollten sich die Deutschen lieber auf das konzentrieren, worin sie Gewinner sein könnten. Und das wäre laut Dudenhöfer die Entwicklung des richtigen Materials für die Kathoden und Anoden der Batteriezelle. „Vom Material hängt die Energiedichte und damit die Reichweite ab“, betont der Autoexperte.