Kretschmer: Behördenumzug ist "Schub für Bischofswerda"

Bischofswerda. Es braucht viel Vorstellungskraft, um sich den neuen Laborkomplex der Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) im Gewerbegebiet Nord in Bischofswerda auf das grünbewachsene Feld zu denken. Lediglich ein paar Anschlüsse schauen aus der Erde. Etwas plastischer wird die Großansiedlung mit einem Blick auf ein Papier.
Volker Kylau zieht die Pläne zum LUA-Neubau aus seinem Schnellhefter. Der Technische Geschäftsführer des Staatsbetriebs Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) kennt sich aus mit Millionen-Bauten. Diese Investition des Freistaats wird für den 65-Jährigen nun wohl der Abschluss seines Berufslebens.
Mehr als 200 Millionen Euro sollen bis 2027 in das Landesprojekt fließen. Die nötigen Planungsschritte stellt Kylau an diesem Mittwochnachmittag zusammen mit Bischofswerdas Oberbürgermeister Holm Große (parteilos) Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vor. „Es wird die modernste Landesuntersuchungsanstalt in ganz Deutschland. Es ist ein schöner Schub für Bischofswerda. Für mich war immer die Stärkung des ländlichen Raums, gerade auch durch Behördenstandorte, ein großes Ziel“, sagt der Politiker beim Vor-Ort-Termin.
LUA-Ansiedlung ist ein Beitrag zum Strukturwandel
Entstehen wird der Gebäudekomplex auf einem 5,5 Hektar großen Areal am Rand der Stadt mit 16.000 Quadratmetern Büro- und modernsten Laborflächen – für mehr als 300 Mitarbeiter.
Bischofswerdas Oberbürgermeister Holm Große sieht in der Großansiedlung ein Zukunftsprojekt für seine Stadt und das Schiebocker Umland. „Ich bin allen dankbar, die an dieser Entscheidung mitgewirkt haben, und sehr stolz, dass die Entscheidung für Bischofswerda gefallen ist“, sagt er. Zudem sei er sich sicher, dass durch die Investition alle gewinnen werden. Die Mitarbeiter bekämen eine moderne Dienststelle, der Freistaat erhalte eine leistungsfähige Einrichtung nach dem modernsten Stand der Technik. „Und für uns in der Lausitz hier ist es ein klarer und wirksamer Beitrag zum Strukturwandel in dieser Region.“
Mit diesen Worten wirft Große einen Blick zurück und auf die Kritik zum Umzug der LUA von Dresden nach Bischofswerda. Das sächsische Kabinett hatte im November 2020 beschlossen, die Dresdener Standorte aufzugeben, um für die Behörde moderne Arbeitsbedingungen an einem Standort zu schaffen. „In Dresden haben wir heute vier Gebäudeensemble im Stadtgebiet mit einer Gesamtfläche von 13.000 Quadratmetern. Der größte Komplex ist in der Jägerstraße“, sagt Kylau.
Zehn neue Standorte seien geprüft worden. Neben der erforderlichen Grundstücksgröße und dem passenden Zuschnitt mit Möglichkeiten für Erweiterungen setzten die Anbindung an die Autobahn und den ÖPNV die Rahmenbedingungen für die Auswahl.
Umzug sorgt bei LUA-Beschäftigten für Unmut
Die Wahl des Standorts im 36 Kilometer entfernten Bischofswerda stieß jedoch bei einem Teil der Mitarbeiter auf Widerstand. Sie begründeten ihren Unmut über die Verlagerung mit einem täglichen Pendeln von ein bis zwei Stunden für rund 200 Mitarbeiter. Das sei für junge Familien nur schwer leistbar, hieß es seinerzeit.
„Wir sind im Kontakt mit dem Ombudsmann“, sagt Holm Große, der von Anfang an mit den Mitarbeitern das Gespräch gesucht hat. Und mit den umliegenden Gemeinden tausche sich die Stadt zum Beispiel über neue Wohnbaustandorte aus. Auch eine Buslinie soll direkt ins neue Gewerbegebiet an der alten B 6 am Löwenberg führen.
Doch bis der erste Mitarbeiter im neuen Labor arbeitet, werden noch gut fünf Jahre vergehen. „Ende 2026 wollen wir in den Betrieb gehen“, sagt Volker Kylau. Ende 2024, so sehen es die bisherigen Planungen vor, soll der erste Spatenstich für den Holz-Hybrid-Bau erfolgen. Für das Grundstück gibt es seit vergangenem Jahr einen Vorvertrag, in diesem Jahr soll nun gekauft werden.
„Der B-Plan ist auf die Bedürfnisse der LUA angepasst, die Erschließungsplanung läuft. Wir haben unsere Hausaufgaben verstanden“, sagt Holm Große. Unterstützt wird der LUA-Neubau durch Bundesmittel für den Strukturwandel. Das Geld fließt im Rahmen des Investitionsgesetzes für die Kohleregionen.
Rund 50 Demonstranten stören Vor-Ort-Termin
Michael Kretschmer wurde am Mittwoch im Bischofswerdaer Gewerbegebiet allerdings nicht nur freundlich empfangen. Rund 50 Demonstranten versuchten, den Vor-Ort-Termin zu stören - als Widerstandsaktion gegen die Impfpflicht. Bei seiner Ankunft riefen sie vereinzelt „Kretschmer muss weg“ und „Pfui“. Es waren Trillerpfeifen zu hören.
Die Facebook-Gruppe „Bürgerbewegung Bischofswerda“ hatte dafür am Dienstagabend mobilisiert. Auch die „Freien Sachsen“ hatten über ihre Social-Media-Kanäle dazu aufgerufen, Michael Kretschmer vor Ort „Fragen zu stellen“. Außerdem nutzte eine Pflegedienst-Betreiberin aus Demitz-Thumitz den Termin, um Kretschmer und Landrat Michael Harig (CDU) zur Impfpflicht in den Pflegeeinrichtungen zu befragen - und die Statements zu filmen.
