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Corona-Lockdown in der Gastronomie: Nicht aufgeben!

Das Sommergeschäft ließ viele Gastwirte in Sachsen hoffen. Nun müssen sie wieder schließen. Zwei Gastronomen aus Dresden lassen sich nicht entmutigen.

Von Kay Haufe
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Thomas Widmann betreibt acht Restaurants im Dresdner Zentrum. Der Lockdown überrascht ihn nicht.
Thomas Widmann betreibt acht Restaurants im Dresdner Zentrum. Der Lockdown überrascht ihn nicht. © René Meinig

Dresden. Die Einschläge kamen langsam näher. Sperrstunde, ausbleibende Gäste, Absagen von Bestellungen. In der zweiten Oktoberferienwoche gingen dann die Umsätze rapide nach unten in den acht Restaurants, die Thomas Widman im Dresdner Zentrum betreibt.

Das „Tapas Barcelona“ in der Weißen Gasse gehört dazu ebenso wie die „Burgerei“ am Neumarkt. „Mir war schon Anfang der Woche ziemlich klar, dass es wieder einen Lockdown geben wird“, sagt der 55-Jährige. Natürlich könne man jetzt darüber diskutieren, ob es fair ist, dass wieder die Gastronomen als Erste betroffen sind. „Aber für mich ist es der richtige Weg, dies im November zu tun mit der Maßgabe, im Dezember wieder öffnen zu können.“

Hintergrund: Diese Einschränkungen gelten ab Montag

Dabei weiß natürlich auch Thomas Widmann nicht, wie sich die Coronazahlen entwickeln. Es ist ja alles andere als klar, ob eine Wiedereröffnung im Dezember wirklich realistisch ist. Für jeden Gastronomen wäre es fatal, das Adventsgeschäft einzubüßen. 

Widmann beruhigt jedoch die Zusage der Bundesregierung, für alle, die von der Schließung betroffen sind, finanzielle Hilfen zu zahlen. Bis zu 75 Prozent der Umsätze vom November 2019 könnten dies sein. „Trotzdem: Dieses Jahr verlangt uns so viel ab, es ist eine Achterbahn der Gefühle.“

Umsätze unter 80 Prozent sind nicht rentabel

Im Frühjahr beim ersten Lockdown hatte er zusammen mit anderen Wirten mit leeren Stühlen vor der Frauenkirche demonstriert und auf die schwierige Situation der Gastronomie aufmerksam gemacht. Damals hatten sie kaum erwartet, dass es ein so fantastischer Sommer werden würde. Zwar blieben die ausländischen Touristen aus, dafür kamen umso mehr Gäste aus ganz Deutschland. 

In seinen Lokalen in der Weißen Gasse, am Neumarkt und an der Dreikönigskirche sorgten die dafür, dass der Umsatz wieder auf Vorjahresniveau kletterte. „Ich bin ganz ehrlich, mit dem Steuervorteil haben wir sogar mehr gehabt und konnten die Einbußen vom Frühjahr wieder reinholen.“

Er sieht noch die Schlangen der Gäste vor sich, die während der Sommerferien anstanden, um in seinen Restaurants platziert zu werden. „Das klappte hervorragend, und hygienisch waren bis auf ganz wenige Ausnahmen alle äußerst diszipliniert.“ Das Geschäft lief immer besser bis in die erste Woche der Herbstferien hinein, es gab große Euphorie, die Mitarbeiter waren voll motiviert. Dann der neuerliche Absturz, der bei allen Erinnerungen an den Lockdown vom März wachrief.

„Dieses Auf und Ab muss man erst mal verkraften“, sagt Widmann. Andererseits gibt er zu: „Ich bin enttäuscht. Aber mir ist es lieber, dass mir mit dem Lockdown die Entscheidung abgenommen wurde, wie wir jetzt weitermachen. Denn so ein Dahindümpeln kann sich die Gastronomie nicht leisten.“

Umsätze unter 80 Prozent des Üblichen seien für ihn angesichts der hohen Mieten und der Personalkosten nicht rentabel, sagt er. „Da ist es vernünftiger zu schließen.“ Vor dem Lockdown habe er allein rund 100.000 Euro an Miete für die acht Restaurants zahlen müssen. Inzwischen seien einige Vermieter auf ihn zugekommen, hätten Reduzierungen oder andere Verabredungen akzeptiert. Die Erfahrungen aus dem Frühjahr sind es, die jetzt enorm weiterhelfen. „Wir sind inzwischen ganz anders aufgestellt und können schnell reagieren.“

Außer-Haus-Geschäft ist wichtig

Groß sei auch die Verunsicherung bei den insgesamt 190 Mitarbeitern, die jetzt wieder Einbußen durch Kurzarbeit hinnehmen müssen. „Ich verliere gerade einen der besten Köche“, erzählt Widmann. „Der sagt, er muss für seine Familie sorgen und kann das Auf und Ab nicht mehr ertragen. Die Zuverlässigsten sind es, die uns jetzt verlassen. Das ist schade.“

Auch um genau solchen Mitarbeitern zu helfen und ihnen das volle Gehalt zahlen zu können, war für den geschäftigen Gastronomen klar, mit Beginn des Lockdowns ab kommenden Montag Essen zum Abholen anzubieten. „Das Außer-Haus-Geschäft soll jetzt ein bisschen professioneller laufen als im Frühjahr. Meine Tochter macht das Marketing und arbeitet schon an Aufstellern“, sagt Widmann. 

Wahrscheinlich wird es das Angebot im „El Espaniol“ auf der Königstraße geben, im „La Osteria“ auf der Kreuzstraße, in der „Bodega“ und der „Burgerei“ am Neumarkt. Vielleicht auch Gyros beim Griechen auf der Weißen Gasse. 

Geplant sind Abholzeiten am Mittag und Abend. „Das wird alles in ein, zwei Tagen auf unseren Internetseiten zu finden sein.“ Rein wirtschaftlich rechne sich dieses Angebot mit 200 bis 300 Euro Tagesumsatz pro Restaurant zwar nicht. „Aber wir wollen präsent bleiben.“

Zelt und Heizstrahler sind eingelagert

Genau das ist auch die Motivation von Dirk Hesse, der das Restaurant „Einkehr am Palmenhaus“ in Pillnitz betreibt. Gemeinsam mit seiner Frau arbeitet er gerade an der Speisekarte für die kommende Woche. Sie haben im Frühjahr gute Erfahrungen mit dem Außer-Haus-Verkauf gemacht. 

„Aber das rentiert sich fast nur am Wochenende. Mittags waren wir wochentags vier Stunden da, aber es wurden zum Teil nur zwei Essen verkauft“, erzählt Hesse. „Dieses Mal werden wir auch die Zeiten begrenzen, in denen wir was anbieten.“ Er denkt, dass abends mehr gehen wird als mittags, zumindest in der Woche.

Für Dirk Hesse war schon zu Beginn der Woche klar, dass er weitermacht, auch ohne Gäste in seinem Lokal. „Ich habe natürlich den Vorteil, dass mir das Haus gehört und ich keine Miete zahlen muss. Von Freunden weiß ich, dass sie überlegen, ihre Restaurants ganz zuzumachen oder es schon getan haben.“ 

In den sozialen Netzwerken hat er angekündigt, wieder Essen anzubieten. Das habe sofort zahlreiche positive Reaktionen hervorgerufen. Viele Stammgäste hätten versichert, dass sie der „Einkehr“ treu bleiben wollen.

Dirk Hesse vom Restaurant „Einkehr am Palmenhaus“ in Pillnitz setzt für die nächsten Wochen wie im Frühjahr auf Außer-Haus-Verkauf.
Dirk Hesse vom Restaurant „Einkehr am Palmenhaus“ in Pillnitz setzt für die nächsten Wochen wie im Frühjahr auf Außer-Haus-Verkauf. © Thomas Kretschel

Aber auch Hesse schaut mit Sorge in die Zukunft. „Es ist überhaupt nicht klar, ob wir ein Weihnachtsgeschäft haben werden.“ Sein Reservierungsbuch sei bereits voll für diese Tage. „Aber wenn wir dann weiter Abholessen anbieten müssten, ist fraglich, ob die Leute das so annehmen. Man darf ja auch zu Hause nur in kleinem Kreis feiern.“

Er hatte extra ein Zelt gekauft, um auch in der kalten Jahreszeit die weggefallenen Sitzplätze im Lokal auszugleichen. Doch das hat er jetzt zusammen mit den Heizstrahlern erst mal eingelagert. „Aber ich bin Optimist, ich hole das dieses Jahr wieder raus. Wir haben zwei Hochwasser überstanden und den ersten Lockdown. Dann schaffen wir auch den zweiten.“

Die Zuversicht schöpft er auch aus den vergangenen Monaten, als der Pillnitzer Park und auch sein Restaurant wieder gut besucht waren. Rund 80 Prozent des Umsatzes vom Vorjahr seien zusammengekommen. 

„Es war deutlich spürbar, dass die Leute raus wollten, wieder etwas erleben nach der langen Zeit zu Hause“, sagt Dirk Hesse. „Bleibt abzuwarten, was uns jetzt bevorsteht.“

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