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Der Steinbildhauer von Sanssoucis

Tillman Richter fertigt die Kopie einer Originalfigur aus Potsdam an. Da muss jeder Faltenwurf stimmen.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Die Dame ist 2,55 Meter hoch und eine filigrane Schönheit. „Weibliche Figur vor Wolkenwand“ ist ihr Inventarname. Sie steht normalerweise im Erdgeschoss vom Neuen Palais im Park Potsdam-Sanssoucis. Gemeinsam mit weiteren 619 Figuren, die als Balustradenschmuck nach dem Siebenjährigen Krieg 1763 bis 1769 unter Friedrich dem Großen entstanden sind.

Doch kein Zweifel: Der junge Künstler wird sie mustergültig herausholen.
Doch kein Zweifel: Der junge Künstler wird sie mustergültig herausholen. © Anne Hübschmann

Der Preiskampf war hart

Die preußische Schlösserverwaltung hat sich entschieden, jedes Jahr zwei Figuren aus Sandstein kopieren zu lassen und diese Kopie dann nach draußen zu stellen. Das Original kommt ins Lapidarium. Den Auftrag für jene weibliche Figur konnte Tillmann Richter von der Großenhainer Steinbildhauerwerkstatt Witschel gewinnen. Der Preiskampf war hart. Nur rund 300 Euro Vorsprung hatte der Großenhainer vorm nächsten Bewerber in einer beschränkt öffentlichen Ausschreibung. Der gesamte Auftrag kostet mit Transport und Materialkosten rund 4000 Euro.

Der Anspruch begann nun schon im Steinbruch. Es muss eine passende Blockhöhe vorhanden sein. „Die Figur muss so rein, wie der Stein im Berg lag“, erklärt Steinbildhauer Richter. Den Block, aus dem die Figur gearbeitet wird, hat sich der Großenhainer vor Ort ausgesucht. Er hatte Glück, dass die Sandsteinwerke helfen konnten. Das Stück wiegt sieben Tonnen. Die fertige Figur wird nur noch 1,7 Tonnen schwer sein. Immerhin.

Da darf nichts abbrechen

Nun geht die Feinarbeit los. Haargenau eins zu eins muss Tillmann Richter die Figur aus dem Block herausarbeiten. Und er hat nur eine Chance. Deshalb arbeitet er sehr präzise. Mit einem einfachen Kopiergerät nimmt er die Körpermaße vom Original ab und überträgt sie auf den Sandsteinblock. „Der genaue Gesichtsausdruck wird schwierig, und die abstehende Hand natürlich“, weiß der versierte Fachmann, der schon ein Jahr in Südtirol eine Weiterbildung in Marmor-Bildhauerei absolvierte. Da darf um Gottes Willen nichts abbrechen.

Schon während des Arbeitsprozesses gibt es deshalb Qualitätskontrollen des Auftraggebers. Je nach Entwicklungsstand. Den Zeitpunkt kann Tillmann Richter selbst bestimmen. Die erste Zwischenabnahme wird sein, wenn der Großenhainer die groben Konturen der Figur herausgeschlagen hat. Fünf Monate hat er eigentlich im Ganzen einkalkuliert. Spätestens im September sollte er mit der neuen Figur fertig sein.

Tillmann Richter hat sich den Blick und die Fertigkeit für solche Arbeiten lange angeeignet. Seine Kunstfertigkeit bewies der Naunhofer schon an vielen Arbeiten für Schlösser und Parkanlagen. Für die Frauenkirche und das Dresdner Residenzschloss, für Schloss Moritzburg und den Neuruppiner Tempelgarten, das Lingnerschloss in Dresden oder das Berliner Stadtschloss hat er gewirkt. Dabei bleibt Sandstein-Bildhauerei reine Handarbeit. Für Tillmann Richter ist das Draußen-Arbeiten bei Wind und Wetter kein Problem. Mit Ruhe und Kraft nähert er sich „seinem“ Steinblock, bis eine schöne Frau daraus wird.