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Crystal gegen Hunger und Angst

Sozialarbeiter Thorsten Deigweiher von der Treberhilfe über Obdachlosigkeit in Dresden.

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Thorsten
Deigweiher
Thorsten Deigweiher © Sven Ellger

Von wie vielen Obdachlosen gehen Sie momentan aus?

Genau wie die Stadt können wir nur schätzen. Wir als Treberhilfe gehen im Moment von rund 800 Menschen aus, die wohnungslos (ohne Wohnsitz) oder obdachlos (draußen schlafen) sind.

Immer wieder ist die Rede davon, dass der Frauenanteil ansteigt, können Sie das bestätigen?

Das wechselt immer. Hier kommen neben Stammgästen auch immer wieder neue Leute. Mal sind mehr Frauen dabei, dann wieder weniger. Vor allem den Osteuropäern sind Frauen und Kinder dabei.

Wie hoch ist denn der Anteil der Osteuropäer, die zu Ihnen kommen?

Genaue Zahlen habe ich nicht, aber es kommen neben vielen Deutschen auch viele Menschen aus Osteuropa, vor allem aus der Slowakei. Einige sind hier hängen geblieben, da ihnen der versprochene Lohn von Firmen nicht gezahlt wurde und sie nun kein Geld für die Heimreise haben.

Sind auch Familien dabei, die in der Stadt um Geld betteln?

Ja, die kommen auch zu uns.

Wo schlafen diese Menschen?

In Parks, in der Heide oder in ihren Autos auf Parkplätzen. Jetzt im Winter auch in den Heimen der Stadt oder in den Nachtcafés. Ähnlich, wie es auch die deutschen Obdachlosen machen.

Gibt es da auch wechselnde Wohnungen, in denen sie schlafen?

Genau, da wird mal bei dem oder einem anderen Freund geschlafen. Manchmal viele Menschen zusammen in einem Zimmer.

Spielt Drogenkonsum bei der Obdachlosigkeit eine Rolle?

Auf jeden Fall. Crystal ist noch immer ein Thema. Viele nehmen das, um wach zu bleiben und das Hunger- und Angstgefühlen zu unterdrücken.

Sie wollen wach bleiben, um nicht bestohlen zu werden?

Genau, um auf ihre Sachen in der Nacht achten zu können. Aber auch, um in der Dunkelheit, wenn sie niemand sieht und es ihnen nicht so peinlich sein muss, in den Papierkörben nach Pfandflaschen zu suchen. Vielen von unseren Gästen gehen die ganze Nacht auf Tour, sammeln Pfand, geben den dann gleich bei Supermarkt-Öffnung ab und kommen danach zum Aufwärmen zu uns.

Die Fragen stellte Julia Vollmer