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Das schmucke Haus im Zittauer Norden

Die SZ erinnert an Gebäude und Menschen, die jeder kennt, aber nicht mehr da sind. Heute: das Eckartsberger Schlössel.

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Von Arndt Bretschneider

Seit wann es seinen Namen hat, ist nicht bekannt und auf Eckartsberger Flur stand das Eckartsberger Schlössel auch nie, sondern seit eh und je auf Zittauer. Unbekannt ist ebenso sein tatsächliches Baujahr. Carl Gottlob Moraweck gibt 1579 an in seiner Schrift „Geschichte des zur Stadt Zittau gehörenden sogenannten ,Schlösschens am Eckartsberg’“. Das Schlössel, das nie ein richtiges Schloss war, ist nach Moraweck über 400 Jahre alt geworden, ehe nach längerem Leerstand und Verfall in den Jahren 1987/88 der Abriss erfolgte.

Heute ist an dem Standort nur noch eine Wiese.
Heute ist an dem Standort nur noch eine Wiese. © privat

Kein Adliger hatte sich das große, von einem Doppelwalmdach mit Ochsenaugen gekrönte Wohngebäude errichten lassen, sondern die Stadtväter von Zittau. Es wurde eine Art Vorwerk im schwächer besiedelten Zittauer Norden, malerisch erhöht überm Eckartsbach gelegen und nach Jahren von einem spätbarocken Lustgarten mit anschließenden Kirschgarten flankiert. Wer der oder die ersten Pächter waren, ist nie mehr ermittelbar, fielen doch die Bauakten im Siebenjährigen Krieg dem großen Stadtbrand zum Opfer.

Aber unter dem Besitz des Zittauer Kaufmanns Rosenkranz wurden Anfang des 19. Jahrhunderts alle Gebäude samt Garten instand gesetzt und erhielten wohl das Aussehen, das einigen noch in Erinnerung ist. Kurz vor dem Eisenbahnzeitalter pachtete die Zittauer Kaufmanns-Societät den mit ansprechenden Plastiken und einem Brunnen verzierten Garten. Eine öffentliche Gartenwirtschaft folgte und man pilgerte bei schönem Wetter in Scharen hierher. Das Hauptgebäude hatte einen gedrungenen rechteckigen Grundriss. An der Südseite luden unter der Dachtraufe schmucke Lettern ein in die Restauration Eckartsberger Schlösschen. Im Obergeschoss befand sich ein kleiner Saal, dessen Fenster eine lichte Höhe von vier Metern hatten, während sie im Parterre nur 2,80 Meter hoch waren – den Raumhöhen angepasst. Oben befanden sich auch die Wohnräume des Pächters oder Besitzers, während unten die Küche und Vorratsräume waren und das Gesinde wohnte. Auf dem Schlussstein über der Haustür stand renoviert „Anno 1740“. Lange hielt sich die Windfahne auf dem Dach mit den Buchstaben G.A.R. und der Jahreszahl 1804. Bis heute gibt es in der Weststadt mit der Burgmühle, in der Südstadt mit dem deutlich jüngeren Schützenhaus und in der Oststadt mit dem gleichalten Komturhof drei ähnliche Gebäude wie das Schlösschen.

Mitte des 19. Jahrhunderts fand man rings ums Schlösschen Braunkohle, legte Schächte und Stollen überwiegend in Richtung Löbauer Landstraße/Kummersberg an. Ein Bergwerksgebäude entstand auf den leicht abschüssigen Wiesen in Richtung Nordstadt. Das Steigerhäuschen ist heute noch erkennbar. Der Oberseifersdorfer Karl August Gerlach, geboren 1823, mutierte um 1850 zum Bergwerksbesitzer hier und in Olbersdorf. Er erreichte ein hohes Alter und hat die Schließung seiner Braunkohlenschächte wegen Auskohlung einige Jahre überlebt. Sein von den Nachfahren gepflegter Grabstein befindet sich auf dem Zittauer Frauenfriedhof.

Bei einem Hochwasser des Eckartsbachs, nach dessen Regulierung 1950/51, war dieser über die Ufer getreten und verschwand für Stunden in einem Kohleschacht, der anscheinend nur knapp unter der Erdoberfläche lag. Seitdem gab es keinerlei Pläne mehr, dort die F 178 entlangzuführen, Neubauten oder Einfamilienhäuser zu gestatten. Die Eckartsberger vom Mitteldorf freut die Verhinderung einer Zersiedelung der Landschaft bis heute.