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Die Eiszeit von Biesnitz dauert schon zehn Jahre

Katia Heipter macht Softeis wie in alten Zeiten und zum Jubiläum sogar alte Preise.

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© Nikolai Schmidt

Von Ralph Schermann

Für Katia Heipter ist jede Eiszeit unberechenbar. Macht die Sonne Sonderschicht, bleiben die Kunden aus. „Bei großer Hitze zieht es sie nicht zur Landeskrone, sondern in die Bäder“, bedauert die Eisverkäuferin. Auch Sonnabende sind eher mau. Da gehen die Görlitzer shoppen.

Touristen kommen meist am Sonntag, wollen dann aber oben auf dem Hausberg einkehren. Da läuft das Geschäft in Katia Heipters Eis-Kiosk am Biesnitzer Gleisdreieck in der Woche noch am besten: Schulkinder, von Arbeit kommende Anwohner, auf ein Eis stoppende Handwerker, und darunter immer wieder auch aus dem Umland Stammkunden, die auf das nur hier zu habende Softeis schwören: Hier läuft noch immer eine alte Eismaschine aus DDR-Zeiten. Die macht „das Eis viel fester als bei den neuen Geräten, schäumt es nicht so auf, und daher schmilzt es nicht so schnell“, erklärt die Betreiberin. Das kleine Eis kostet 1,20 Euro, das große zwei. Dafür erhält man mehr Masse als anderswo, sagt so mancher Stammkunde als Geheimtipp.

Glück bei der Standortsuche

Seit zehn Jahren dreht die robuste Maschine bereits ihre Runden. Katia Heipter blickt in diesen Tagen zurück auf dieses Jubiläum. Ihre Eiszeit begann eigentlich schon in der Lehre, denn ausgebildet wurde sie im Eiscafé Venezia, als es diese Filiale der Bäckerei Schwerdtner in Königshufen noch gab. Nach der Lehre sammelte Katia Heipter Erfahrungen bei der Bäckerei Tschirch, arbeitete auch im Viktoriagarten in der Eisherstellung. Später war sie hauptberuflich in der Mensa des Studentenwerkes tätig, und als sie arbeitslos wurde, besann sie sich wieder auf das Eis. Sie erwarb die gute, alte Maschine und startete 2006 als 28-Jährige mit dem Verkauf von Softeis in einer kleinen Holzhütte vor dem Einfamilienhaus ihrer Eltern auf der Königshainer Straße. Es sollte ein Zwischenschritt vor einem größeren Café sein, das die junge Frau in der Altstadt etablieren wollte. Ihr Bruder Ronald übernahm 2007 die Biesnitzer Eisbude, bis sich die Altstadtträume seiner Schwester aus den verschiedensten Gründen dann doch nicht erfüllten. Fortan stand sie wieder an den Eiszapfhebeln.

Das kleine Unternehmen war konkurrenzlos, im Gegenteil: So mancher Spaziergänger entdeckte Heipters Softeis auch deshalb, weil zeitgleich sowohl das Eiscafé Landskrona (Quellweg) und der Victoriagarten (Promenadenstraße) schlossen. Bald schon sollte sie aber merken, dass auch ihr das passieren kann: Im frühen Sommer 2013 machte die Bauaufsicht den kleinen Eisverkauf dicht. Sieben Jahre lang hatten sich zuvor auch Mitarbeiter dieser Behörde so manche kühle Tüte geholt. „Wo kein Kläger, da kein Richter“, wand sich der damalige Bauaufsichtsleiter Gerd Tack und bestätigte, dass amtlich manches geduldet wird, solange sich niemand beschwert. Und genau das geschah: Bewohner eines Nachbarhauses empfanden die Eismaschine plötzlich als zu laut. Eine Anzeige reichte, denn die Königshainer Straße liegt in einem reinen Wohngebiet, es ist dort also keine Gewerbetätigkeit gestattet. Da spielte es keine Rolle, dass die Öffnungszeiten nur kurz und private Rasenmäher viel lauter sind: Plötzlich war Kata Heipter wieder arbeitslos und musste 266,90 Euro Gebühr für den Bescheid bezahlen.

Sie prüfte mehrere neue Standorte, und es wurde ihr Glück, dass die Verkehrsgesellschaft Görlitz (VGG) damals dem bisherigen Pächter ihres früheren Straßenbahn-Wartehäuschens kündigte. Katia Heipter bewarb sich als neue Mieterin und versicherte der VGG, Problemen früherer Betreiber mit alkoholfreundlichem Publikum aus dem Weg zu gehen: „Schnaps und Billigbier gibt es bei mir nicht.“ Und so bekam im Juni 2014 der Biesnitzer Eiswaffel- und Eisbecherverkauf einen neuen Standort. Dazu gibt es Kaffee und selbst gebackene Waffeln, Bockwurst und Shakes, und was abends an Softeis übrig bleibt, nehmen Kunden später gern als tiefgefrorene Portionspackungen mit heim. Täglich gibt es eine andere Eissorte, auf der Basis von Komet-Eispulver und von Katia Heipter oft mit zusätzlich frisch untergemischten Früchten verfeinert. Sonntags wirft sie mittlerweile eine zweite Maschine mit an und öffnet in der Woche auch mal früher, wenn Bedarf angemeldet wird. „Lehrer fragen zum Beispiel immer öfter an, wenn sie für ihre Schüler einen Wandertag planen“, freut sich Katia Heipter. Nur Donnerstage sind weniger schön für sie: „Da gibts Vanille-Schoko-Mix, den mag ich persönlich nicht so“, erklärt sie. Kosten muss sie freilich dennoch, ebenso wie das tägliche Auseinandernehmen und Putzen der Maschinen Pflicht ist: „Hygiene ist das A und O.“

Wechselstube für die Straßenbahn

Katia Heipter ist noch mehr. Sie fühlt sich als Tourismuszentrale, wenn immer wieder nach dem mangelhaften Angebot des Zubringers auf die Landeskrone gefragt wird. Sie ist Wechselstube für alle, die keine Münzen mehr für den Straßenbahn-Fahrscheinautomaten parat haben. Sie spürt, wenn in der Stadt „was los“ ist. Zum Altstadtfest zum Beispiel kommen kaum Kunden nach Biesnitz. Anders beim Radrennen rund um die Landeskrone: „Das ist jährlich mein Spitzenverkaufstag.“ Ob die Sonne Sonderschicht macht oder nicht.

„Eis-Oase zur Landeskrone“, Promenadenstraße 118 a, geöffnet täglich ab 13.30 Uhr; Montag Ruhetag