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Jerusalema-Challenge: Pirnas Klinik tanzt

Ärzte, Schwestern, Pfleger, Johanniter und DRK studieren die weltbekannte Choreografie ein - und setzen damit ein besonderes Zeichen in schweren Zeiten.

Von Thomas Möckel
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Jerusalema-Challenge auf dem Pirnaer Klinik-Gelände: Tanzeinlage mit Blaulicht.
Jerusalema-Challenge auf dem Pirnaer Klinik-Gelände: Tanzeinlage mit Blaulicht. © Johanniter/Martin Storch

Die Geschichte beginnt mit zwei verschiedenen Menschen an zwei unterschiedlichen Orten auf dieser Welt.

Da ist zum einen Sandra Fahlbusch, leitende OP-Schwester im Pirnaer Helios-Klinikum auf dem Sonnenstein. Sie trägt ihr Herz am rechten Fleck und hat das Talent, andere zu begeistern, mitzureißen. In ihrer Freizeit tanzt sie gern, vor allem leidenschaftlich Tango, das ist ein Auslöser dafür, dass es diese Geschichte überhaupt gibt.

Zum anderen ist da der Komponist und Produzent Master KG, bürgerlicher Name Kgaogelo Moagi, geboren 1996 in einem Dorf in der südafrikanischen Provinz Limpopo. 2019 schrieb er das Lied "Jerusalema" und nahm es mit der Sängerin Nomcebo Zikode auf. In dem Text wird Jerusalem als Ort der Sehnsucht und der Hoffnung besungen, die Zeilen stehen sinnbildlich für einen Ort, an dem man Frieden findet, an dem es keine Sorgen, sondern Glück und fröhliche Menschen gibt.

Vor allem in der Corona-Pandemie wurde das Lied so zu einem Hoffnungsträger weltweit.

Weltweit geht die Post ab

So richtig ging die Post ab, als junge Angolaner ein Tanzvideo dazu drehten und es online stellten. "Jerusalema" belegte in zahlreichen Ländern Platz eins in den Charts, das Video bei Youtube wurde bisher mehr als 347-Millionen-mal angeklickt.

Plötzlich tanzten Menschen auf der ganzen Welt zu dem Song, inzwischen berühmt als "Jerusalema-Challenge", die Videoplattform Youtube ist voll mit Filmchen davon.

Ganz oft sind mit dieser Choreografie Ärzte, Schwester, Pfleger und Rettungskräfte zu sehen. Sie arbeiteten in den vergangenen Monaten an der Belastungsgrenze, oft auch darüber hinaus, menschliches Leid ist allgegenwärtig, häufig geht es dabei auch um Leben und Tod.

Doch bei all dem Stress, den Belastungen und den Strapazen sollte es auch Zeit geben für Hoffnung und Unbeschwertheit. Der Song und der Tanz wurden zum Symbol dafür.

Eins, zwei, tipp: in der Küche, im OP-Saal, im Büro

Und so fanden schließlich auch Sandra Fahlbusch und Master KG zueinander, sinnbildlich zumindest.

Die tanzbegeisterte OP-Schwester initiierte nun auch in Pirna eine Jerusalema-Challenge. Und weil es mehr Spaß macht, gemeinsam zu tanzen, holte sie die Johanniter und den DRK-Kreisverband mit auf die improvisierte Bühne.

Zur weltbekannten Choreografie tanzen Ärzte, Schwestern, Pfleger und Rettungskräfte auf dem Klinik-Gängen, im OP-Saal, im Kreißsaal, im Lager, in der Küche, in Büros und auf dem Klinik-Hof, blau blinkernde Rettungswagen liefern das passende Bühnenlicht. Das reichlich vier Minuten lange Video dazu ist seit einigen Tagen auch auf Youtube zu sehen.

"Es war für uns alle ein großer Spaß, bei dem jeder Einzelne zählte, um diese Teamleistung abliefern zu können. Für uns ist es wichtig, uns gegenseitig mit unserem Zusammenhalt in diesen herausfordernden Zeiten Kraft zu geben", sagt Sandra Fahlbusch.

Und genau darum geht es bei dieser Tanzeinlage. "Der Gedanke war, einfach mal wieder die Freude in den Vordergrund zu rücken, nach den harten und sicherlich für alle auch kräftezehrenden letzten Monaten", sagt Johanniter-Sprecher Danilo Schulz. Der Tanz sei ein tolles Zeichen für den Zusammenhalt in der Region im Gesundheitsbereich.

Ein Zeichen für Mut und Hoffnung

Auch das DRK kam der Tanzeinladung der Klinik gern nach. "Da wir tagtäglich professionell und gut mit dem Klinikum zusammenarbeiten und sich unsere Bereiche stets gut ergänzen, wollten wir gemeinsam mit den Kollegen der Klinik ein Zeichen der Hoffnung setzen und unseren Patienten und auch uns selbst Mut und Kraft schenken", sagt Christopher Neidhardt, stellvertretender Rettungsdienstleiter beim DRK-Kreisverband Pirna.

In Zeiten angespannter, aufwendiger und belastender medizinischer und organisatorischer Arbeit sei die Challenge gleichzeitig eine willkommene Abwechslung für alle beteiligten Kollegen in Klinik, Rettungsdienst und Katastrophenschutz.

Auch sei es dem DRK eine Herzensangelegenheit, mit dem Tanz den erkrankten Patienten ein Hoffnungszeichen zu senden und sie bei der Genesung zu unterstützen.

"Wir möchten auch die Einheit mit den vielen Menschen in unserem Umkreis zeigen, welche die Beschränkungen im Alltag hart treffen, und das Versprechen geben, dass wir als DRK alles tun, um den Erkrankten zu helfen und neuen Infektionen vorzubeugen", sagt Neidhardt.

Verbunden ist damit ein großes Dankeschön an alle Klinik-Mitarbeiter sowie an die Einsatzkräfte von Rettungsdienst und Katastrophenschutz.

Geübt in Pausen und nach Schichtende

Dabei war es gar nicht so einfach, die Choreografie angesichts des stressigen Arbeitsalltages und der Pandemie auf den Tanzboden zu bringen.

Die Klinik-Mitarbeiter übten und tanzten in den vergangenen Wochen in ihrer Freizeit, in den Pausen, nach Schichtende, manchmal sogar im Dunkeln.

Weil gemeinsame Proben unmöglich waren, trainierten die DRK-Tänzer die Choreografie mit Videos vor dem eigenen Computer. Die Johanniter übten zunächst auch für sich, am 11. Februar trafen sich dann alle und tanzten gemeinsam. "Am Ende haben wir vor Ort einfach losgelegt, und die Choreografie hat dann auch zusammen gut geklappt", sagt Danilo Schulz.

Martin Storch vom Katastrophenschutz-Einsatzzug der Johanniter im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge filmte das Ganze, zum Teil auch aus luftiger Höhe mit einer Drohne. Er half auch dabei, das Video zu schneiden.

Helios ist stolz auf die Tänzer

Andernorts haben die Jerusalema-Videos für Ärger gesorgt, weil die Plattenfirma Warner Music von den Freizeittänzern im Nachgang Lizenzgebühren für die Nutzung des Liedes forderte. Andernfalls hätten die Videos wieder offline gehen müssen.

Dem haben die Pirnaer Tänzer aber vorgebeugt: Die Helios-Gruppe hat die Nutzungsrechte für die Musik erworben.

Die Reaktion im Internet auf das Video sind überwiegend positiv. "Starke Sache das. Vielen Dank an die Helden in Kutte und Maske. So viel Spaß muss sein", schreibt ein Nutzer in die Youtube-Kommentare. "Super, vielen Dank fürs Durchhalten und für eure tägliche Arbeit, bleibt tapfer und optimistisch", lautet ein anderer Kommentar.

Eine andere Schreiberin gibt dem Klinikum allerdings wenig freundlich mit auf den Weg, die Mitarbeiter sollten sich doch lieber um die Patienten kümmern. Das Krankenhaus reagierte umgehend. Das Wohl der Patienten, so schreibt das Klinikum, stehe stets an erster Stelle.

Weiter heißt es im Klinik-Statement: "Unsere Kollegen haben ihre Performance in ihrer Freizeit einstudiert, die Aufnahmen sind weitestgehend in Arbeitspausen entstanden. Sie wollten in diesen für alle sehr herausfordernden Zeiten zeigen, wie wichtig Zusammenhalt ist und damit Mut stiften. Darauf sind wir sehr stolz."

Das Video der Pirnaer Tänzer wurde bei Youtube bislang mehr als 16.000-mal aufgerufen.

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