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Das Loch in der Westtangente

Die Ruhe für den Ortskern von Cotta hängt von einem Stück Papier ab. Auf das wartet die Stadt aber schon lange.

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© René Meinig

Von Jana Mundus

Es sind nur wenige 100 Meter auf der gut zehn Kilometer langen Strecke. Doch die ergeben dann eben doch eine Lücke. Seit Jahrzehnten träumen Dresdens Stadtplaner vom Äußeren Stadtring, auch Stadtring West genannt. Der soll den Durchgangsverkehr aus dem Zentrum fernhalten. Verschiedene Nadelöhre entschärfte die Stadt schon. Die Löbtauer Brücke wurde errichtet, die Nürnberger Straße ausgebaut und die Washingtonstraße samt Brücke über die Flutrinne neu geschaffen. Aber ein kleines Stückchen Altcotta durchkreuzt immer noch die Pläne. Eine Straße zwischen Flügelweg und Werkstättenstraße ist seit Ewigkeiten angedacht, kommt aber nicht. Dresdens Straßenbauamtsleiter Reinhard Koettnitz hat trotzdem noch Hoffnung.

Für Fotograf Christian Kahle ist genau diese Situation ideal. Der Nachschub an Kunden funktioniert. Durchschnittlich alle drei Minuten stoppen Bus oder Bahn am Haltepunkt Altcotta. Gleich vor dem historischen Rathaus im Ortskern. Direkt gegenüber seinem Laden auf dem Areal „Am Frosch“. Das Fotogeschäft läuft. Dass es dort ab und an recht laut ist, wenn draußen zusätzlich zig Autos im Minutentakt vorbeirollen, stört ihn wenig. „Das ist doch schön, da ist immer etwas los“, sagt er, während ein großer Laster lautstark vorbeipoltert. Da steht schon der nächste Kunde im Geschäft und möchte Passfotos. Das nahe Ortsamt mit seiner Stelle für Passangelegenheiten: ein Segen.

Erfolgreicher Hürdenlauf

Es ist nicht unerheblich, was sich da durch Altcotta schlängelt. Fast 18 000 Fahrzeuge pro Tag sind es auf diesem Abschnitt der Lübecker Straße zwischen Tonbergstraße und Emerich-Ambros-Ufer. Fünf Prozent davon sind Laster. Gut 12 200 Autos zu viel macht das in 24 Stunden. Diese Anzahl ist täglich in Richtung Stadt unterwegs – und sollte eigentlich schon seit Jahren einen ganz anderen Weg nehmen.

Bereits 1997 hatte der Stadtrat den Vorplanungen für eine geänderte Straßenführung zugestimmt. Die soll den Verkehr über eine neu gebaute Straße an der Weißeritz direkt vom Flügelweg in Richtung Werkstättenstraße auf das Emerich-Ambros-Ufer leiten. Während die Fahrbahn auf der anderen Seite der Weißeritz schon viele Jahre in Richtung Elbepark führt, klemmt es auf der anderen. Das gut 270 Meter lange Teilstück fehlt.

Die Stadt würde gern weiterplanen, darf es im Moment aber nicht. „Gegenwärtig läuft das Planfeststellungsverfahren unter Federführung der Landesdirektion Sachsen“, erklärt Straßenbauamtsleiter Reinhard Koettnitz. Die Unterlagen und Pläne für die neue Straße lagen Ende 2012 öffentlich aus. Im Frühjahr 2014 gab es dazu dann ein Anhörungsverfahren, bei dem Probleme zur Sprache kamen. Die sind jedoch schon lange aus dem Weg geräumt.

Problem eins: ein Investor. Jahrelang plante die Centerscape Delta 1 GmbH aus Hannover ein Einkaufszentrum auf dem Areal „Am Frosch“. Der Stadtrat hatte dem Vorhaben zugestimmt. Nur kollidierten die Pläne nach Ansicht des Freistaats mit den Planungen für den Äußeren Stadtring. Die Landesregierung forderte die Aufhebung des Bebauungsplans. Ein Streit zwischen dem Investor und einer von ihm beauftragten Firma spielte der Stadt in die Hände. Seit Anfang 2015 ist der Bebauungsplan Geschichte, der Beschluss dazu aufgehoben.

Auch das zweite Problem hat die Stadt gelöst. Bis Ende 2017 muss sie einen Teil der Flächen der Landestalsperrenverwaltung zur Verfügung stellen. Diese nutzt das Gelände als Lagerplatz während der Arbeiten zum Ausbau der Weißeritz. Darüber gibt es Verträge. Nach dem Ende der Bauarbeiten könnte die neue Straße endlich kommen. Theoretisch.

Warten auf Bewegung

Praktisch wartet die Stadt Dresden seit April 2014 auf den Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion. Damals hatte die Stadt die Behörde darüber informiert, dass die letzten Fragen geklärt wären. Doch bisher tat sich nichts. Das Straßen- und Tiefbauamt ist in dieser Sache zur Untätigkeit verdammt. „Nach Vorlage des Planfeststellungsbeschlusses wollen wir die Planung weiterführen und die Ausführung vorbereiten“, sagt Koettnitz. Dann wird auch genau gerechnet, was die 270 Meter Lückenschluss kosten werden. Gebaut werden kann am Ende aber nur, wenn die Stadt das bezahlen kann, fügt der Amtsleiter hinzu. Die letzte Bremse ist das Geld. Wenn es noch etwas dauert, Fotograf Christian Kahle wäre nicht böse darüber. „Wenn die Straße hinter dem Gebäude entlangführt, wäre das nicht mehr so ideal.“