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Darts wird weiblich

Erstmals werfen zwei Frauen ihre Pfeile bei der WM. Das Bild in der von Männern beherrschten Branche wandelt sich.

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Lisa Ashton ist amtierende Weltmeisterin. Die 48-jährige Britin spielt jetzt gegen Männer.
Lisa Ashton ist amtierende Weltmeisterin. Die 48-jährige Britin spielt jetzt gegen Männer. © Getty Images

Von Christina Schröder

Nach der Auslosung war Jan Dekker erst einmal bedient. "Es wird richtig schwer. Es ist ein Spiel, bei dem ich eigentlich nur verlieren kann", sagte der Dartsprofi aus den Niederlanden. Zum Auftakt der WM am Donnerstag erwischte er Lisa Ashton als Erstrundengegnerin - eine von zwei Frauen, für die erstmals Startplätze beim Saisonhöhepunkt im berühmten Alexandra Palace in London reserviert wurden.

Frauen kommen in der testosteron-durchtränkten Darts-Szene bislang praktisch nicht vor - zumindest vor der Scheibe. Die nicht selten bierseligen männlichen Fans, die im legendären "Ally Pally" Jahr für Jahr meist unter Ihresgleichen eine gigantische WM-Party feiern, dürften die pfeilewerfenden Frauen bestenfalls als willkommenen Farbtupfer wahrnehmen - schlimmstenfalls als unverschämte, die Traditionen missachtende Provokation.

Zweiter WM-Auftritt für Dobromyslowa

Denn das bisher stumpfe Frauenbild im Darts soll sich wandeln. Erst wurden zu Jahresbeginn die "Walk-on-Girls", die die Spieler durch die Zuschauermassen zur Bühne begleiteten, abgeschafft. Jetzt stehen Frauen, die auf der bekannteren und lukrativeren Tour der Professional Darts Corporation (PDC) bisher keine Rolle spielten, auf der Teilnehmerliste.

Die Engländerin Ashton und die Russin Anastassija Dobromyslowa schnappten sich ihre Startberechtigung bei Qualifikationsturnieren. Beide gehören in der Frauenszene seit Jahren zur Weltspitze: Die amtierende Weltmeisterin Ashton gewann insgesamt vier WM-Titel der British Darts Organisation (BDO), Dobromyslowa drei.

Die 34 jahre alte Russin stand bei der PDC-WM 2009 sogar schon einmal auf der großen Bühne im "Ally Pally". Dort schied sie zwar direkt in der Vorrunde aus, triumphierte aber später beim Grand Slam of Darts über Vincent van der Voort, der sich deswegen auch zehn Jahre später noch Frotzeleien seiner Kollegen anhören muss.

"Wir Leben in sich verändernden Zeiten", sagte Barry Hearn dem Daily Telegraph. Der Schirmherr der WM gilt eigentlich selbst als Typ der alten Schule. Er machte die PDC-Tour groß, kreierte mit der WM ein Party-Event mit Bierlaune. Männer wie Darts-Legende Phil Taylor oder der zweimalige Weltmeister Michael Van Gerwen wurden dank Hearn zu Preisgeldmillionären.

Von dem Geld, das ihre männlichen Konkurrenten verdienen, können Darts-Spielerinnen nur träumen. Als Weltmeisterin des kleineren Verbandes BDO durfte sich die 48-jährige Ashton über 10.000 Pfund freuen - bei der PDC wird allein der Erstrundensieg mit 15.000 Pfund belohnt.

Lob von Ex-Weltmeister van Gerwen

Zwar ist Darts kein Sport, bei dem die Physis des Mannes ein Vorteil sein könnte. Doch wegen des geringen Interesses und der fehlenden Sponsoren gibt es für die Frauen kaum Möglichkeiten, Wettbewerbe auf dem Niveau der Männer zu absolvieren.

Hearn sagt, er könne Frauen nur die gleichen Wettbewerbsbedingungen geben, die Leistung müssten sie selbst bringen. Darts-Ass van Gerwen traut seinen weiblichen Konkurrentinnen indes einiges zu. Jüngst prognostizierte er im niederländischen Fernsehen einen Zweitrundeneinzug von Dobromyslowa, die am Montag gegen den Briten Ryan Joyce antritt.

"Wir werden herausfinden, wie gut sie sind, manche dieser Mädels können wirklich spielen", sagte der 70 Jahre alte Hearn. Dass er die zwei Startplätze für Frauen freigegeben hat, ist nicht aus gutem Willen passiert, glaubt Dobromyslowa.

"Wer Barry kennt, der weiß, dass er das nicht einfach so und ohne guten Grund macht", sagte die Dobromyslowa der Welt am Sonntag. Sie ist der Meinung, dass der Promoter die Bühne der WM in London nutzt, um die Aufmerksamkeit für eine zukünftige Turnierserie für Frauen zu nutzen. Dobromyslowa wäre das nur recht. (sid)