SZ + Döbeln
Merken

Wenn fürs Schnitzel plötzlich der Koch fehlt

Nach Corona suchen Hotels und Gaststätten in Mittelsachsen nach Verstärkung. So mancher hat während des Lockdowns Mitarbeiter verloren.

Von Eric Mittmann
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Thorsten Hartwig, Geschäftsführer des Sport- und Freizeitzentrums WelWel in Döbeln, sucht Personal. Das Unternehmen hat während der Corona-Pandemie drei Mitarbeiter verloren. Foto: Lutz Weidler
Thorsten Hartwig, Geschäftsführer des Sport- und Freizeitzentrums WelWel in Döbeln, sucht Personal. Das Unternehmen hat während der Corona-Pandemie drei Mitarbeiter verloren. Foto: Lutz Weidler © Lutz Weidler

Döbeln. Seit Hotels und Gaststätten wieder öffnen dürfen, läuft es wieder beim Landhotel Sonnenhof in Ossig. "Wir sind aktuell sehr gut gebucht. Alles läuft fantastisch, weil die Leute wieder raus gehen", sagte Markus Weinert.

Um seinen insgesamt 54 Mitarbeitern dabei etwas Raum zum Durchatmen zu geben, sucht der Geschäftsführer des Hotels aktuell nach Verstärkung. "Wir brauchen mehr Leute, deswegen haben wir nun zwei zusätzliche Stellen im Service und zwei weitere in der Küche ausgeschrieben."

Nach den Monaten des Lockdowns boomt das Gastgewerbe wieder. So gut wie im Sonnenhof sieht die Lage allerdings nicht bei allen Lokalitäten aus. Der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten zufolge haben innerhalb des vergangenen Jahres im Landkreis Mittelsachsen rund 500 Köche, Servicekräfte und Hotelangestellte dem Gewerbe den Rücken gekehrt.

Supermarktkasse statt Biertheke

"Viele Menschen schätzen es, nach langen Entbehrungen endlich wieder essen zu gehen oder zu reisen. Aber ausgerechnet in der Sommersaison fehlt einem Großteil der Betriebe schlicht das Personal, um die Gäste bewirten zu können", fasst Thomas Lißner, Geschäftsführer der NGG-Region Dresden-Chemnitz, die Lage zusammen.

Für die Lage macht er insbesondere die Einkommenseinbußen durch die Kurzarbeit verantwortlich. "Gastro- und Hotel-Beschäftigte arbeiten sowieso meist zu geringen Löhnen." Wenn die gut ausgebildeten Fachkräfte in Anwalts- und Arztpraxen die Büroorganisation übernehmen oder in Supermärkten zwei Euro mehr pro Stunde verdienen als im Hotel oder der Gaststätte, dürfe es niemanden wundern, dass sie sich neu orientieren.

"Die Probleme sind ja nicht neu"

Auch Thorsten Hartwig, Geschäftsführer des WelWel in Döbeln, berichtete gegenüber Saechsische.de, dass sich viele in der Branche umorientiert hätten. Auch er sucht neue Leute für die Küche und den Service. "Darüber hinaus würden wir gern wieder Trainer ausbilden."

Drei seiner Mitarbeiter seien während oder nach dem Lockdown abgesprungen. Corona, sagt Hartwig, war allerdings nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. "Die Probleme sind ja nicht neu: Arbeitszeit, Gehalt, dazu noch die hohen Erwartungen, die an Köche und Servicekräfte gestellt werden. Die Rahmenbedingungen sind denkbar schlecht. Natürlich entscheiden sich dann viele lieber für den Nine-to-Five-Job."

Lars Lemke, Geschäftsführer des Gastroservice Lemke aus Großweitzschen, erklärte gegenüber Saechsische.de, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt gewandelt habe. "Früher konnte man sich die Mitarbeiter aussuchen, das ist heute nicht mehr so. Die Leute wachsen eben nicht mehr am Baum." Wie der Sonnenhof sucht auch sein Unternehmen derzeit nach Verstärkung, um die bereits vorhandenen Kräfte zu entlasten.

Wertschätzung für die Branche kaum vorhanden

Thorsten Hartwig zufolge hätten sich die Prioritäten der Menschen verlagert. Früher habe man die Leute mit dem Kontakt zu den Gästen für die Branche gewinnen können. Mittlerweile würden jedoch auch im Gastro-Bereich Begriffe wie eine Work-Live-Balance mehr und mehr in den Fokus geraten.

Laut NGG-Geschäftsführer Lißner hätten Hoteliers und Wirte nun die Chance, die Branche neu aufzustellen. Zwar seien viele Firmen nach wie vor schwer durch die Pandemie getroffen. Doch wer künftig überhaupt noch Fachleute gewinnen wolle, müsse jetzt umdenken und sich zu armutsfesten Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen bekennen.

  • Sie haben Hinweise, Kritik oder Lob? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an[email protected]

Thorsten Hartwig sieht das Hauptproblem jedoch nicht nur in der Bezahlung, sondern vor allem in der geringen Wertschätzung, die dem Gastgewerbe zu teil wird. Die Gewinne für die Gastronomie, gerade in der Region, würden eher bescheiden ausfallen. "Die Bezahlung kann nicht besser sein, wenn überall gespart wird."

Bei der Agentur für Arbeit sind derzeit sieben offene Stellen im Gastgewerbe im Raum Döbeln registriert.