SZ + Leben und Stil
Merken

22 Corona-Impfschäden in Sachsen anerkannt

7,68 Millionen Impfungen gegen Corona wurden in Sachsen verabreicht - sehr selten traten dabei Probleme auf. Geschädigte können zwar Geld bekommen, doch wann handelt es sich um eine Nebenwirkung und wann um einen Impfschaden?

Von Kornelia Noack
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Allein in Sachsen wurden rund 7,68 Millionen Spritzen mit Corona-Impfstoff verabreicht.
Allein in Sachsen wurden rund 7,68 Millionen Spritzen mit Corona-Impfstoff verabreicht. © Nicolas Armer/dpa

Welche Nebenwirkungen bei Corona-Impfungen sind bekannt?

Typische Beschwerden sind Schmerzen an der Injektionsstelle, Rötungen, Schwellungen, aber auch Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen. Diese würden laut Bundesgesundheitsministerium aber nach nur wenigen Tagen abklingen. Problematischer sind schwerwiegende Nebenwirkungen, die nur sehr selten auftreten.

Bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna sind das vor allem Entzündungen des Herzmuskels und des Herzbeutels, so das PEI. Bei den Corona-Impfstoffen von AstraZeneca und Johnson & Johnson trat sehr selten das Guillain-Barré-Syndrom auf. Das ist eine entzündliche Erkrankung der Nerven, die mit Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Gliedern einhergeht und zu Muskelschwäche und Lähmungserscheinungen führt. Eine Nebenwirkung gilt als sehr selten, wenn sie bei 10.000 Impfungen höchstens einmal auftritt.

Diskutiert werden außerdem eine Reihe unbestimmter Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, neurologische Störungen und Herz-Kreislauf-Probleme.

Wann handelt es sich um einen Impfschaden?

Laut Robert Koch-Institut muss es sich um eine „gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung“ handeln. Die Schädigung muss mindestens sechs Monate andauern.

In verschiedenen Verfahren haben Behörden nach Corona-Impfungen bereits Herzmuskelentzündungen, Sinusvenenthrombosen und das Guillain-Barré-Syndrom amtlich anerkannt. In Sachsen wurden Entschädigungen zudem für eine „armbetonte Hemiparese“ (Lähmungserscheinungen) verbunden mit kognitiven Defiziten oder für Herzrhythmusstörungen bewilligt. Auch ein Todesfall durch die Impfung wurde in Sachsen anerkannt.

An wen kann ich mich wenden, wenn ich einen Impfschaden befürchte?

Geimpfte können sich an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) wenden, wenn sie Auffälligkeiten feststellen. Unter www.nebenwirkungen.bund.de gibt es ein Online-Formular. Unter www.pei.de lassen sich Formulare ausdrucken. Zudem hilft die App SafeVac 2.0 bei der Erfassung. Ärzte haben ebenso die Pflicht, Nebenwirkungen zu melden.

In seinem jüngsten Sicherheitsbericht hat das Institut bundesweit 333.492 Verdachtsfälle für Nebenwirkungen nach einer Covid-19-Impfung gemeldet und 50.833 Verdachtsfälle für schwerwiegende Nebenwirkungen.

Wie häufig werden Anträge auf Impfschäden gestellt?

Seit dem Start der Corona-Impfkampagne vor zwei Jahren gingen beim Kommunalen Sozialverband Sachsen (KSV) 439 Anträge auf Anerkennung eines Corona-Impfschadens ein. Bei anderen Schutzimpfungen waren es im selben Zeitraum nur 24 Anträge, von denen keiner anerkannt wurde. In Zusammenhang mit Corona wurden 22 Schäden anerkannt, darunter ist auch ein Todesfall, wie eine Sprecherin des KSV auf Anfrage der SZ mitteilte.

Gemessen an der Zahl der verabreichten Corona-Impfdosen sind anerkannte Impfschäden relativ selten. Seit dem Start der Impfkampagne vor zwei Jahren wurden im Freistaat laut Robert Koch-Institut (RKI) rund 7,68 Millionen Spritzen gegen Covid-19 verabreicht.

Anhand der medizinischen Informationen bewertet der Versorgungsärztliche Dienst, der laut KSV „über eine besondere gutachterliche Expertise verfügt“, den ursächlichen Zusammenhang von Impfung und auftretenden Symptomen. Mit einbezogen werden dabei aktuelle medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse aus internationalen Studien sowie die Sicherheitsberichte des Paul-Ehrlich-Instituts. Liegen dauerhafte, gesundheitliche Schäden vor, werden diese mit einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) zwischen 10 und 100 bewertet. Deutschlandweit gibt es bislang 253 anerkannte Impfschäden.

Wie können Geschädigte eine Entschädigung erhalten?

In Sachsen ist der Kommunale Sozialverband (KSV) zuständig. Wer einen Impfschaden geltend machen will, muss dort einen Antrag stellen. Der KSV fordert die medizinischen Unterlagen bei den behandelnden Ärzten an und prüft, ob die Impfung tatsächlich die Ursache für die gesundheitliche Beeinträchtigung ist. Der Antragsteller ist verpflichtet, dabei mitzuwirken.

Bei einer Anerkennung gibt es finanzielle Unterstützung. Gezahlt wird nur bei „dauerhafter gesundheitlicher Schädigung des Körpers durch einen Impfstoff“, heißt es beim KSV. Das läuft bei Corona wie bei allen anderen Schutzimpfungen auch.

Der Antrag ist formlos möglich in Schriftform oder mündlich. Die Formulare werden auf Nachfrage zur Verfügung gestellt oder können auf der Website des KSV heruntergeladen werden. Eine Frist muss nicht eingehalten werden, wie eine -Sprecherin betont.

Welche Unterstützung steht Impfgeschädigten zu?

Das hängt vom Umfang des gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schaden ab. Geschädigte können zum Beispiel Rentenzahlungen, Heilbehandlungen oder eine Hinterbliebenenversorgung erhalten. Wie hoch die Leistung ausfällt, richtet sich nach dem Bundesversorgungsgesetz. Das bedeutet, mögliche Entschädigungen fallen bundesweit einheitlich aus und sind völlig unabhängig von der Art der Impfung.

Als grundlegende Leistung, unabhängig vom Einkommen, wird die sogenannte Grundrente bewilligt, erklärt eine Sprecherin des KSV. Die liegt laut Infektionsschutzgesetz bei einem Schädigungsgrad (GdS) von 30 bei 164 Euro pro Monat und bei einem GdS von 100 bei 854 Euro. Bei einem GdS unter 30 besteht in der Regel nur ein Anspruch auf Heilbehandlung und nicht auf eine laufende Ausgleichszahlung, so eine KSV-Sprecherin. Im Todesfall kann auch ein Bestattungsgeld in Höhe von 5.820 Euro bewilligt werden.

Haben anerkannte Impfschäden Einfluss auf die Impfstoffe?

Nicht direkt. Ob Impfstoffe sicher sind, bewerten nach wie vor die Gesundheitsbehörden. In Europa etwa prüft die Europäische Arzneimittelagentur (Ema) die zugelassenen Stoffe, auch nach der Zulassung. Häufen sich jedoch bestimmte Erkrankungen nach einer Impfung auffällig, können die Empfehlungen angepasst werden. Die Ema zum Beispiel hatte eine Verbindung zwischen der AstraZeneca-Impfung und Thrombosen erkannt. Daraufhin wurde der Impfstoff nur noch für Menschen über 60 Jahre empfohlen.

Wird es Verbesserungen bei den Entschädigungen geben?

Gut möglich. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat Hilfen für Menschen mit Langzeitschäden einer Corona-Infektion oder -Impfung zugesagt. Er wolle ein Programm auflegen, bei dem die Folgen von Long Covid und Post Vac (Impfschäden) untersucht würden und die Versorgung verbessert werde.

Es gehe auch darum, die Experten in diesem Bereich so zu vernetzen, dass die Wahrscheinlichkeit einer guten Therapie steige. Lauterbach sagte, die Langzeitfolgen einer Corona-Impfung müssten schneller anerkannt werden.