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Bertsdorf-Hörnitzer entgeht Gefängnis

Der verurteilte Betrüger sollte 24 Monate in Haft. Doch er ging in Berufung und bleibt frei – zumindest vorerst.

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© dpa

Von Jens-Rüdiger Schubert

Görlitz. Im zweiten Anlauf ist ein 40-Jähriger mit seiner Berufung vor dem Görlitzer Landgericht erfolgreich gewesen. Eigentlich sollte der Bertsdorf-Hörnitzer wegen fünffachen Betrugs für 24 Monate in Haft, weil er unter anderem Waren im Internet verkauft, aber nie verschickt hatte und Waren und ein Auto kaufte, jedoch nie bezahlte. Zwar gestand der Mann die Vorwürfe vollumfänglich, doch die Höhe des Urteils am Zittauer Amtsgericht war ihm dann doch zu viel. Er wollte nicht ins Gefängnis und ging in Berufung. Dass die Verhandlung am Görlitzer Landgericht erst im zweiten Anlauf erfolgreich war, lag daran, dass der Verurteilte zur ersten nicht erschien. Der 40-Jährige hatte sich bei seinem Anwalt krank gemeldet, diesem aber keine Vertretungsvollmacht erteilt. Das Gericht akzeptierte wiederum den Grund für die Abwesenheit des Angeklagten nicht und wies die Berufung zurück.

Wenig später untermauerte der Bertsdorf-Hörnitzer seine Abwesenheit mit einer ärztlichen Bescheinigung. Demnach war er akut erkrankt und in Behandlung gewesen. Aufgrund dessen folgte ein neuer Termin für die Berufungsverhandlung. Aber auch zu dieser erschien der Mann nicht. Vielmehr hatte er seinem Anwalt einen Tag zuvor einen Umschlag in den Briefkasten der Kanzlei geworfen. Darin befanden sich eine Vertretungsvollmacht und 2 500 Euro in 50-Euro-Scheinen, die an die Geschädigten verteilt werden sollten. Den Rest wollte der 40-Jährige bis zum 3. Juni zahlen. Vor Gericht bestanden angesichts dessen strafrechtlicher Vorgeschichte zunächst Zweifel, ob es sich bei dem Geldbetrag um echtes Geld handelte. Die Sparda-Bank konnte den Falschgeldverdacht aber ausräumen. Aufgrund des vorliegenden Geldes beantragte die Verteidigung, die Berufungsverhandlung zu unterbrechen und erst nach dem 3. Juni fortzusetzen. Das begründete der Anwalt damit, dass sein Mandant die restlichen Forderungen bis dahin ausgleichen will. Die Staatsanwaltschaft wollte sich diesem Antrag durchaus anschließen.

Antrag der Verteidigung abgelehnt

Das Gericht aber nicht. Es wies den Antrag zurück. Und die Begründung war genauso einleuchtend wie der Antrag der Verteidigung. Einerseits hatte der Bertdorf-Hönitzer schon seit dem ersten Urteil Zeit, die Schäden zu regulieren, andererseits war der Angeklagte bereits zum ersten Berufungstermin aufgefordert worden, den Nachweis des Schadenausgleichs nachzuweisen. Außerdem sah sich das Gericht außerstande, einen neuen Termin anzusetzen, nur weil sich der Verurteilte dahingehend eingelassen hat, die Schäden, immerhin etwa 6 000 Euro, bis zum 3. Juni auszugleichen. Zudem kann die Verteidigung das Geld auch nicht einfach so an die Gläubiger verteilen. Der 40-Jährige müsse selbst sagen, wie das vollzogen werden soll.

Den Ermittlungen nach ging es in zwei Fällen um Verkäufe über Ebay, wo er Mobiltelefone zum Verkauf anbot und die Käufer eine Anzahlung von insgesamt 300 Euro leisten ließ. Nur geliefert hatte der Verkäufer nicht. In einem anderen Fall orderte der Bertsdorf-Hörnitzer Waren im Wert von etwa 800 Euro, wobei er von Anfang an den Rechnungsbetrag nicht bezahlen wollte. Im vierten Fall mietete er einen Transporter für vier Tage, behielt das Fahrzeug aber um einiges länger und stellte es dann mit fast leerem Tank wieder ab. Der Schaden beläuft sich hier auf etwa 500 Euro. Der fünfte Fall betraf einen Pkw-Kaufvertrag. Auch da war der 40-Jährige dreist – und nutzte die fatale Leichtgläubigkeit des Verkäufers aus. Dieser vertraute dermaßen auf die vereinbarten 4 000 Euro, dass er dem Käufer das Fahrzeug samt Schlüssel und Papieren überließ, ohne überhaupt einen einzigen Cent zu sehen.

Diese fünf Taten quittierte das Zittauer Amtsgericht mit einer 24-monatigen Haftstrafe. Die Berufungskammer in Görlitz sah das im Großen und Ganzen auch so. Aber die Beurteilung ging etwas auseinander. Zum Beispiel bewertete das Görlitzer Gericht den Pkw-Kauf etwas anders, da sich der Verkäufer das Verhalten des Bertsdorf-Hörnitzers überwiegend selbst zuschreiben musste. Alles in allem hatte der 40-Jährige dann auch noch Glück. Da dem Zittauer Amtsgericht zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung eine weitere Akte nicht vorlag, konnten weitere fünf Fälle aus Dresden damals nicht berücksichtigt und jetzt aus prozessualen Gründen nicht strafverschärfend wirksam werden. Trotzdem fanden sie in der Urteilsfindung der Berufungskammer des Görlitzer Amtsgerichts Berücksichtigung.

In den Dresdner Fällen bot der Bertsdorf-Hörnitzer Maler- und Umzugsarbeiten an – nach bekanntem Muster. Er verlangte Anzahlungen und erbrachte keine Leistung. In einem Fall ergaunerte der 40-Jährige sogar 900 Euro, gaukelte vor, die Summe innerhalb von vier Wochen zurückzuzahlen. Doch das passierte nicht. Insgesamt ging es bei diesen fünf Fällen um etwa 1 500 Euro. Das Amtsgericht Dresden hatte ihn deswegen zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten verurteilt und diese zur Bewährung ausgesetzt.

Nach der Beweisaufnahme in der Berufungsverhandlung hob das Landgericht die Entscheidung aus Zittau auf und verurteilte den Bertsdorf-Hörnitzer unter Einbezug des Dresdner Urteils zu einer Haftstrafe von 24 Monaten. Diese setzte es auf drei Jahre zur Bewährung aus. Damit erhielt der nun erneut Verurteilte zudem die Auflage, unverzüglich und binnen eines Monats seinen verursachten Schaden wieder gut zu machen. Und das betrifft jeglichen, also auch die fünf Fälle aus Dresden. Falls der 40-Jährige diese Auflage nicht erfüllt, muss er mit dem Widerruf der Bewährung rechnen. Wie aus Gerichtskreisen zu erfahren war, wird er sich auch noch in einem weiteren Verfahren zu verantworten haben. Dann geht es um 21 Fälle des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt.