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„In 30 Praxis-Jahren nicht erlebt“

1991 hatte sich Zahnärztin Dr. Simone Pasternok in Radeberg selbstständig gemacht. Corona veränderte vieles.

Von Thomas Drendel
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Seit 1991 betreibt Simone Pasternok ihre Zahnarztpraxis in Radeberg. Inzwischen behandelt auch ihr Sohn Rico Pasternok hier die Patienten.
Seit 1991 betreibt Simone Pasternok ihre Zahnarztpraxis in Radeberg. Inzwischen behandelt auch ihr Sohn Rico Pasternok hier die Patienten. © Sven Ellger

Radeberg. Schutzmasken, Visiere vor dem Gesicht und zweimal die Woche Corona-Schnelltests für sie selber und ihre Mitarbeiterinnen: Dr. Simone Pasternok betreibt seit 30 Jahren ihre Zahnarztpraxis an der Badstraße in Radeberg. Eine solche ungewöhnliche Zeit hat sie noch nicht erlebt. „Wir als Zahnmediziner kommen naturgemäß den Patienten sehr nahe, das Coronavirus wird ja vor allem über die Aerosole der Atemluft übertragen. Die Unsicherheit war vor allem bei der ersten Welle im Frühjahr groß“, sagt sie.

Während der ersten Corona-Welle Behandlungen abgesagt

Sie und ihr Sohn Rico Pasternok, der in der Praxis ebenfalls als Zahnarzt arbeitet, haben damals alle Behandlungstermine abgesagt. „Wir wussten ja nicht, wie stark sich das Virus verbreitet, wie man sich genau schützen kann. Es gab ja keinerlei Tests damals. Auch Patienten waren unsicher“, erinnert sich die Ärztin. Nur Schmerzbehandlungen erledigten sie damals.

Als sich die Lage entspannte, war in der Praxis umso mehr zu tun. „Die Patienten kamen dann im Juni und Juli, in Monaten, in denen es normalerweise etwas ruhiger ist.“ Mit dem Ansteigen der Corona-Zahlen Ende vergangenen Jahres haben die Mediziner noch einmal die Sicherheitsstandards kräftig angehoben. „Wir tragen bei der Behandlung jetzt zusätzlich zu den Masken und Schutzbrillen spezielle Visiere. So gehen wir sicher, dass es nicht zu einer Ansteckung kommt“, sagt Simone Pasternok.

Simone Pasternok in ihren Praxisräumen in Radeberg. Sie war die erste, die sich nach ihrer Arbeit in der Poliklinik selbstständig machte. Am 26. Januar 1991 öffnete sie zum ersten Mal.
Simone Pasternok in ihren Praxisräumen in Radeberg. Sie war die erste, die sich nach ihrer Arbeit in der Poliklinik selbstständig machte. Am 26. Januar 1991 öffnete sie zum ersten Mal. © privat

Um die Patienten zu schützen, aber auch, um Infektionen schnell zu erkennen, wird das gesamte Personal in der Praxis zweimal in der Woche getestet. „Montags vor Beginn der Arbeit und am Freitag nach der letzten Behandlung werden alle einem Schnelltest unterzogen. Glücklicherweise gab es noch keinen positiven Fall.“ Nach ihren Angaben sind Zahnärzte nicht von Anfang an auf die Liste der vorrangig zu impfenden Personen gesetzt worden. „Krankenhauspersonal wurde von Anfang an gegen das Coronavirus geimpft. Das ist auch richtig so. Doch auch Zahnärzte haben engen Kontakt mit Patienten. Erst nach einer Petition, die viele Kollegen unterschrieben haben, wurden wir in die Liste aufgenommen.“

Bei Symptomen, die auf eine Corona-Infektion hinweisen, werden die Patienten gebeten, zuvor in der Praxis Bescheid zu geben. „Wir verschieben dann den Termin. Hier sind die Patienten auch sehr diszipliniert. Es kommt keiner etwa mit Halsschmerzen oder gar Fieber zu uns.“

Auch nach einem Jahr Corona Mangel an Ausrüstung

Ein Jahr dauert die Pandemie schon an, doch noch immer läuft nicht alles glatt. Auch diese Erfahrung haben die beiden Radeberger Zahnärzte gemacht. „Beispielsweise Einmalhandschuhe bekommen wir nur auf Zuteilung und viel zu wenige. Sicher funktionieren mit dem Lockdown Lieferketten nicht mehr. Doch seit Ausbruch der Pandemie ist ein Jahr vergangen. In der Zeit hätte sicher etwas getan werden können“, sagt Rico Pasternok. Auch Anästhetikum, also Narkosemittel, bekommt die Praxis nicht in ausreichender Menge.

Gerade jetzt müsse auf höchste Hygienestandards geachtet werden, so der Zahnarzt. Die Qualitätsstandards schätzen die Patienten offenbar sehr. Viele von ihnen lassen sich seit Jahren hier behandeln. „Das Schöne ist, dass ich mehrere Generationen der Familien kennenlerne. Erst waren die Eltern bei mir, jetzt kommen die Kinder und teilweise bringen sie auch ihre Kinder zu mir“, sagt Simone Pasternok. Mittlerweile kommen sogar Radeberger, die wegen des Berufes in andere Länder gegangen sind, noch zu ihr. „Wir haben Patienten, die jetzt in Singapur oder der Schweiz wohnen. Wenn sie hier im Urlaub sind, lassen sie sich bei uns behandeln.“

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Begonnen hat ihre berufliche Laufbahn 1978. Zunächst studierte sie an der Uni Halle, später an der Medizinischen Akademie in Dresden Zahnmedizin. „Danach bin ich in die Poliklinik nach Großenhain gegangen, dort war einfach eine Stelle frei“, sagt die gebürtige Dresdnerin. Nach drei Jahren dann 1986 der Wechsel nach Radeberg. „Wir hatten 1985 das Grundstück hier an der Badstraße gekauft, 1986 sind wir in eine Wohnung im Obergeschoss eingezogen. Meine Eltern stammen aus Schönfeld. Ich bin quasi zurück in die Heimat gekommen.“ Dass das Gebäude einmal ihre Praxis beherbergen würde, war nicht abzusehen.

Das Wichtigste zum Coronavirus in der Region:

Die Villa war in einem schlechten Zustand, im Erdgeschoss wohnte noch eine ältere Dame. 1990 änderte sich alles. „Mit der Wende war es plötzlich möglich, eine eigene Praxis zu gründen. Ich wollte das unbedingt und war die Erste, die die Festanstellung aufgegeben hat“, sagt sie. Warum dieser Schritt? „Ich wollte für mich etwas schaffen und nicht weiterhin als Angestellte arbeiten.“

Ein Glücksumstand war, dass im Frühjahr 1990 die Räume im Erdgeschoss frei wurden. „Im Mai begannen wir mit dem Umbau. Bei den Arbeiten haben wir selber kräftig mit angepackt.“ Zwischenzeitlich arbeitete Simone Pasternok in einer Praxis in Hamburg. „Das geschah auf Vermittlung von Bekannten. Mir war es wichtig, die Abläufe in einer Praxis kennenzulernen, zu lernen, wie Kostenvoranschläge gemacht werden, wie die Abrechnung erfolgt, wie Material bestellt wird. Das war ja für uns völlig neu.“

Auch Mitarbeiter, die sich mit diesen Dingen auskannten, waren schwer zu finden. Im Januar 1991 ging es dann in zwei Behandlungsräumen und mit drei Mitarbeitern los. „Es war eine harte Zeit“, erinnert sie sich. Doch der Ansturm war groß, der Patientenstamm wuchs. 1992 wurde ein Arzt zusätzlich angestellt.

Seit 2014 arbeitet ihr Sohn Rico Pasternok als Zahnarzt in der Praxis mit. Zuvor war er in einer Praxis in Bremerhaven tätig. „Die Mentalität hier in Radeberg liegt mir einfach mehr“, begründet er seine Rückkehr. Vor drei Jahren wurde die Villa komplett umgestaltet, sie erhielt einen Anbau. Jetzt stehen fünf Behandlungszimmer zur Verfügung, sechs Angestellte arbeiten hier. Die Praxis ist ein Schmuckstück. Frische Blumen, Kunstwerke an den Wänden. „Mir ist eine angenehme Atmosphäre wichtig", sagt Rico Pasternok. "Die Räume gut einzurichten ist meine Leidenschaft. Neben meinem Beruf.“

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