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Der Neue in der Käseglocke

Bisher hat René Werft nur Wein gekeltert und auf Märkten verkauft. Der Start in Dresden wird ihm nicht leicht gemacht.

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© K.-D. Brühl

Von Catharina Karlshaus und Tobias Winzer

Die letzten Tage waren anstrengend für René Werft. Ununterbrochen klingelte das Telefon, meldeten sich verschiedene Geschäftspartner und Kunden bei ihm. Überraschend hatte der Finanzausschuss des Stadtrates am Montag ihm den Zuschlag für die Käseglocke gegeben. Der 35-Jährige, der im Großenhainer Ortsteil Zabeltitz Obstweine keltert, sie auf Märkten und im Internet verkauft, wagt damit den großen Sprung. „Ich habe durch Zufall von der Ausschreibung erfahren und eigentlich gar nicht so lange überlegt“, gibt Werft zu und lacht. Mit so viel Rummel habe er dann aber doch nicht gerechnet.

© André Wirsig

Denn eigentlich ist Werft nur im Nebenberuf Gastronom. Hauptberuflich arbeitet er als Abteilungsleiter in einem Großenhainer Bauunternehmen. Vor fünf Jahren kaufte er ein leer stehendes LPG-Haus in Zabeltitz und investierte 35.000 Euro, um dieses zum Produzieren, Lagern und Verkaufen von Obstweinen zu nutzen. Mittlerweile ist Werft auf den großen Festen der Region zu finden. „Wir haben uns gedacht, es macht vom Aufwand her keinen großen Unterschied, ob wir nun von Markt zu Markt ziehen oder etwas mieten“, erklärt er. „Ich habe mich riesig gefreut, als sich der Finanzausschuss am Montagabend für mich entschieden hat.“ Der Mietvertrag beginnt am 8. Juli.

Der Entscheidung war ein verwirrendes Bieterverfahren um die Nutzung des Pavillons vorausgegangen. Die Stadt hatte das 42 Quadratmeter große Wahrzeichen des Postplatzes ausgeschrieben, weil der laufende Mietvertrag am 30. Juni endete. Mit einem Mietangebot von 3.333 Euro pro Monat hätte eigentlich ein Team um den Elbflorenz-Gastronomen Oliver Maliske den Zuschlag bekommen müssen.

Da er sein Angebot jedoch zurückzog, schien plötzlich Werft als Zweitplatzierter mit einem Angebot von 1.800 Euro als logischer Gewinner der Ausschreibung. Der bisherige Mieter, die Dresdner Kaffee- und Kakao-Rösterei, die ursprünglich nur 1.200 Euro geboten hatte und damit auf Platz drei landete, verbesserte ihr Angebot dann aber nachträglich auf 2.000 Euro.

Die Mehrheit der Stadträte stimmten aus Gründen der Fairness trotzdem für Werft, weil ein Angebot – obwohl in diesem Fall sogar rechtlich möglich – nicht nachträglich erhöht werden dürfe. Die Stadt verzichtet somit freiwillig auf Einnahmen von 200 Euro monatlich.

Werft hat nun keine Bedenken, dass er die 1.800 Euro Miete jeden Monat erwirtschaften kann. Die Summe sei sogar vergleichsweise gering, sagt er. Die Lage des Baus sei schließlich durch die unmittelbare Nachbarschaft zum Zwinger, der Altmarktgalerie und der Straßenbahn erstklassig.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, mit denen er zurzeit über die Übernahme der Mitarbeiter und des Mobiliars verhandelt, will er die Käseglocke nicht nur als Café betreiben. Käseraclette, dazu Brot, Schinken, Gewürzgurken und Oliven will er ebenso anbieten wie Crepes, Kaffee, Kuchen und seinen Obstwein. Wann Werft seine Käseglocke eröffnet und ob sein Konzept aufgeht, ist aber noch offen.

Zumindest lehnt der bisherige Mieter eine Kooperation mit Werft ab. „Wir wollen nicht so eine Misch-Masch-Geschichte“, sagt Karsten Lehmann, Geschäftsführer der Dresdner Kaffee- und Kakao-Rösterei. Er will sich morgen ab 11 Uhr mit kostenlosem Kaffee und Kuchen von seinen Kunden verabschieden. „Damit wollen wir der Stadt und den Stadträten auch zu denken geben, ob sie sich nicht doch falsch entschieden haben“, so Lehmann, der die Käseglocke am Montag offiziell übergibt. „Gegen René Werft habe ich aber keinen Groll. Es gab diese Ausschreibung und er hat sich darauf beworben.“

Der Neu-Mieter muss sich nun aber zumindest mit dem Verlust eines Untermieters beschäftigen. Die Sparkasse, die in der Käseglocke bislang einen Geldautomaten betrieb und monatlich Geld an den Betreiber überwies, baute die Maschine gestern aus. „Der Mietvertrag endete am 30. Juni. Damit endete auch unser Untermietvertrag“, sagte ein Sprecher. Eine Rückkehr ist unwahrscheinlich. „Wir schauen uns nach neuen Standorten im Zentrum um.“