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Cricket-Boom in Bautzen

Unter den Flüchtlingen, die nach Deutschland gekommen sind, gibt es auch viele Cricketfans. Ein Projekt in Bautzen zeigt, wie Cricket ihnen im Alltag helfen kann.

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© dpa

Bautzen. Zwei dumpfe Schläge mit einem großen Holzschläger auf den Boden, ein lautes Krachen, Jubelschreie. Wenn Ahmad Irshad und seine Freunde zusammen Cricket spielen, sind sie mit vollem Einsatz dabei. Für sie ist der Sport mehr als nur Zeitvertreib, er ist ihr Lebensmittelpunkt. Ahmad und seine Mitspieler sind fast alle Füchtlinge, haben politische Verfolgung, Angst, Terror und Entbehrung hinter sich. Jetzt sorgen sie für einen kleinen Cricket-Boom.

„Cricket bedeutet mir so viel wie mein Leben. Alles, was ich in meinem Leben will, ist Cricket spielen“, sagt Ahmad und wirkt dabei den Tränen nahe. Der junge Mann stammt aus Pakistan. Er wurde politisch verfolgt und musste fliehen. In Pakistan, Indien und Afghanistan ist Cricket das, was Fußball in Deutschland ist: Nationalsport.

Beim Cricket werden Läufe gezählt. Die Anzahl der Würfe ist unter anderem dadurch reguliert, wie gut der Spieler mit dem Schläger den Ball trifft. Spielt er perfekt, kann ein Spiel sehr, sehr lange dauern.

Jüngst spielte die Mannschaft von Ahmad, der MSV Bautzen, gegen den Ligarivalen aus Berlin. Die Stimmung war friedlich, die Spieler umarmten sich gegenseitig bei der Begrüßung. In der Pause wurde Selbstgekochtes gegessen. Während des Spiels beteten einige Spieler abseits des Platzes.

Das Bautzner Team spielte nicht so gut wie zuvor. Am Ende verlor es 184:185. Trotzdem: Dank nun fünf Siegen aus sieben Spielen und guten Werten hat die Mannschaft noch die Chance auf den Aufstieg in die Bundesliga. Und das gleich nach der ersten Saison und obwohl die Abteilung erst vor etwas mehr als einem Jahr gegründet wurde.

Daran beteiligt war im Wesentlichen auch der Verein „Schüler für Flüchtlinge“ aus Bischofswerda. Bei Besuchen in Flüchtlingsheimen wurden sie auf die Cricket-Lust aufmerksam. Der MSV Bautzen zeigte sich bereit, eine Abteilung aufzunehmen. Dort wurden die neuen Mitglieder erst kritisch beäugt und dann akzeptiert. Mittlerweile kommen auch einige Zuschauer zu den Spielen.

„Cricket ist, glaube ich, das Einzige, bei dem sie abschalten können und nicht denken ’Ich bin Flüchtling, mich mögen die nicht‘“, sagt Anna-Sophie Pohl, die die Mannschaft seit der Gründung mitbetreut. Nach bestandenem Abitur fährt sie die Männer zum Training, begleitet sie zu Spielen, feuert sie an. Rund 40 Mitglieder hat die Mannschaft und soll ein bisschen Normalität bieten. „Es fühlt sich mittlerweile an wie in einer Familie“, sagt Ahmad.

Allerdings kämpfen die Cricketspieler mit Problemen, wie sie viele Vereine haben: Es fehlt das Geld. Ein Cricketschläger kostet um die 300 Euro, dazu kommen Schutzkleidung, Auswärtsfahrten und Mitgliedsbeiträge. „Die Hürde ist immer die Finanzierung“, sagt René Mütze vom Verein „Schüler für Flüchtlinge“. Die Kosten würden sogar noch deutlich höher, sollte es die Mannschaft tatsächlich in die Bundesliga schaffen. Deshalb hofft die Abteilung auf einen Sponsor. (dpa)