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„Das war ein Durchläufer, Herr Orlowski“

Generationen von DDR-Bürgern kennen „Tele-Lotto“ aus dem Fernsehen. Im Spanischen Hof lebt die Sendung wieder auf.

Von Jörg Richter
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Im Internet kann man heute noch Videoaufnahmen von Tele-Lotto ansehen. Die Schnecke mit den flachen Zahlen-Kegeln weg Erinnerungen.
Im Internet kann man heute noch Videoaufnahmen von Tele-Lotto ansehen. Die Schnecke mit den flachen Zahlen-Kegeln weg Erinnerungen. © Eric Weser

Gröditz. Das Fernsehprogramm der DDR war viel mehr als „Der schwarze Kanal“ oder „Die Aktuelle Kamera“. Wer erinnert sich nicht gern an Unterhaltungssendungen wie „Ein Kessel Buntes“, „Spielspaß“, „Alles singt“ oder „Der Wunschbriefkasten“?

Eine Vorabendsendung hatte Kultstatus: Tele-Lotto. Jeden Sonntag ab 19 Uhr schalteten Millionen DDR-Bürger den Fernseher an und verfolgten die Ziehung der Lottozahlen. Auch Leute, die selbst nicht spielten, hatten Freude an dieser Sendung. Denn je nachdem, welche Glückzahl gezogen wurde, gab es einen Fernsehbeitrag. Jede Zahl von 1 bis 35 hatte ihre feste Rubrik. 

Die Kinder warteten gespannt, dass die Kugel auf der Tele-Lotto-Schnecke den Kegel mit der Nummer 32 traf. Das bedeutete, dass ein Trickfilm eingespielt wurde. Die Eltern fieberten der 19 zu, weil sich damit ein Kurzkrimi verband. Oma und Opa freuten sich auf die 4 (Blasmusik) oder 23 (Operette).

Und wenn einmal eine Kugel einen bereits umgeworfenen Kegel traf, sagte der Ziehungsleiter zu seinem Assistenten: „Das war ein Durchläufer, Herr Orlowski.“ Dann musste Herr Orlowski – oder Herr Rohr, je nachdem, wer mit auf Sendung war – die Kugel noch mal neu starten. Etwa einmal pro Monat hörten die Zuschauer diesen Satz, der im DDR-Alltag fast schon zu geflügelten Redewendung wurde.

Schwierige Recherche

Auch Anett Leichner kann sich noch lebhaft an die Tele-Lotto-Sendungen erinnern. „Ich musste immer für meine Großmutti die Gewinnzahlen aufschreiben“, erzählt sie. Die 43-Jährige arbeitet im Marketingbereich des Spanischen Hofs in Gröditz. Dort wird Tele-Lotto am kommenden Sonnabend wieder lebendig. Anett Leichner hat für diesen Abend die Leipziger Schauspieltruppe „Bühne LE“ gebucht. Sie tritt seit Jahren beim Krimi-Dinner in der Stadt auf.

Passend zum 30. Jubiläum des Mauerfalls haben die Leipziger das Bühnenstück „Tele Lotto – eine ostalgische Ziehung“ geschrieben. „Wir haben wahnsinnig viel recherchiert“, berichtet Schauspielerin Sandra von Holn. In öffentlichen Bibliotheken habe es leider kaum Videoaufzeichnungen gegeben.

 Die gebürtige Hannoveranerin, die seit 1996 in Leipzig lebt, kannte bis dahin das Tele-Lotto nicht. Aber ihre ostdeutschen Kollegen schwärmten davon und hatten jeder seine privaten Erinnerungen daran. „Uns war es wichtig, dass unser Theaterstück nicht oberflächig, sondern wertschätzend ist“, sagt Sandra von Holn. 

Was daraus geworden ist, davon können sich die Gäste im Spanischen Hof am Sonnabend ab 19 Uhr selbst überzeugen. Dabei soll es tatsächlich zu einer Tele-Lotto-Ziehung kommen, bei der die Besucher mit den meisten richtigen Zahlen auch etwas gewinnen können.

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