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Bis in den letzten Mühlen-Winkel geschaut

Mitglieder der internationalen Gesellschaft für Mühlenkunde besuchten am Sonnabend die Riegel-Mühle in Nechern. Sie waren begeistert.

Von Carmen Schumann
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Steffen Bundemann kam mit seinen Gästen Dietmar Bost, Christine Scherrer und Berthold Moog (v.l.) in angeregte Gespräche.
Steffen Bundemann kam mit seinen Gästen Dietmar Bost, Christine Scherrer und Berthold Moog (v.l.) in angeregte Gespräche. © Carmen Schumann

Nechern. Normalerweise führt Steffen Bundemann Interessenten durch seine Riegel-Mühle in Nechern. Bei der Besuchergruppe, die er am Sonnabendvormittag empfing, war es eher umgekehrt. Die 39 Gäste kennen sich aus mit Mühlen. Sie sind selbst Mühlenbetreiber, aber auch Historiker oder Archäologen, die mit der Materie bestens vertraut sind. Aber sie löcherten Steffen Bundemann mit Tausend Fragen, die er geduldig auf Englisch beantwortete.

Die Gäste, die mit dem Bus ankamen, sind Mitglieder der TIMS, der Internationalen Gesellschaft für Mühlenkunde. Neben einigen Deutschen reisten Schweizer, Franzosen, Niederländer, Briten, Griechen, Esten, Polen und sogar Mühlenkundler aus Übersee, das heißt, aus den USA und Japan an. Die TIMS organisiert alle vier Jahre ein einwöchiges Symposium in einem der Mitgliedsländer. Dieses findet nach der viertägigen Exkursion durch die Oberlausitz in den kommenden Tagen in Berlin statt. Der TIMS gehören rund 500 Mitglieder an. Ein Viertel von ihnen sind Niederländer. Das liege auch daran, dass Holland das einzige Land ist, wo die Zahl der Mühlen wieder wächst, sagt Dietmar Bost aus Berlin, der die Exkursion organisiert hat. Mit seinem Bruder Gerald Bost, der in Berlin dem Verein der Britz-Mühle angehört, hatte er die Oberlausitz bereits im Vorjahr besucht, um die Exkursion vorzubereiten. Bevor die Gäste die Riegel-Mühle ansteuerten, hatten sie in der vergangenen Woche schon die Fehrmann-Mühle in Coblenz, die Windmühlen in Oderwitz, Kottmarsdorf und Sohland am Rotstein, sowie die Wassermühlen in Rennersdorf, Leutersdorf und Lawalde besichtigt. Auch eine Fahrt mit dem historischen Dampfzug ins Zittauer Gebirge und ein Besuch bei den Herrnhuter Sternen stand auf dem Programm. Die Mühlenfreunde übernachteten in Zittau.

Fast im Originalzustand von 1871

Steffen Bundemann verabschiedete seine Gäste mit den Worten „Es war mir eine große Ehre!“. Denn die Besucher wussten zu würdigen, dass die Riegel-Mühle nahezu originalgetreu in dem Zustand von 1871 erhalten ist. Selbst die meisten Werkzeuge haben schon 150 Jahre auf dem Buckel. Ihren wachsamen Augen und den Linsen ihrer Kameras entging auch nicht das noch so kleinste Detail. Zu den im positiven Sinne „Mühlenverrückten“ gehört auch der Rheinländer Berthold Moog, der zusammen mit seiner Lebensgefährtin, der aus Plauen stammenden Christine Scherrer, in der Schweiz lebt. Unter anderem entdeckte er eine Schärfmaschine, die dazu dient, den Mühlstein aufzurauen. So etwas finde man nicht in jeder Mühle, sagte er.

Der Organisator der Exkursion, Dietmar Bost, ist sich mit Mühlenbesitzer Steffen Bundemann einig, dass Mühlen mehr sind, als nur technische Denkmale. Sie prägten die Dörfer und schrieben deren Geschichte mit. Viele Mythen ranken sich um sie. Leider, so Dietmar Bost, hatten sich die Exkursionsteilnehmer zugunsten einer Stadtbesichtigung in Dresden gegen einen Besuch in der Krabat-Mühle Schwarzkollm entschieden. Dort hätten sie sich mit der Krabat-Sage bekannt machen können.

Der Riegel-Müller Steffen Bundemann war jedenfalls froh über sein so überaus sympathisches und interessiertes Publikum. Denn diese Menschen tragen mit dazu bei, dass der Gedanke, die Mühlen als Zeugnisse gelebter Geschichte auch für nachfolgende Generationen zu erhalten, in die Welt hinaus getragen wird.