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AfD-Kandidat scheitert knapp bei Landratswahl in Thüringen

In Südthüringen wäre ein AfD-Politiker fast zum ersten Landrat Deutschlands gewählt worden. Dabei wird die Thüringer AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Nun soll eine Stichwahl entscheiden - es gibt bereits erste Wahlempfehlungen.

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Bei der Landratswahl im südthüringischen Sonneberg hat der AfD-Politiker Robert Sesselmann fast die Hälfte der Stimmen erhalten und wäre beinahe zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt worden.
Bei der Landratswahl im südthüringischen Sonneberg hat der AfD-Politiker Robert Sesselmann fast die Hälfte der Stimmen erhalten und wäre beinahe zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt worden. © Martin Schutt/dpa

Sonneberg. Nach der Landratswahl in Sonneberg ist zunächst offen, ob die Linken für die Stichwahl in zwei Wochen den CDU-Bewerber Jürgen Köpper unterstützen werden. "Das legen wir ganz in die Autonomie des Kreisverbandes", sagte die Landesvorsitzende der Linken, Ulrike Grosse-Röthig, der Deutschen Presse-Agentur. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge werde eine Entscheidung dazu am Montag fallen. Zuvor hatten SPD und FDP bereits eine Wahl Köppers empfohlen.

Bei der Wahl in dem südthüringischen Landkreis hatte der AfD-Bewerber Robert Sesselmann am Sonntag nach dem vorläufigen Ergebnis fast die Hälfte der Stimmen erhalten und wäre beinahe zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt worden. Sesselmann erhielt 46,7 Prozent der abgegeben Stimmen. Der CDU-Kandidat Jürgen Köpper erreichte 35,7 Prozent. Damit wird es in zwei Wochen zu einer Stichwahl zwischen Sesselmann und Köpper kommen. Sie ist für den 25. Juni geplant. Nur 49,1 Prozent der Wahlberechtigten hatten im ersten Durchgang ihre Stimme abgegeben.

Thüringens Ministerpräsident hatte sich über die Wahlbeteiligung enttäuscht geäußert. "Die Hälfte, die nicht hingegangen ist, trägt auch ein Stück Mitverantwortung dafür, dass der AfD-Kandidat beinah aus dem Stand 50 Prozent gekriegt hat", sagte Ramelow am Sonntagabend.

Der Thüringer AfD-Co-Vorsitzende Stefan Möller kündigte noch am Wahlabend an, die AfD werde "alle Kräfte mobilisieren, um einen Erfolg auch in der Stichwahl zu ermöglichen". "Die Stichwahl kann ein Wendepunkt nicht nur für den Landkreis Sonneberg, sondern für unser ganzes Land werden", so Möller. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt zeigte sich zuversichtlich, dass der CDU-Kandidat als Sieger aus der Stichwahl hervorgehen wird. "Wir sind überzeugt, dass Jürgen Köpper diese Wahl gewinnt", erklärte Voigt.

In Thüringen werden Landräte für die Dauer von sechs Jahren gewählt. In Sonneberg wurde die Wahl nun außerplanmäßig nötig, weil der 2018 gewählte Landrat Hans-Peter Schmitz (parteilos) aufgrund einer langwierigen Erkrankung in den Ruhestand versetzt wurde. Damals hatte der von Linken und SPD unterstütze Schmitz die meisten Stimmen erhalten und kam auf 37,6 Prozent. Der damalige CDU-Bewerber Danny Dobmeier hatte 32,5 Prozent erreicht, Sesselmann, der damals auch schon angetreten war, 29,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang lang 2018 bei 48,4 Prozent.

Bei der aktuellen Landratswahl erhielt die gemeinsame Kandidatin von Linken und Grünen, Nancy Schwalbach, 4,4 Prozent der abgegeben Stimmen. Die Kandidatin der SPD, Anja Schönheit, kam auf einen Wert von 13,3 Prozent.

Grosse-Röthig sagte, aus ihrer Sicht sei es trotz des schwachen Abschneidens von Schwalbach nicht eindeutig, ob vor allem ehemalige Linke-Wähler zum starken Ergebnis Sesselmanns bei dieser Wahl beigetragen hätten. Das könnten nur Demoskopen klären, sagte sie. "Verloren hat in Sonneberg aber vor allem die Demokratie, denn dort sind Demokraten Demokratiefeinden auf den Leim gegangen."

Ein Grund für das Wahlergebnis in der ländlich geprägten Region ist laut Grosse-Röthig, dass sich viele Menschen dort abgehängt fühlten. "Da ist viel Entfernungsgefühl von Politik." Diesen Menschen biete die AfD einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen, die tatsächlich aber keine Probleme lösten. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, gegen dieses seit Jahrzehnten gewachsene Gefühl anzukämpfen, das oft keine objektive Grundlage habe. "Das ist nix was gestern passiert ist – und das ist nichts, was wir morgen ändern können", sagte Grosse-Röthig.

Die Kreisvorsitzende der CDU in Sonneberg, Beate Meißner, zeigte sich ausdrücklich unzufrieden mit dem Ergebnis der Abstimmung. "Das ist ein ernüchterndes Wahlergebnis", sagte sie. Dennoch gelte es nun nicht, Trübsal zu blasen, "sondern auf Angriff zu setzen". (dpa)