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Der zweite Abschied

Günter Eimert arbeitet seit 28 Jahren nicht mehr im Möbelwerk Heidenau und hat trotzdem mit ihm zu tun. Nun hört er noch mal auf.

Von Heike Sabel
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Einer von einst um die 100 und heute noch knapp 40: Günter Eimert hat alle Treffen der einstigen Möbelwerker vom ersten bis zum letzten organisiert.
Einer von einst um die 100 und heute noch knapp 40: Günter Eimert hat alle Treffen der einstigen Möbelwerker vom ersten bis zum letzten organisiert. © Daniel Schäfer

Einmal Möbelwerker, immer Möbelwerker. Günter Eimert hat 38 Jahre in der Heidenauer Möbelfabrik gearbeitet, zuletzt als Arbeitsökonom. 1991 schied er aus. Es war die Zeit der Umbrüche, viele verließen den Betrieb, die wenigsten freiwillig. Manche gingen in Rente, andere in die Arbeitslosigkeit oder in den Westen.

Vier Jahre später hatten sich viele neu gefunden. Es war an der Zeit, die ehemaligen Kollegen wiederzusehen. Günter Eimert und einige andere nahmen es in die Hand. Das erste Treffen fand im Februar 1995 im Sachseneck statt – mit 61 Teilnehmern. „Das war ein voller Erfolg“, sagt Eimert. Und es war der Anfang einer Tradition, die nun zu Ende geht. Beim zehnten Mal waren es schon 96. Für das letzte Treffen am kommenden Mittwoch haben sich 38 ehemalige Möbelwerker angemeldet.

Anlässe ändern sich

Es gab immer einen festen Stamm von Leuten, die sich fürs nächste Mal verabredeten. Dazu gesellten sich jeweils wechselnde Gäste. Stammgast war Werkleiter Maik Hippel. Er wird auch nächste Woche dabei sein. Überraschungsgast zum 20. Treffen vor fünf Jahren war Wolfgang Gutzmann. Er war bis 2006 Werkleiter und brachte 2014 die Chronik mit, die er eigentlich nie schreiben wollte. Die Chefs erzählten auch immer etwas über das aktuelle Geschehen. Das kam besonders gut an. Dass es den Betrieb als erfolgreiches Unternehmen immer noch gibt und er sich behauptet, freut die Ehemaligen. Es ist nicht selbstverständlich, wie ein Blick auf Heidenauer Firmengeschichten zeigt.

Das vierköpfige Organisationsteam der Möbelwerker-Treffen bereitete immer Gratulationen zu runden Geburtstagen und Ehejubiläen vor. Dazu wurden auch die bedacht, die wegen Krankheit oder altersbedingt nicht mehr zu den Treffen kommen konnten. „So haben wir den Kontakt aufrecht gehalten“, sagt Eimert. Das waren im Schnitt 25 bis 30 Ehrungen im Jahr, sagt er. Eine große Aufgabe sei das gewesen. „Aber sie hat über die Jahre zum Zusammenhalt geführt.“ Inzwischen werden die Anlässe zum Gratulieren weniger, dafür sieht man sich umso öfter bei Beerdigungen.

Die jährlichen Zusammenkünftige waren eine Mischung aus Klassen- und Familientreffen. Die, die sich lange nicht gesehen hatten, erkannten sich manchmal nicht. Andere sehen und treffen sich auch so mal zwischendurch. Manchmal kamen auch Leute, die gar nicht mehr in der Region wohnen. Das bot sich immer dann an, wenn der letzte Mittwoch im März in die Osterwoche fiel.

Die Möbelwerker sind nicht die Einzigen, die ihrer ehemaligen Arbeitsstätte die Treue halten. Auch die Mafa-Leute treffen sich nach wie vor regelmäßig. Sie gehen monatlich wandern, hatten kürzlich ihr 235. Treffen innerhalb von 20 Jahren. Mit dem Unterschied, dass es die Maschinenfabrik als Betrieb nicht mehr gibt, das Möbelwerk sich aber behauptet und entwickelt.

Was wird am 25. März 2020?

Trotzdem wird das Treffen am Mittwoch das letzte sein, sagt Eimert. Dazu gebe es nun keine Alternative mehr. Die Entscheidung war nicht leicht, aber auch nicht zu umgehen. Das hat im Wesentlichen drei Gründe. Erstens werden es immer weniger Teilnehmer, zweitens werden alle immer älter und drittens gibt es keinen Sponsor, sagt Eimert. Bisher hat er zu den Treffen immer für die Jubilare Geld gesammelt. Doch wenn da nur noch so wenige kommen, weil so viele krank sind, aber auch weiter beglückwünscht werden sollen, sei das nicht mehr machbar.

Das Durchschnittsalter der ehemaligen Möbelwerker liegt inzwischen bei weit über 80. Günter Eimert ist auch schon 87, was man ihm nicht ansieht. Möbelwerker bleibt er, auch wenn er künftig keine Treffen mehr organisiert. Sonst hat er zum Abschluss jedes Treffens für das nächste Mal eingeladen. Das wird ihm fehlen. Und es wird wohl mancher nach dem Termin fragen. Es wäre dann der 25. März 2020. Vielleicht kommen ja dann doch noch mal einige zusammen. Einfach so …

25. Möbelwerker-Treffen, 27. März, 14 Uhr, Reichskrone