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Abstand? Nicht im Schulbus!

Der Schülerverkehr ist eine Schwachstelle beim Corona-Schutz. Mehr Busse sollen trotzdem nicht eingesetzt werden.

Von Daniela Pfeiffer
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Maske auf im vollen Bus? Die Schüler, die an der Oberschule Kodersdorf in den Schulbus einsteigen, halten sich an die Regeln.
Maske auf im vollen Bus? Die Schüler, die an der Oberschule Kodersdorf in den Schulbus einsteigen, halten sich an die Regeln. © André Schulze

"Wir stehen immer ganz dicht und wackelig im Bus, einen Sitzplatz habe ich früh nie. Denn ich steige immer an der vorletzten Haltestelle vor der Schule ein.“ Fünftklässler Max glaubt, „da müssten mindestens noch zwei Busse hinterherkommen, damit wir alle Platz haben“.

Zwei vielleicht nicht, aber einer schon. Denn dass im morgendlichen Schulbus-Verkehr an Corona-Abstand nicht zu denken ist, bestätigen auch diejenigen, die die Schulbusse fahren. „Mit Abstand ist da nichts“, sagt Alfons Dienel von der Regionalbus Oberlausitz GmbH (RGO), die den Schülerverkehr im Auftrag des Landkreises Görlitz managt. Dienel ist dort für Görlitz/Weißwasser zuständig. Zusätzliche Busse einsetzen? Ja, das ginge schon, Busse und Fahrer wären da. Viele der Unternehmen, die die RBO als Subunternehmer beschäftigt, können aktuell nicht viel anderes machen als den Schulbusverkehr.

So sagt auch Patrick Schultze von Schwarz Reisen aus Hähnichen, dass er noch Kapazitäten hätte. Acht Busse schickt er jeden Morgen in den Schülerverkehr, vor allem um Görlitz und Niesky herum. Auch er kennt natürlich das Platz- und Abstandsproblem. „Zusätzliche Busse einsetzen, das wäre jetzt genau das richtige, um die Situation zu entschärfen.“

Landkreis hebt die Schultern

Doch entscheiden muss das der Landkreis. Die Zeichen von oben stehen eigentlich auf Grün. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor zwei Wochen vor der Presse gesagt, dann müssten eben mehr Schulbusse eingesetzt werden, der Bund wolle die Länder dabei finanziell unterstützen.

Im Landkreis Görlitz ist eine Verstärkung nicht im Gespräch. Es sei üblich dass in den morgendlichen und nachmittäglichen Spitzenfahrten die Schüler stehen müssten, einen Anspruch auf einen Sitzplatz gebe es nicht. „Da der Mindestabstand im Bus nun mit Blick auf die Corona-Pandemie insbesondere in der morgendlichen und nachmittäglichen Verkehrsspitze nicht eingehalten werden kann, gilt die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung“, so Kreissprecherin Julia Bjar.

Und entgegen der Aussagen von Alfons Dienel oder Patrick Schultze heißt es aus dem Landratsamt weiter: Dem Landkreis Görlitz und den beauftragten Verkehrsunternehmen sei es nach Gesprächen sowohl im freigestellten Schulverkehr als auch im Regional- und Schülerlinienverkehr nicht flächendeckend und dauerhaft möglich zusätzliche Entlastungs- und/oder Verstärkerbusse anzubieten.

Patrick Schultze von Schwarz-Reisen: Er bedient mehrere Schulbuslinien im Raum Görlitz und Niesky.
Patrick Schultze von Schwarz-Reisen: Er bedient mehrere Schulbuslinien im Raum Görlitz und Niesky. © André Schulze

Stattdessen setzt der Kreis auf Einhaltung der Maskenpflicht und lässt das auch kontrollieren. Auch Fünftklässler Max berichtet, dass die Polizei vor Kurzem morgens an der Bushaltestelle gehalten habe. „Wir waren nicht sicher, ob wir die Maske da auch schon aufmachen müssen, manche haben das nicht. Aber als sie die Polizei gesehen haben, haben sie sie schnell aufgesetzt.“ Das war auch richtig, denn wie Landkreis und Polizei bestätigten, gilt die Maskenpflicht schon an der Haltestelle. „Unser Ordnungs- und Straßenverkehrsamt hat mit der Polizei bereits Kontrollen der Maskenpflicht im Schülerverkehr durchgeführt“, sagt Franziska Glaubitz, ebenfalls Landkreissprecherin. „Die Kontrollen erfolgten nicht nur, aber auch aufgrund von Hinweisen auf den Rothenburger Strecken. Diese haben sich allerdings nach Spontankontrollen nicht bestätigt.“

Kai Siebenäuger, Sprecher der Polizeidirektion Görlitz, bestätigt, dass am 3. und 5. November Polizeibeamte nach einem Amtshilfeersuchen des Landkreises Görlitz Kontrollen unterstützt hätten. „An den Einsatztagen ging es darum, die angetroffenen Personen an das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes zu erinnern, entsprechende Belehrungen durchzuführen sowie Verstöße zu ahnden.“

Polizei und Landkreis kontrollieren Schülerfahrten

Für die Busfahrer selbst sei es schwer, ständig zu kontrollieren, ob alle Schüler die Maske tragen. „Beim Einsteigen haben sie sie schon alle auf, aber gerade auf den hinteren Plätzen werden sie dann abgenommen“, sagt Patrick Schultze. Auch Max hat seine Erfahrungen gemacht. „Der Busfahrer hat einmal angehalten und gesagt, es sollen sofort alle die Maske aufsetzen.“ Bis zu den Weihnachtsferien wollen Landratsamt und Polizei die Kontrollen im Schülerverkehr fortsetzen – und zwar im gesamten Landkreis und unangekündigt.

Ob sich die Situation demnächst entspannt und die Schulbusse vielleicht noch halb so voll sind, weil die Klassen doch halbiert oder die Schulen möglicherweise ganz geschlossen werden, bleibt abzuwarten. Beim letzten Pressegespräch hielt Landrat Bernd Lange noch daran fest, Schulen und Kitas geöffnet zu lassen – trotz der angespannten Corona-Lage im Kreis. Mit Blick auf die drei sächsischen Corona-Hotspots, zu denen der Landkreis Görlitz neben dem Landkreis Bautzen und dem Erzgebirgskreis gehört, sind weitere Verschärfungen nicht unwahrscheinlich. Diese Entscheidung überlasse der Kreis aber dem Freistaat, hieß es am Donnerstag aus dem Landratsamt.

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