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So haben sich die Görlitzer Montagsdemos gewandelt

Anfangs wurden Platzverweise ausgestellt, es gab Anzeigen. Inzwischen haben sich Polizei und Corona-Protestler offenbar arrangiert.

Von Matthias Klaus
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So fing es an: Protest gegen die Corona-Beschränkungen auf dem Görlitzer Postplatz im Mai vergangenen Jahres.
So fing es an: Protest gegen die Corona-Beschränkungen auf dem Görlitzer Postplatz im Mai vergangenen Jahres. © Nikolai Schmidt

Ines Franke ist keine, die auf Demos geht. "Das hat mit Corona gar nicht so viel zu tun, war schon früher so", sagt die junge Frau aus der Nähe von Berlin. Zu viele Leute, alle denken, nur sie haben Recht - nee, das sei ihr nichts. Und nun steht sie am Montagabend trotzdem ganz in der Nähe einer Menschenansammlung am Görlitzer Postplatz. Ihr Mann ist Schuld.

"Ich wollte einfach mal sehen, was die Leute so auf dem Herzen haben", sagt Bernd Franke. Deshalb der Stopp in der Nähe der Muschelminna. So richtig schlau wird er aber aus dem, was der Lautsprecher vor der Post hergibt, auch nicht, gibt Bernd Franke zu. "Sind das Querdenker? Was ganz anderes? Ich weiß es nicht", gesteht er. Das Paar, ausgesprochene Filmfans, wollte ein Tour durch Görlitz machen, auf den Spuren Hollywoods in Görliwood. Das Kaufhaus stand zuletzt auf dem Plan.

90 Personen, so wird es die Polizeidirektion Görlitz später offiziell verkünden, haben sich am 9. August vor der Post versammelt. Seit über einem Jahr gibt es inzwischen die Demonstrationen auf dem Postplatz und an anderen Orten in Görlitz. Die Zahl der Teilnehmer schwankt. Kamen vor Ostern noch rund 300 Leute auf dem Postplatz zusammen, waren es danach reichlich 100. Eine Zahl, um die herum sich das Protestpotenzial offensichtlich eingepegelt hat. Auch der Charakter der Veranstaltung hat sich offenbar gewandelt.

Anfang November vergangenen Jahres beispielsweise, hatte die Polizei noch eine Montagsdemo in Görlitz gestoppt. Damals nannte sich das Ganze noch "spontane Versammlung". Wegen der geltenden strengeren Hygienemaßnahmen gab es Platzverweise, 28 Ordnungswidrigkeiten wurden festgestellt wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz und der Corona-Schutz-Verordnung.

Ordnungswidrigkeiten landen dann am Görlitzer Amtsgericht. Dessen Chef, Richter Andreas Behrens, hat die Verfahren dann auf dem Tisch. Bereits Anfang Juni standen sieben Verfahren wegen Verstöße gegen die Corona-Schutz-Verordnung an, am Ende blieben nur wenige Fälle übrig. Krank, nicht zum Termin erschienen, Einspruch zu spät eingelegt - so die Begründungen.

Am 3. August war nun wieder eine ganze Liste an Verstößen gegen die Corona-Schutz-Verordnung angeklagt. "Die Anklagen klingen dramatischer, als sie es am Ende sind", sagt Andreas Behrens. Anklagen klingen beispielsweise so: "Verstoß gegen die Veranstaltung einer nicht ortsfesten Versammlung oder einer Versammlung mit über 1.000 Teilnehmern". Das hat dann offenbar mit den Görlitzer Corona-Protesten wenig zu tun. Der genannte Fall wurde übrigens nicht verhandelt. Der Angeklagte hatte sich glaubhaft entschuldigt.

Die Organisatoren der Görlitzer Montagsdemos und des "Stillen Konvois", der Autotour nach Großschönau, rund um den Görlitzer Autohausinhaber Frank Liske betonen jedenfalls, dass das Corona-Virus und dessen Folgen, wenn es zu einer Infektion komme, nicht zu leugnen. Ihnen gehe es um den "Kampf um unser aller Grundrechte".

Am Montagabend ist der Auftakt zum Spaziergang über die Berliner Straße nur ein kurzer. Es gibt wie gehabt das "offene Mikrofon", über das dann auch schon mal für eine Putzaktion für Görlitzer "Stolpersteine" geworben wird. Der folgende Spaziergang bleibt friedlich. "Es gab keine Verstöße gegen die derzeit geltende Verordnung", sagt Polizeisprecher Sebastian Ulbrich. Die Polizei hält sich im Hintergrund, nur wenige Fahrzeuge sind zu sehen. "Wir passen unseren Einsatz an", sagt der Polizeisprecher.