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Die Ersatzfamilie

Im Riesaer Obdachlosenheim wird gearbeitet – aber auch gefeiert. Die SZ hilft bei beidem.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Draußen könnte es kaum trostloser zugehen: eine Brache, eine Kiessortieranlage, dazwischen ein schmuckloser Kasten aus DDR-Zeiten. Doch tritt man über die Schwelle des Obdachlosenheims an der Klötzerstraße, steht man quasi im Wohnzimmer. Auf einer gebrauchten Ledercouch haben es sich zwei Männer bequem gemacht, der gespendete Weihnachtsbaum in der Ecke ist geschmückt. Unübersehbar ist der Advent eingezogen. Dennoch herrscht ein reges Kommen und Gehen, gerade rollt ein VW-Transporter auf den Hof.

„Unsere Bewohner haben gut zu tun“, sagt Ute Grajek, Chefin des Obdachlosenheims, das vom Deutschen Roten Kreuz betrieben wird. Von Montag bis Freitag sind Bewohner auf Achse, um die 63 Altkleider-Container auszuleeren, die sich auf dem Gebiet des Altkreises Riesa verteilen. An machen Standorten werden so viele Sachen eingeworfen, dass sie zweimal pro Woche geleert werden müssen. Sortiert und aufbereitet werden die Textilien in den drei Kleiderkammern des DRK in Riesa und Gröditz für Bedürftige angeboten.

Horrende Summen

Das bedeutet viel Arbeit für die Mitarbeiter – aber auch viele Kilometer für den VW-Transporter. Rund 22 000 bekommt er Jahr für Jahr auf die Uhr. Das wirkt sich auf die Reparaturkosten des zwölf Jahre alten Fahrzeugs aus. „Das sind horrende Summen“, sagt Ute Grajek. Gerade gingen 600 Euro für die Reparatur des Turboladers drauf, neue Winterreifen wurden fällig, neue Bremsscheiben, eine Instandsetzung der Blinkanlage. „Wir reparieren den Transporter stets zwischen Freitagmittag und Montagfrüh. Denn wenn der mal ausfällt, sieht es eng aus“, sagt die 60-Jährige.

Um so willkommener war die Zusage der Stiftung Lichtblick der SZ, die jetzt 1 500 Euro als Unterstützung für die Reparaturkosten des VW-Transporters zahlt. Damit kann er weiter rollen, um den Obdachlosen eine sinnvolle Beschäftigung zu geben und zu sichern – und aus den Verkaufserlösen die Arbeit des DRK in Riesa zu unterstützen. Doch gerade in der Adventszeit ist Arbeit nicht alles – das gilt für jeden anderen Riesaer, aber auch für die aktuell 27 Bewohner der Obdachlosenunterkunft. Für sie hat das DRK schon traditionell eine Weihnachtsfeier organisiert. „Dafür sprechen wir das ganze Jahr über Geschäfte an, um kleine Präsente zusammenzubekommen“, sagt Ute Grajek. Mal eine neue Jeans, mal ein Paar Sportschuhe – die Bewohner im Alter zwischen 27 und 76 Jahren sind froh, wenn sie ausnahmsweise etwas bekommen, was vor ihnen noch niemand getragen hat. „Das klappt nur, weil wir etliche Unterstützer haben“, sagt die Heimleiterin. Auch dabei gehört die Stiftung Lichtblick dazu – sie gibt 500 Euro für Kaffee, Stollen, Gebäck und Präsente. Ein echter Lichtblick eben.