Von Ines Mallek-Klein
Susanne wollte nicht mehr länger warten. Ihre Kaffeetasse ist jetzt nicht mehr blau, sondern rot. Sie trägt den Schriftzug Fabmatics. Mit Hand liebevoll gezeichnet. Der Kaffee von Geschäftsführer Heinz Martin Esser dampft noch in einer Tasse mit dem blauen Roth & Rau - Ortner-Logo. Esser wird die Tasse mitnehmen in sein neues Büro, das er noch in diesem Jahr am Gewerbestandort Micropolis in Dresden-Klotzsche beziehen will. Aus nostalgischen Gründen, wie er sagt.
Roth & Rau - Ortner ist Geschichte. Die HAP Holding ist einhundertprozentiger Eigner von Fabmatics. 2015 haben sich beide Unternehmen zusammengetan. Seit September dieses Jahres firmieren sie gemeinsam unter dem Namen Fabmatics GmbH. Der Anstoß dazu kam von den Mitarbeitern beider Firmen. Sie haben sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, den Firmenzusammenschluss schnellstens zu vollziehen und damit den Start für ein neues Unternehmen am gemeinsamen neuen Firmensitz zu wagen.
Das kostet Geld, sagt Dr. Steffen Pollack, einer der Gründer von HAP und ebenfalls Geschäftsführer von Fabmatics. „Neue Briefbögen hätten wir ohnehin gebraucht, und der Gang zum Amtsgericht war nach dem Zusammenschluss auch nötig.“ Also beauftragte man eine Werbeagentur, definierte seine Unternehmensziele und -werte, sammelte Namensvorschläge und kreierte so den einfachen wie eingängigen Namen „Fabmatics“. „Er steht für das, was wir tun“, so Heinz Martin Esser. Er steht für Fabrik, Automation und für Robotics. All das gebündelt erleben kann man in den Chipfabriken, die Roth & Rau - Ortner und HAP ausgestattet haben, vielfach in gemeinsamen Projekten.
Die Geschichte von Roth & Rau - Ortner
Die Geschichte von HAP GmbH Dresden
1991 gegründet und damals Lieferant von kleinen automatisierten Handhabungsmodulen, hat sich HAP im Laufe der Jahre auf den Bau klassischer Roboterzellen spezialisiert. 2002 wurde die erste bei Infineon am Standort Dresden installiert. Mittlerweile gibt es dort mehr als 160 dieser selbstständig arbeitenden Systeme. Roth & Rau - Ortner hat sich auf die Automatisierung von Materialflüssen spezialisiert. Das Unternehmen bietet mit seinen Scouts unter anderem selbstfahrende Roboterlösungen für Transporte in den Chipfabriken an und hat ein platzsparendes Lagersystem, den Flatstocker, zur Aufnahme der Waferkassetten unter den Hallendecken entwickelt.
„Wir haben uns in unseren Produkten perfekt ergänzt. Das Zusammengehen war also eine fast schon logische Konsequenz“, sagt Dr. Steffen Pollack. Die Fusion soll auch die strategische Schlagkraft des jetzt 160-Mann-Unternehmens erhöhen. Es gilt, neue Märkte zu erobern. Denn in Dresden wird in absehbarer Zeit keine neue Chipfabrik gebaut, die Automatisierungslösungen braucht. Also setzt Fabmatics neben weiteren deutschen und europäischen Kunden auch auf Interessenten aus den USA.
Diese können von einer in Salt Lake City ansässigen Tochterfirma betreut werden. Eine zweite Auslandsdependance in Asien wird mittelfristig angestrebt, sagt Esser. Die Branche rechnet damit, dass bis 2020 neun 200-Millimeter- Chipfabriken in Asien entstehen werden. Fabmatics sieht darin attraktive Marktchancen und wird sich zu gegebener Zeit um Aufträge bewerben. Esser, der auch Vorstand des Branchenvereins Silicon Saxony e.V. ist, sieht einen interessanten Trend in der Halbleiterbranche. Während die Industrie viel Geld in die Fertigung auf 300-Millimeter-Wafern investiert hat, erleben nun Fabriken, die auf 200-Millimeter- Wafern fertigen und die vorrangig Zielkunden von Fabmatics sind, einen Aufschwung.
Verantwortlich dafür ist das Internet der Dinge. Bis 2020 sollen weltweit über 50 Milliarden verschiedene Systeme miteinander vernetzt sein. Dafür braucht man eine Unmenge von integrierten Schaltungen (ASICs), analogen Cs, Hochleistungsbauelementen nd mikromechanischen Sensoren MEMS). Viele dieser Halbleiterbauelemente erden in 200-Millimeter-Fabriken ergestellt. 018 werden die Produktionskapazitäten ieser Chipfabriken ieder das hohe Niveau on 2006 erreicht haben. Damals ührte die Errichtung einer ielzahl von 300-Millimeter- abriken zu einem Rückgang er 200-Millimeter-Produktion.
In ihrem neuen Firmengebäude, das 2017 komplett bezogen sein wird, hat Fabmatics zwanzig Prozent mehr Platz zur Verfügung als heute. Die Botschaft ist klar. Das Unternehmen möchte wachsen. Ein Schwerpunkt wird die Weiterentwicklung ihrer freifahrenden Roboter sein. Sie sind autonom navigierend, wie der Scout. Oder sie sind auf Schienen unterwegs, wie der Hero, dessen Name aus dem Auftrag, einen Helping Robot zu bauen, entstand.
Neben dem industriellen Einsatz werden mobile Roboter, so die Prognose von Steffen Pollack, schon bald nicht mehr aus unserem privaten Alltag wegzudenken sein. Doch dieser Consumer-Bereich ist für Fabmatics vorerst kein Thema. Rund 4500 Dollar ist der Endverbraucher aktuellen Studienzufolge bereit, für einen Helfer im Haushalt zu bezahlen. „Unsere Helfer sind deutlich teurer“, sagt Steffen Pollack, „und für den speziellen Einsatz in Reinräumen konzipiert.“