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So schützen sich die Sachsen angesichts steigender Corona-Zahlen

Impfen und Masketragen sind freiwillig. Aber wer macht das noch? Und wie sieht es in Sachsens Krankenhäusern und Pflegeheimen aus? Ein Überblick.

Von Kornelia Noack
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Trotz des des Infektionsgeschehens haben nur noch wenige eine Maske dabei.
Trotz des des Infektionsgeschehens haben nur noch wenige eine Maske dabei. © Julian Rettig/dpa

In Sachsen hustet, niest und schnupft es. Auch die Corona-Zahlen steigen wieder drastisch. Zwar sind schwere Verläufe seltener als in den Vorjahren. Doch bislang gibt es im Freistaat schon fast 50 Corona-Tote. Die Wartezimmer der Hausärzte sind voll. Sie fordern eine schnellere Wiedereinführung der telefonischen Krankschreibung. Doch trotz des Infektionsgeschehens sieht man kaum jemanden, der eine Maske trägt.

Wie sind die staatlichen Vorschriften?

Die letzten Corona-Beschränkungen wie eine Maskenpflicht liefen im Frühjahr aus. Aktuell haben weder das Robert Koch-Institut noch die Bundesregierung Vorschriften für Schutzmaßnahmen erlassen. Auch der Freistaat sieht keine Veranlassung für landesweite Corona-Regelungen. "Wir setzen weiterhin auf die Eigenverantwortung und Rücksichtnahme jedes Einzelnen", sagt eine Sprecherin des Sozialministeriums auf Anfrage.

Das sieht der Chef der Sächsischen Impfkommission, Thomas Grünewald, ähnlich. "Da es bereits sinnvolle und wirksame Maßnahmen zum Eindämmen von Infektionskrankheiten gibt, muss der Freistaat wegen Corona keine Sonderregeln erlassen", so der Infektiologe. Aber wie sind die freiwilligen Corona-Impfungen in Sachsen überhaupt nachgefragt?

Wer impft sich noch gegen Corona?

"Viele Menschen sind wegen des früher enormen öffentlichen Drucks, sich gegen Corona impfen zu lassen, verständlicherweise impfmüde", sagte Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Für Risikogruppen könne das jedoch problematisch sein. Menschen ab 60, mit schwachem Immunsystem und mit Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf und Diabetes sowie chronisch Kranken und Schwangeren wird deshalb eine Impfung gegen Corona empfohlen.

"Denn für besonders Gefährdete ohne Impfschutz kann Corona nach wie vor eine schwere Erkrankung sein", sagt Markus Beier, Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands. Die Ständigen Impfkommission (Stiko) empfiehlt ihnen alle zwölf Monate nach der letzten Impfung oder Erkrankung eine Auffrischung.

Eine Basisimmunität gegen Covid 19 haben Erwachsene unter 60 Jahren nach Einschätzung der Stiko in der Regel nach zwei Impfungen und einer Erkrankung oder nach drei Impfungen. Für gesunde Kinder und Jugendliche seien derzeit keine Impfungen notwendig.

Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung allerdings ist die Nachfrage nach Impfungen gegen Corona bundesweit "sehr gering". Für Sachsen spricht Torben Ostendorf, Vorsitzender des Sächsischen Hausärzteverbandes, von einer "moderaten Nachfrage". Die meisten Impfleistungen im Freistaat würden derzeit auf den Grippeschutz entfallen.

Verlässliche Zahlen zu nennen, wie viele Sachsen sich impfen lassen, ist schwierig. Die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) erfasst zwar die Abrechnungsdaten von Ärzten auch für Impfungen gegen Covid 19. Diese liegen jedoch nur mit zeitlichem Verzug von einigen Monaten vor. Das Robert Koch-Institut veröffentlicht ein Impfmonitoring anhand von Meldungen der Impfstellen.

Demnach wurden in Sachsen seit Pandemiebeginn rund 7,73 Millionen Impfdosen verabreicht. Ende November 2022 waren es 7,63 Millionen. Das bedeutet, dass innerhalb eines Jahres lediglich 100.000 Impfungen hinzugekommen sind.

Bislang haben sich knapp zwei Drittel der Sachsen zweimal gegen Corona impfen lassen. Nur jeder Zweite hat eine dritte Impfung, nur jeder Zehnte eine vierte. Eine vierte oder weitere Auffrischungsimpfung haben 6.200 Sachsen erhalten – bei mehr als vier Millionen Einwohnern im Freistaat.

Hilfreich wäre es laut Andreas Gassen, wenn es beim Corona-Impfstoff Einzeldosen und nicht noch immer Sechserpackungen geben würde. "Denn dafür müssen die Praxen gleich sechs Impfwillige zusammentelefonieren, um keine Dosen wegwerfen zu müssen", so der Kassenärztechef. Laut Kassenärztlicher Vereinigung Sachsen werden im Freistaat alle verfügbaren Impfstoffe verimpft. Nur die zugelassenen Einzeldosen von Moderna Spikevax XBB.1.5 würden nicht empfohlen.

Welche Regeln gelten in Krankenhäusern?

Wer in diesen Tagen einen Angehörigen im Krankenhaus besucht, mag sich wundern: Nur wenige Schwestern und Ärzte tragen einen Mund-Nasen-Schutz. Für Besucher gibt es oft nicht mal einen Hinweis, Maske zu tragen. Dabei hängt an etlichen Türen von Patientenzimmern ein roter Zettel: Achtung, nur mit Schutzkleidung betreten.

Krankenhäuser sind nicht gesetzlich verpflichtet, Regeln für Beschäftigte, Patienten und Besucher einzuführen. Heißt: Jede Klinik kann selbst darüber entscheiden. Jeder Besucher auch.

Beschäftigten im Chemnitzer Klinikum etwa wird seit Mitte November empfohlen, in den besonders sensiblen Bereichen zum Schutz der Patienten und auch zum eigenen Schutz einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Derzeit sind im Chemnitzer Klinikum 75 Patienten wegen und mit Corona in Behandlung (Stand 25. November). "Patienten werden nur getestet, wenn sie Symptome haben", sagt eine Sprecherin.

Im Universitätsklinikum Dresden gibt es derzeit keine Einschränkungen. Das Infektionsgeschehen sei moderat, die Zahl der Patienten rückläufig, sagt Sprecherin Nora Domschke. 40 Patienten werden vorrangig mit der Begleitdiagnose Corona versorgt, einer davon auf der Intensivstation (Stand 24. November). Planungen zu weiteren Maßnahmen gebe es im Uniklinikum nicht. Das könne sich aber ändern, sollte sich das Infektionsgeschehen verschärfen.

Das Görlitzer Klinikum wiederum hatte vergangene Woche die Empfehlung zum Tragen einer Maske für Besucher ausgesprochen.

"Der Umgang mit Corona in den Krankenhäusern hat sich wie erwartet normalisiert", sagt Thomas Grünewald, Leiter der Klinik für Infektions- und Tropenmedizin am Klinikum Chemnitz. Man gehe mit der Erkrankung inzwischen um wie mit anderen, seit Jahrzehnten bekannten respiratorischen Infektionskrankheiten. Auch die Sächsische Krankenhausgesellschaft meint: Die Klinken haben aus der Pandemie gelernt und hausinterne Regelungen für kritische Phasen aufgestellt.

Wie ist die Situation in Pflegeheimen?

Während der Pandemie galten Pflegeeinrichtungen als Corona-Hotspots, immer wieder kam es zu Ausbrüchen. In diesem Herbst sieht das anders aus, wie eine stichprobenartige SZ-Umfrage ergeben hat. "Wenn, dann haben die Bewohner leichte Erkältungssymptome und Fieber für ein bis zwei Tage", sagt Angelika Würzburg von der Diakoniestiftung Sachsen. "Der Krankenstand sowohl bei Bewohnern als auch bei Mitarbeitern bewegt sich im normalen saisonalen Bereich", sagt auch Gerrit Kober von der Seniorenheime Freiberg GmbH.

Ob sich Bewohner gegen Corona impfen lassen, so wie es die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt, liegt im Verantwortungsbereich der Hausärzte. Insgesamt sei die Nachfrage gering. Deutlich häufiger würden sich Bewohner gegen die normale Grippe impfen lassen.

Da es auch für Pflegeheime keine gesetzlichen Vorgaben für Corona-Schutzregeln gibt, entwickelt jede Einrichtung ihre eigenen – insbesondere für den Fall, dass die Erkrankungszahlen steigen. "Corona gilt nunmehr als eine Infektionserkrankung unter vielen und wird normal in den Hygieneanforderungen der Einrichtungen verankert", erklärt Ulrike Novy von der Arbeiterwohlfahrt Sachsen.

Wieder eine Maskenpflicht einzuführen, ist für Markus Krämer von der Diakonie Marienberg derzeit nicht denkbar. Auch Gerrit Kober hielte es für "unverhältnismäßig", bei der aktuellen Lage eine Maskenpflicht vorzuschreiben.

Hinzukommt: Im Gegensatz zu den ersten beiden Jahren der Pandemie sind die Einrichtungen nun ausreichend mit Masken und Schutzmaterialien versorgt.

Wer impft überhaupt?

Corona-Impfungen übernehmen in Sachsen die Hausärzte.

Seit letztem Herbst dürfen auch Apotheken Grippe- und Coronaschutzimpfungen anbieten. Allerdings nur für gesetzlich krankenversicherte Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Boten das 2022 nur vereinzelt Apotheker an, sind es derzeit sachsenweit 350. Ob die eigene Apotheke dabei ist, lässt sich hier recherchieren: www.apoguide.de