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Die ersten 100 Tage sind geschafft

Oberbürgermeister Alexander Ahrens ist bei den Bautzenern beliebt. Doch er muss auch heftige Kritik einstecken.

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© Uwe Soeder

Marleen Hollenbach

Bautzen. Die Anstrengung ist ihm anzusehen. Alexander Ahrens wirkt ein wenig erschöpft, als er im Rathaussaal Platz nimmt. Gerade war Bautzens Oberbürgermeister in seinem Büro in ein langes Gespräch verwickelt. Nun sitzt er schon bei der Pressekonferenz. Von einem Termin zum nächsten. Und das ohne Pause. Ahrens seufzt. Ein kurzer Blick auf den Zettel, dann stellt er sich den Fragen der Journalisten.

Vor 100 Tagen startete Bautzens OB mit Vollgas in sein neues Amt. Jetzt, fast vier Monate später, zieht Ahrens selbst Bilanz. Er spricht von seinen ersten Erfolgen, von der Abschaffung der Straßenbaubeiträge, von der Aufhebung der Vergnügungssteuer und vom zweiten verkaufsoffenen Sonntag. Aber er weiß auch, dass es noch viele offene Baustellen gibt. Der 49-Jährige holt tief Luft. „Ich will nicht Everybodys Darling sein“, sagt er dann. Dabei hat er sich bei einigen Bautzenern in der kurzen Zeit schon sehr beliebt gemacht. Vor allem die Mitglieder seiner Bündnis-Parteien finden lobende Worte. „Alexander Ahrens hat einige Wahlversprechen schon umgesetzt“, erklärt Roland Fleischer. Der SPD-Stadtrat schätzt zudem die klare Haltung des Bautzener Oberbürgermeisters zur Flüchtlingssituation. „Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er das als Chance sieht, ohne die Probleme zu verklären“, sagt er.

Kritik aus den Reihen der CDU

Doch es gibt durchaus auch kritische Stimmen. Die kommen vor allem aus den Reihen der CDU. „Die Erfolge, die sich Alexander Ahrens ans Revers heftet, sind allesamt keine von ihm initiierten Vorhaben“, sagt Fraktionssprecher Matthias Knaak. Damit meint er, dass viele Projekte, wie zum Beispiel die Abschaffung der Straßenbaubeiträge, bereits von Amtsvorgänger Christian Schramm oder von den Stadträten selbst angeschoben wurden. „Uns fehlen deshalb noch klare Ziele und eigene Positionen. Es sollte schon erkennbar sein, welchen Kurs ein OB verfolgt“, erklärt Knaak.

Harte Worte. Etwas diplomatischer formuliert es FDP-Stadtrat Mike Hauschild. „An vielen Baustellen fehlt Ahrens die Erfahrung. Das kann man nicht so schnell aufholen, wenn man ganz neu in einem Bereich ist“, sagt er und hofft, dass Ahrens Worten bald Taten folgen. Hauschild wünscht sich, dass es vor allem beim Thema Bürgerbeteiligung vorangeht und die Bautzener bei wichtigen Entscheidungen besser miteinbezogen werden. Und auch Claus Gruhl von den Grünen hat eine klare Forderung. „Wichtig ist doch, dass uns die Stadt endlich den zukünftigen Haushalt präsentiert“, sagt er. Das müsse jetzt auch für den OB oberste Priorität haben.

Nähe kommt an

Selbst seine schärfsten Kritiker können eines aber nicht verleugnen: Alexander Ahrens ist keiner, der sich hinterm Schreibtisch versteckt. Egal, ob neue Wegweiser eingeweiht werden, das Archiv über digitale Urkunden informiert oder die Firma Itelligence den Spatenstich für ein Rechenzentrum feiert – Bautzens neuer Oberbürgermeister ist mit dabei. Und so viel Nähe kommt an, meint Barbara Wuttke, Direktorin der Berufsakademie Bautzen. „Zur Immatrikulation hat er sehr persönlich die Studierenden begrüßt. Darüber haben sie sich sehr gefreut“, erklärt sie. Ahrens versprach den jungen Leuten auch, etwas zur Bereicherung des studentischen Lebens in Bautzen beizutragen. „Es wird sich zeigen, ob sich das in den drei Jahren Studienzeit umsetzten lässt“, meint die Direktorin.

Auch Sirko Rosenberg vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) konnte Bautzens neuen OB schon persönlich kennenlernen. Er ist zufrieden mit dem Start und traut Ahrens sogar zu, dass er die Grundstimmung der Stadt verbessert. „Wir müssen wieder daran glauben, dass sich in Bautzen etwas bewegen kann“, meint er. Rosenberg lobt auch, dass Ahrens die Wirtschaftsförderung zur Chefsache gemacht hat. „Das ist eine Wertschätzung, die bei den Firmen gut ankommt“, sagt er.

In einer Sache sind sich Kritiker und Bewunderer einig. Erst, wenn die neue Baubürgermeisterin Juliane Naumann nächste Woche ihr Amt antritt und mit Bautzens OB und dem Finanzbürgermeister Robert Böhmer zusammenarbeitet, ist die Rathausspitze komplett. Ahrens selbst spricht von den „drei parteilosen Pragmatikern“. Es bleibt also spannend.