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Geheime Experimente an DDR-Sportlern

Eine ARD-Doku zeigt, wie in der DDR Amateursportler als Versuchskaninchen missbraucht wurden. Alles nur für ein paar Medaillen?

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Die Leistungen der DDR-Spitzensportler (wie hier die 50-Kilometer-Geher bei Olympia 1972) sollten mit an Amateursportlern getesteten Trainingsmethoden verbessert werden.
Die Leistungen der DDR-Spitzensportler (wie hier die 50-Kilometer-Geher bei Olympia 1972) sollten mit an Amateursportlern getesteten Trainingsmethoden verbessert werden. © dpa

Frankfurt/Main. Leber- und Muskelbiopsien, hohe Dosen von Anabolika mit Spätfolgen: Die ARD-Dokumentation "Menschenversuche - Die heimlichen Experimente im DDR-Sport", die am Freitag (19.05 Uhr) in der ARD gezeigt wird, enthüllt ein dunkles Kapitel des SED-Staates. Nämlich den Missbrauch von Freizeitsportlern als "Versuchskaninchen" für die Topsportler. Experimente, die den Stars nicht zugemutet werden, deren fragwürdige wissenschaftliche Ergebnisse sie aber leistungsfähiger machen sollten.

In der DDR sind laut ARD-Doku spätestens seit Beginn der 70er Jahre und bis kurz vor dem Mauerfall Experimente an Freizeitsportlern durchgeführt worden. Dieser Aspekt habe in der Aufarbeitung des DDR-Staatsdopings, ganz im Gegensatz zu Doping an Spitzen- und Kadersportlern, bislang praktisch keine Beachtung gefunden, hieß es in einer ARD-Mitteilung.

Anabolika in sehr hohen Dosierungen

In dem Film wird von Gewebeabnahmen in den Muskeln und in der Leber berichtet, bei denen das Zwerchfell durchstoßen wurde. Die Bilder dieser extrem schmerzhaften Prozedur sind in einem geheimen Film von 1976 enthalten, der für die Mitglieder des SED-Politbüros bestimmt war. Weitere ARD-Recherchen in Stasi-Akten und Dokumenten belegen zudem Doping-Experimente an Freizeitsportlern.

Einer von ihnen war der damalige Hobbyläufer Hans-Albrecht Kühne, der im Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport (FKS) in Leipzig anabole Dopingmittel wie Depot-Turinabol und STS 648 verabreicht bekam - in sehr hohen Dosierungen. "Die DDR-Wissenschaftler testeten davon mehrere Varianten, sie alle waren für die Anwendung am Menschen nicht freigegeben", hieß es in einer ARD-Mitteilung.

Mehrere hundert Betroffene

Biopsien und die Dopingsubstanzen schädigten sein Lymphsystem in den Beinen, führten zu Depressionen und Selbstmordgedanken. "Ich hatte überall im Körper Schmerzen, auch am anderen Tag brannte meine Seele", sagte Kühne vor der ARD-Kamera. Experimente mit Freizeitsportlern gab es auch in anderen Sportarten wie Schwimmen.

"Wenn wir davon ausgehen, dass über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren am FKS Forschungskonzeptionen in einer großen Fülle entwickelt und durchgeführt wurden, dann reden wir hier nicht von Einzelpersonen, sondern von mehreren hundert", sagte Anne Drescher, Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur in Mecklenburg-Vorpommern der ARD. (dpa)