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Das Waldhotel als Flüchtlingsheim?

Der Hotelbesitzer möchte das Haus für Asylsuchende zur Verfügung stellen. Doch Weinböhlas Bürgermeister ist dagegen.

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Weinböhla. Die Facebook-Nachricht vom „Waldasylhotel Weinböhla“ verbreitete sich binnen weniger Stunden. Darin hieß es, über 200 Asylsuchende sollten für zehn Jahre in dem Haus untergebracht werden. Und: Die öffentliche Sitzung dazu fände am 24. September im Stern Riesa statt. Wie viel davon ist Gerücht, wie viel Wahrheit?

Das Landratsamt Meißen bestätigt, dass sich der Hotelbesitzer mit dem Angebot an den Landkreis gewandt hat, das Haus als Asylheim zu nutzen. Der Landkreis habe der AG Asyl – bestehend aus den Kreisräten der Fraktionen – das Angebot vorgestellt und den Auftrag erhalten, es zu prüfen.

Kreistag entscheidet

„Grundsätzlich ist jedes Hotel geeignet“, heißt es aus der Pressestelle des Landratsamts. In diesem Fall habe der Besitzer auch einen sehr guten Leumund. „Ihm gehört das Hotel in Bautzen, das ebenfalls als Flüchtlingsheim genutzt wird.“ Die AG Asyl legte anschließend fest, dass der Kreistag darüber entscheiden muss. Dieser tagt nächste Woche Donnerstag in der Riesaer Stadthalle Stern.

Strikt gegen eine solche Nutzung des Waldhotels ist allerdings kein Geringerer als Weinböhlas erster Mann, der neu gewählte Bürgermeister Siegfried Zenker (CDU). „Kurz nach meinem Amtsantritt im August habe ich erfahren, dass das Waldhotel wirtschaftlich nicht profitabel betrieben wird und als Hotel keine nachhaltige Perspektive hat“, sagt er. Sofort sah er die große Chance, in dem Objekt ein neues Angebot an betreutem beziehungsweise altersgerechtem Wohnen in Weinböhla zu schaffen. Das in Weinböhla zweifelsfrei dringend benötigt werde, betont er. „Denn die Möglichkeit, einen Investor für einen Neubau zu finden, ist in der Vergangenheit schon gescheitert.“ Er nahm Kontakt zu potenziellen Trägern auf. Mit sehr positiver Resonanz. Zenker zufolge wird diese Nutzung auch von allen Gemeinderäten einstimmig getragen.

Völlig überraschend erreichte ihn dann Ende August die Information von der angedachten Verwendung als Asylbewerberheim. „Ich möchte die beiden Nutzungsalternativen nicht gegeneinander ausgespielt wissen“, sagt er. „Beides ist wichtig.“ Weinböhla wolle sich beim Thema Asyl nicht aus der Verantwortung ziehen.

Deshalb hat er dem Landratsamt einen Standort an anderer Stelle in der Gemeinde angeboten. Gleich mit Betreiber. „Wir würden uns sogar mit beteiligen“, unterstreicht er. Damit wäre diese Option noch kostengünstiger für die Kreisbehörde. Auch gab es mittlerweile Gespräche zwischen einem möglichen Träger für ein betreutes Wohnen und dem Hotelbesitzer.

Darum appelliert Siegfried Zenker nun an das Landratsamt, den Eigenbedarf der Gemeinde für ein betreutes, altersgerechtes Wohnen anzuerkennen, und bittet um die zeitliche Zurückstellung der Abstimmung um wenigstens ein bis zwei Monate.

Heftige Diskussionen im Netz

Auf Facebook hat die Nachricht indes lange Diskussionen ausgelöst. Eine Nutzerin schimpft: „Das Waldhotel war bestimmt nie in den schwarzen Zahlen. Nun bekommt er massenweise Geld von unseren Steuergeldern. Und was machen wir, die Anwohner? Wir geben das Geld für weitere Alarmanlagen und Zusatzversicherungen aus. Ein anderes Mitglied in der Facebook-Gemeinschaft besänftigt: „Wartet doch mal ab! Siegfried Zenker kämpft dagegen! Also stärkt ihm den Rücken!“ Darauf folgt die Antwort: „Was hat ein BM denn wirklich zu bestimmen? Nix.“

Das Echo lautet: „Und genau das ist es, was mich ärgert! Schon von vornherein die Flinte ins Korn werfen und abwarten. Danach noch schön im Netz jammern und meckern, bringt absolut null. Eins ist Fakt, hier brennt der Baum, wenn einfach weiter über unsere Köpfe entschieden wird. Von daher ab auf die Straße ... von nichts wird nichts.“

Als Frechheit bezeichnet hatte der Verfasser der Ursprungsnachricht schon in seiner ersten Meldung dazu, dass eine Bürgerversammlung erst nach der Beschlussfassung erfolgen soll. Weshalb er dazu aufrief, eine Demonstration zu organisieren: „Bitte fahrt nach Riesa oder geht auf die Straße“, schrieb er. Im Laufe der Facebook-Unterhaltung fanden denn auch lose Verabredungen für Riesa und Weinböhla statt.

Inzwischen hat der Verbreiter der Ursprungsmeldung noch einmal nachgelegt und einen Handzettel zum Ausdrucken und Weiterverteilen gepostet. „Waldasylhotel Weinböhla kommt doch!“, ist er überschrieben. Damit will er zum zahlreichen Kommen nach Riesa mobilisieren. Der Abschlusssatz lautet: „Weinböhla ist unsere Heimat, und wir entscheiden, was hier geschieht!“.