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Die Eisenbahn im Garten

Simone und Torsten Pfundt haben ein aufwendiges Hobby. Gemeinsam mit anderen stellen sie es am Wochenende in der Markthalle Staucha vor.

Von Jürgen Müller
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Simone und Torsten Pfundt aus Stauchitz werkeln an ihrer Gartenbahn. Ihre Anlage ist eine von mehreren, welche am Wochenende in der Stauchaer Markthalle zum 8. Jahnataler Gartenbahntag zu sehen.
Simone und Torsten Pfundt aus Stauchitz werkeln an ihrer Gartenbahn. Ihre Anlage ist eine von mehreren, welche am Wochenende in der Stauchaer Markthalle zum 8. Jahnataler Gartenbahntag zu sehen. ©  Sebastian Schultz

Stauchitz. Normaleweise zieht sie den Kleinbahnzug „Wilder Robert“ auf der Strecke zwischen Oschatz, Mügeln und Kemmlitz, die Dampflok 99 574. Wer sie in Natur sehen möchte, hat derzeit schlechte Karten, denn die nostalgische Lok befindet sich in der Werkstatt. 

Ein nahezu identisches Stück ist aber am Wochenende in Staucha zu sehen. Allerdings im Maßstab 1:22,5. Statt auf der Schmalspur dampft die Lok auf einer 64 Millimeter breiten Schiene. Sie ist der ganze Stolz von Simone und Torsten Pfundt. Die beiden Stauchitzer sind begeisterte Gartenbahnfreunde. Gemeinsam mit anderen Modellbahnern veranstalten sie zum achten Male in der Stauchaer Markthalle den Jahnataler Gartenbahntag. Gleichzeitig findet die 15. Mittelsächsische Gartenbahnbörse statt.

Mit Starterpaket in der Tür

„Das war damals eine Idee, die am Biertisch entstand. Wir Gartenbahner wollten eigentlich eine Art Familienveranstaltung machen. Und haben uns gesagt, wenn wir so viel Aufwand betreiben, dann können wir das doch gleich für die Öffentlichkeit veranstalten“, sagte der 56-jährige Torsten Pfundt. Er war schon lange ein begeisterter Modelleisenbahner, hatte eine H0-Anlage zu Hause. Dass er ein paar Spuren höher wechselte, war eher einem Zufall zu verdanken. 

Es sollte 2006 ein Gag zum 15-jährigen Bestehen der Gartenbaufirma von Simone und Torsten Pfundt werden. Sie hatten einen Bekannten gebeten, zum Betriebsjubiläum einen kleinen Gartenbahnkreis für die Kinder auf dem Firmengelände aufzubauen. Die Gartenbahn kam bei den Kindern gut an, aber nicht nur bei ihnen. „Die schiere Größe der Bahn hat mich fasziniert und begeistert“, sagt der 56-jährige Torsten Pfundt. 

Die Gartenbahn ließ ihn nicht mehr los, er bekam sie nicht mehr aus seinem Kopf. „Eines Tages stand er mit einem Starterpaket in der Tür“, erinnert sich seine Frau Simone. Schnell entwickelte auch sie Interesse für die kleinen, großen Lokomotiven und Züge. „Das war wie eine große Puppenstube“, sagt sie.

Dabei war es nicht so, dass sich die beiden in ihrer Freizeit langweilen. Beide fuhren Drachenboot, Simone ging außerdem noch zum Reiten. „Wir mussten uns auf eines konzentrieren, haben uns für die Gartenbahn entschieden“, sagt die 53-jährige gelernte Instandhaltungsmechanikerin. 

Inzwischen ist auf ihrem Privatgrundstück eine 30 mal acht Meter große Gartenbahnanlage entstanden. So groß ist die, welche sie am Wochenende in Staucha zeigen, natürlich nicht. Die Innenanlage misst sechs mal 2,40 Meter. Doch sie ist nicht die einzige Gartenbahn, welche in der Markthalle zu sehen sein wird. 

Fünf Anlagen können sich die Besucher anschauen, fünf, sechs Loks werden in der Markthalle ihre Runden drehen, Dampfloks und Dieselloks. Ein Zug der Königlich-Sächsischen Eisenbahn aus dem Jahr 1900 wird ebenso zu sehen sein wie Rollwagen oder ein Holzzug, der zum Sägewerk fährt.

Der Eintritt ist übrigens frei. „Wir sind kein Verein, sondern nur eine Interessengemeinschaft, wollen keinen Gewinn mit der Ausstellung machen. Für Spenden sind wir allerdings dankbar“, sagt Torsten Pfundt.

Der ganze Stolz ist die Lok, die der des „Wilden Robert“ sehr nahe kommt. Diese Schmalspurbahn verkehrt noch heute zwischen Oschatz, Mügeln und Kemmlitz.
Der ganze Stolz ist die Lok, die der des „Wilden Robert“ sehr nahe kommt. Diese Schmalspurbahn verkehrt noch heute zwischen Oschatz, Mügeln und Kemmlitz. ©  Sebastian Schultz

Kniffe werden weitergegeben

Er und seine Frau sind inzwischen ein eingespieltes Gartenbahn-Team. „Er kümmert sich um alles, was rollt, also um Loks, Züge und Schienen, ich um die Landschaften“, sagt Simone Pfundt. So baut sie Fantasiehäuser aus wasserfestem Kunststoff wie eine alte Schmiede, eine Burg, ein Bauernhaus. Gelernt hat sie das nicht. 

„Wir tauschen uns mit anderen Modellbahnern aus, fahren auf Messen und Ausstellungen, lernen dort die Kniffe kennen“, sagt sie. Und hat schon weitere Pläne, damit die Anlage lebendiger wird, Kinder, die wippen zum Beispiel, oder eine Frau, die einen Teppich klopft. 

„Eine Gartenbahnanlage lebt doch nicht nur von den Zügen, sondern die gesamte Szenerie muss passen, macht die Faszination aus“, sagt sie. Billig ist das Hobby nicht, auch wenn die Pfundts viel selbst bauen. Aber für eine Lokomotive ist man schnell mit 1.000 Euro dabei.

Simone Pfundt ist keine „echte“ Stauchitzerin, stammt aus Eisleben. Durch die Arbeit des Vaters in Zeithain zog die Familie einst nach Riesa. Ihren künftigen Mann lernte sie beim Tanz in der „Alten Post“ kennen. Torstens Eltern stammen zwar aus Stauchitz, geboren wurde er aber in Neubrandenburg. Sein Vater war Tierarzt, bekam nach dem Studium dort eine Stelle zugewiesen. 

Nach einigen Jahren kam die Familie zurück nach Sachsen. Die Pfundts wohnen seit 1985 im Haus der Ururgroßeltern von Torsten Pfundt. Sein Ururgroßvater Robert Pfundt hatte dort einst einen Handel für Heizmaterial und bäuerliche Bedarfsartikel. Am 1. Juni ist es 150 Jahre her, dass diese Firma gegründet wurde. Nahtlos wurde sie allerdings nicht fortgeführt. Aus DDR-Zeiten fehlen 32 Jahre.

Dass die Pfundts nach der Wende eine eigene Firma gründeten, war auch den Umständen geschuldet. Simone arbeitete im Riesaer Stahl- und Walzwerk, das abgewickelt wurde. Und ihr Mann, gelernter Diplom-Agrar-Ingenieur, war bei der Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft (GPG) „Sonnenschein“ in Staucha beschäftigt. Auch die gab es nicht mehr. 

Nach zwei Jahren als Verkäufer bei einem Automobilhersteller machte er sich schließlich selbstständig. Neben seiner Frau hat er noch einen Angestellten, arbeitet aber auch mit Subunternehmen zusammen. Die Firma bietet übrigens auch die Gestaltung von Gartenbahnanlagen an. Wird allerdings eher wenig in Anspruch genommen. Eine Eisenbahn im Garten hat eben nicht jeder.

Die Pfundts und ihre Mitstreiter wollen nun erneut andere an ihrem Hobby teilhaben lassen. Erst fand die Ausstellung in einer Sporthalle in Ostrau statt. „Die Idee mit der Markthalle kam von mir. Alle anderen sind begeistert vom historischen Ambiente in dieser Halle“, sagt Torsten Pfundt.

Neben der Ausstellung gibt es auch eine Gartenbahnbörse. Und wer weiß, vielleicht lässt sich der eine oder die andere von den Anlagen faszinieren und steht nach diesem Wochenende ähnlich wie einst Torsten Pfundt mit einem Starterset in der Tür.

Der 8. Jahnataler Gartenbahntag findet am Sonnabend von 10 bis 18 Uhr und am Sonntag von 10 bis 16 Uhr in der Markthalle Staucha statt. Die Gartenbahnbörse wird am Sonnabend veranstaltet.