Merken

Der Enkel überbringt den großen Schatz

Die Stadt bekommt weiteren Nachlass vom bedeutenden Görlitzer Archivar Richard Jecht.

Von Daniela Pfeiffer
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Ekkehard Jecht erzählt seine Erinnerungen an den 1945 gestorbenen Großvater, links sitzt seine Ehefrau.
Ekkehard Jecht erzählt seine Erinnerungen an den 1945 gestorbenen Großvater, links sitzt seine Ehefrau. © Pawel Sosnowski

Ein größeres Geschenk zu Weihnachten könne man ihm nicht machen. Und zwar bis zu seinem Ruhestand als Stadtarchivar nicht. Ergriffen verneigte sich Siegfried Hoche vor Dr. Ekkehard Jecht und dankte ihm. Der Arzt ist der Enkel vom bedeutenden Görlitzer Stadtarchivar, Historiker und Ehrenbürger Richard Jecht (1858-1945). Zusammen mit seiner Frau war er am Donnerstag extra aus Nürnberg nach Görlitz gekommen, um den restlichen Nachlass seines Großvaters zu überbringen – symbolisch jedenfalls. Denn die wertvolle Fracht war in Görlitz schon eher angekommen, sodass Archivar Hoche bei einer Pressekonferenz bereits einige der kostbaren Hinterlassenschaften präsentieren konnte.

Darunter eine originale Schellackplatten-Aufnahme. „Die hat mich erschaudern lassen“, sagt Siegfried Hoche. Denn darauf hat er zum ersten Mal die Stimme seines großen Vorgängers hören können. Es ist der Mitschnitt eines Rundfunkbeitrags von Radio Breslau von 1932, in dem Jecht über die Bedeutung der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften spricht. Hoche fand in Leipzig eine Spezialfirma, die die Aufnahme auf moderne Tonträger übertragen konnte. „Ich habe es auf der Autofahrt angehört und hatte Gänsehaut, denn genau so hatte ich ihn mir immer vorgestellt.“ Doch Enkel Ekkehard Jecht hat die Stimme vom Großvater anders in Erinnerung. „Ich versuche, in dieser Stimme aus der Vergangenheit etwas Vertrautes zu finden. Ich habe ihn ja selber noch gehört, als ich auf seinen Knien saß und er mir vorgelesen hat“, so der 79-Jährige. Die Technik habe die Stimme verfälscht.

Der Görlitzer ...
Der Görlitzer ...
... Stadtarchivar ...
... Stadtarchivar ...
...  und Ehrenbürger Richard Jecht ...
...  und Ehrenbürger Richard Jecht ...
... ist auf diesen historischen Aufnahmen zu sehen.
... ist auf diesen historischen Aufnahmen zu sehen.
Hier sitzt Jecht bei seiner Arbeit am Schreibtisch. Fotos: Stadtverwaltung Görlitz
Hier sitzt Jecht bei seiner Arbeit am Schreibtisch. Fotos: Stadtverwaltung Görlitz

Trotzdem sind Jecht und sein Cousin Ulrich glücklich, den Nachlass des Großvaters nun in guten Händen zu wissen. Schon die Söhne Jechts hatten die Dinge der Stadt Görlitz geben wollen, es ist nie dazu gekommen. „Uns beiden, mir und meinem Vetter, war es nun ein Herzensanliegen, die Geschichte zu Ende zu bringen“, sagte der Enkel im Großen Saal des Rathauses, hinter dem bekanntlich das Stadtarchiv liegt und wo fortan Jechts erweiterter Nachlass von Siegfried Hoche gut studiert und aufbewahrt werden wird.

Der Kontakt zwischen Jechts und ihm war im Sommer zustande gekommen. Dr. Ekkehard Jecht und Dr. Ulrich Jecht machten das Angebot, den Nachlass der Familie Jecht dem Ratsarchiv zu übergeben. Mit diesen Quellen würden sich viele Lücken in der Biografie und in der oberlausitzischen Wissenschaftsgeschichte füllen lassen. Für die Stadt eine kleine Sensation. Denn zu den neu hinzugekommenen Stücken gehören viele wissenschaftliche Manuskripte Jechts, „zum Teil ungedruckte wissenschaftliche Ergebnisse und damit wahre Schätze“, wie Hoche formulierte. Ebenso wichtige Zeugnisse der Tätigkeit Jechts als Sekretär der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu diesem Bestand. Aus seinem akribisch geführten Tagebuch (1935-1945) etwa ließen sich wichtige Erkenntnisse über das Geistesleben in Görlitz gewinnen.

Doch auch vom Privatmann Richard Jecht kann man nun mehr erfahren, lagen doch dem Nachlass auch private Fotoalben und sogar ein kleines Familienbüchlein bei, in das Jecht Wichtiges zum Familienleben eingetragen hatte – sein Gewicht beispielsweise, wie auch das von Frau und Kindern. „Er war ein akribischer Mensch, schrullig und eigenartig zugleich. Doch mit seinen volkstümlichen Vorträgen und Schriftstücken löste er Begeisterung für die Geschichte aus“, lobt Hoche. Die eine oder andere private Anekdote führte Enkel Ekkehard Jecht dann auch noch aus, erzählte aber auch von seinem anderen Großvater – dem Vater seiner Mutter. Er war der Gutsherr von Liebstein, weshalb Ekkehard Jecht als Kind auch dort Zeit verbrachte.