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Sachsen: Diese Masken-Regeln gelten jetzt im Auto

Ab Montag gilt in Sachsen Maskenpflicht im Auto. Im Interview erklärt ein Anwalt, wen das betrifft und warum man trotz Maske auf Blitzerbildern identifizierbar ist.

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Der ADAC mahnt, die Schutzmaske während der Fahrt nicht am Innenspiegel hängen zu lassen. Es bestehe die Gefahr, dass diese die Sicht einschränken und den Fahrer ablenken könnte.
Der ADAC mahnt, die Schutzmaske während der Fahrt nicht am Innenspiegel hängen zu lassen. Es bestehe die Gefahr, dass diese die Sicht einschränken und den Fahrer ablenken könnte. © Benjamin Nolte/dpa

Die Maskenregeln am Steuer verunsichern viele Autofahrer. Veränderte Vorgaben, die sich durch die neue Corona-Schutzverordnung in Sachsen ergeben, dürften daran wenig ändern. Was ist erlaubt, was verboten? Die SZ sprach dazu mit dem Verkehrsrechtsanwalt Christian Janeczek aus Dresden.

Herr Janeczek, angenommen, ich möchte einen älteren Angehörigen in ein Impfzentrum oder zum Coronatest chauffieren. Setze ich mich mit oder ohne Maske ans Steuer?

Bis Freitagnachmittag wäre mein rechtlicher Rat folgender gewesen: Als Fahrer sollten Sie keine Maske tragen. Andernfalls hätten Sie gegen Paragraf 23, Absatz 4 der Straßenverkehrsordnung verstoßen. Etwas anderes gilt, wenn das Tragen von Masken durch den Gesetz- oder Verordnungsgeber ausdrücklich vorgeschrieben ist. Das ist durch die neue Corona-Schutzverordnung geschehen, die ab Montag in Sachsen in Kraft tritt. Darin steht: Gehören Insassen eines Fahrzeugs nicht zu einem Hausstand, sind sie und der Fahrer verpflichtet, während der Fahrt medizinische Masken zu tragen.

Was genau steht in Paragraf 23 der StVO?

„Wer ein Kraftfahrzeug führt, darf sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist.“ Genau das passiert aber beim Tragen einer Maske. Mund und Nase sind nicht zu sehen.

Zuletzt steckten manche Autofahrer in Dilemma: Einerseits wollten sie gesundheitliche Risiken für sich selbst und ihre Angehörigen, Freunde oder Bekannte verringern, andererseits mussten sie aber auch eine Strafe fürs Fahren mit Maske befürchten.

Dieses Dilemma konnte ich sehr gut nachvollziehen. Aber eine Lösung hätte ich auch nicht parat gehabt. Als Anwalt kann ich ja der Polizei nicht vorschreiben, was sie zu tun oder zu lassen hat. Wäre ich selbst Polizist, wäre ich zuletzt im Rahmen einer Abwägung vielleicht schon zu dem Schluss gekommen, dass es eine Rechtfertigung dafür geben könnte, gegen das Verhüllungsverbot am Steuer zu verstoßen. Ob das Gerichte genauso gesehen hätten, ist eine andere Frage. Nun gilt vorübergehend ein Maskengebot statt eines Verbots am Steuer. Zumindest, wenn Personen aus verschiedenen Haushalten miteinander fahren.

Hatten Sie in bereits mit Mandanten zu tun, die mit Maske oder Mund-Nasen-Schutz am Steuer erwischt worden sind?

Nein. Ich glaube auch nicht, dass meine Kollegen solche Fälle auf dem Tisch hatten oder derzeit haben. Denn im Regelfall sprechen wir hier lediglich über ein Bußgeld, das jedoch keine Eintragung von Punkten im Flensburger Zentralregister zur Folge hat. Solche Angelegenheiten landen in der Regel nicht bei einem Verkehrsrechtsanwalt. Zudem denke ich, dass im Regelfall die Vernunft obsiegt und die Polizei beim nachvollziehbaren Tragen einer Maske während der Fahrt darauf verzichtet hat, diesen Verstoß zu ahnden. Hier stand den Beamten, aber auch der Bußgeldbehörde, durchaus ein Ermessensspielraum zu.

Wie hoch ist das Bußgeld?

Im Regelfall sind es bei einem begründeten Verstoß 60 Euro.

Christian Janeczek (44) ist Fachanwalt für Verkehrs- und Strafrecht in Dresden. Außerdem engagiert er sich in der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins. Foto: Rechtsanwälte Roth
Christian Janeczek (44) ist Fachanwalt für Verkehrs- und Strafrecht in Dresden. Außerdem engagiert er sich in der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins. Foto: Rechtsanwälte Roth © Rechtsanwälte Roth

Wissen Sie, wie Sachsens Verkehrspolizisten mit dem Thema Maske am Steuer in der Praxis umgegangen sind? Es hieß bisher, man habe die Beamten dazu angehalten, kommunikativ und mit Augenmaß zu agieren.

Nein. Klar war die Sache eigentlich nur, wenn jemand bei einer Kontrolle allein im Auto gesessen und Maske getragen hat. Wenn dagegen jemand angehalten wurde und noch eine weitere Person im Auto saß, dürfte es schwierig geworden sein. Der Polizist muss nämlich, bevor er den Betroffenen zum Sachverhalt befragt, ihn erst noch über dessen Auskunftsverweigerungsrecht belehren. Wer schlau ist, hat davon Gebrauch gemacht. Dann sollte der Beamte vernünftigerweise zugunsten des Fahrers unterstellt haben, dass der die Maske zum Eigenschutz und zum Schutz seiner Insassen getragen hat.

Wie groß ist die Chance, die Identität von Maskenträgern herauszubekommen, die durch stationäre Tempo- oder Rotlichtblitzer erfasst worden sind?

Gerichte oder Behörden können im Zweifelsfall anthropologische Gutachten anfordern. Insgesamt sind es wohl rund 40 Merkmale im Gesicht, die sich auf Übereinstimmung überprüfen lassen. Je mehr Treffer es gibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass die verdächtigte Person tatsächlich am Steuer saß. Das Ohr ist übrigens eines der wichtigsten Merkmale und ähnlich einzigartig wie ein Fingerabdruck. Zudem ist bei Firmenautos an eventuell vorhandene Fahrtenbücher und bei Lastkraftwagen und Bussen an Fahrtenschreiber zu denken, die jemanden überführen können.

Die Botschaft ist also: Fühle dich nicht zu sicher, wenn Du mit einer Maske im Gesicht geblitzt worden bist?

Genau. Man könnte am Ende doch überführt werden. Bei einem Verdächtigen mit Maske, Ohrenschützern und Sonnenbrille wird die Überführung mithilfe eines anthropologischen Gutachtens dann allerdings schwierig.

Bus- und Taxifahrer konnten in den vergangenen Monaten Ausnahmegenehmigungen beantragen und damit schon legal Maske am Steuer tragen. Einer Ihrer Kollegen sagte der SZ kürzlich, theoretisch wäre das auch für Privatleute möglich. Er sehe aber keinen Grund, warum solchen Antrag stattgegeben werden sollte.

Ich weiß nicht, wie Verwaltungsbehörden mit Anträgen umgegangen sind, wenn es beispielsweise darum ging, regelmäßig erkrankte Angehörige mit dem Auto zu transportieren. Das war eine reine Abwägungsfrage. Was ist wichtiger: der Gesundheitsschutz der Insassen oder der Schutz der Allgemeinheit vor nicht entdeckten Ordnungswidrigkeiten? Beim Taxifahrer kann ich nachvollziehen, wieso „pro Maske“ entschieden wurde. Diese Gruppe zählt zu den am meisten Gefährdeten. Der Virologe Professor Alexander Kekulé hat Taxifahrern kürzlich sogar empfohlen, zwei Masken übereinander zu tragen: eine FFP2-Maske und noch eine normale.

Was halten Sie von den Plänen des Bundesverkehrsministeriums, auch über das Ende der Pandemie hinaus das Mitführen von FFP2-Masken im Auto vorzuschreiben?

Ich halte das für nicht sinnvoll. Wir haben beim Autofahren vor Corona keine FFP2-Masken benötigt und werden diese auch nicht mehr benötigen, wenn die Pandemie eines Tages überstanden ist. Ich sehe hier keinen Regelungsbedarf des Gesetzgebers und gehe davon aus, dass derartige Pläne nicht ernsthaft weiterverfolgt werden.

Das Gespräch führte Andreas Rentsch.