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Selectrona aus Dipps hält der weltweiten Konkurrenz stand

Der Autozulieferer in Reinholdshain stellt ein neues Fräszentrum auf. Nicht die einzige Investition in die Zukunft der Firma.

Von Franz Herz
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Yves Keller zeigt hier ein kleines Teil eines Werkzeugs, für dessen Herstellung aber bis zu 30 verschiedene Elektroden nötig sind. Die werden mit einem neuen Fräszentrum produziert.
Yves Keller zeigt hier ein kleines Teil eines Werkzeugs, für dessen Herstellung aber bis zu 30 verschiedene Elektroden nötig sind. Die werden mit einem neuen Fräszentrum produziert. © Karl-Ludwig Oberthür

Yves Keller aus Dresden, Teamleiter bei der Selectrona GmbH in Dippoldiswalde-Reinholdshain, hält einen Metallwürfel in der Hand mit einer Reihe von Ausfräsungen, manche eckig, andere rund. Später wird hier bei einem der Spritzgussautomaten von Selectrona heißes Plastik eingespritzt und am Ende kommt ein Stecker raus. Die Präzision in diesem Metallstück entscheidet später über die Qualität von hunderttausenden Autos, in denen der Stecker einmal eingesetzt wird.

Spezielle Technik erfordert kaum Schmierstoff

Dafür erneuert Selectrona derzeit einige wichtige Maschinen in seinem Werkzeugbau. Im März war ein neues Fräszentrum angeliefert worden, das jetzt in Betrieb gegangen ist. Eine Investition von rund 400.000 Euro. Ronny Schade steht an der neuen Maschine. Der Arbeitsvorbereiter muss sie einstellen, reinigen. „Aber das Meiste macht sie vollautomatisch“, sagt er. Das Besondere dabei ist, dass sie mit einer speziellen Technik arbeitet, die nur wenig Schmierstoff erfordert. „Ein dünner Film auf dem Werkstück, mehr nicht“, sagt Schade.

Ronny Schade steht hier am neuen Fräszentrum, das mit einer neuen Technik nur ganz wenig Schmierstoffe benötigt.
Ronny Schade steht hier am neuen Fräszentrum, das mit einer neuen Technik nur ganz wenig Schmierstoffe benötigt. © Karl-Ludwig Oberthür
Solche Elektroden werden damit gefräst. Mit ihnen werden Präzisionswerkzeuge in einer Erodiermaschine gefertigt.
Solche Elektroden werden damit gefräst. Mit ihnen werden Präzisionswerkzeuge in einer Erodiermaschine gefertigt. © Karl-Ludwig Oberthür
Jörg Anderl ist seit zweieinhalb Jahren technischer Leiter der Selectrona in Dippoldiswalde-Reinholdshain.
Jörg Anderl ist seit zweieinhalb Jahren technischer Leiter der Selectrona in Dippoldiswalde-Reinholdshain. © Karl-Ludwig Oberthür

Damit sinkt der Reinigungsaufwand und vor allem ist die Maschine vielseitiger einsetzbar, erklärt Keller. Sie kann Kupfer, Alu und Grafit fräsen. Kupferstaub in Verbindung mit viel Öl verträgt sich aber nicht mit anderen Materialien. Maschinen mit herkömmlicher Technik können deswegen die verschiedenen Materialien nicht hintereinander weg bearbeiten. Die Neue kann das. Und am Ende schont es Umwelt und Firmenkasse, wenn weniger Schmierstoffe eingesetzt werden.

Investitionsprogramm über drei Millionen Euro in 2022

Jörg Anderl, der technische Leiter bei Selectrona in Reinholdshain, sagt: „Es ist ja auch unser Ziel, möglichst moderne und attraktive Arbeitsplätze anzubieten.“ Das ist Teil eines Investitionsprogramms, in dem Selectrona vergangenes Jahr rund 2,5 Millionen Euro und dieses Jahr voraussichtlich drei Millionen Euro ausgibt, wie er weiter mitteilt. 380 Mitarbeiter hat das Unternehmen und will noch weitere einstellen.

Im Wettbewerb mit chinesischen Werkzeugbauern

Selectrona steht dabei mit seinem Werkzeugbau im weltweiten Wettbewerb. Es kann durchaus vorkommen, dass ein Kundenunternehmen bei einem Angebot wünscht, dass die Werkzeuge in China hergestellt werden, um noch einige Cent zu sparen. Dann konstruiert Selectrona die Werkzeuge und lässt sie über einen Werkzeugbauer in Fernost produzieren. Damit das funktioniert, müssen die Reinholdshainer das komplette Wissen um die Abläufe selbst besitzen. Einen erheblichen Teil produzieren sie auch weiterhin selbst.

Um die Arbeitsplätze in Reinholdshain zu sichern, werden sie immer stärker automatisiert. Das neue Fräszentrum stellt Elektroden her, die in einer Erodiermaschine zum Einsatz kommen. Die kann rund 150 verschiedene Teile bei sich auf einem Träger lagern und je nach Bedarf mit einem Roboterarm automatisch einsetzen. So kann die Maschine auch ohne menschliche Aufsicht laufen und trotzdem ein komplexes Werkzeug mit unterschiedlichen Formen herstellen. Bis zu 30 verschiedene Elektroden werden allein für den Metallwürfel eingesetzt, den Keller zeigte. Die nächsten Maschinen auf dem Investitionsplan werden der Drahtverarbeitung dienen.

Bauantrag für neue Ladefläche kommt in den Stadtrat

Aber nicht nur in Maschinen investiert das Unternehmen. Der Technische Ausschuss des Stadtrates Dippoldiswalde muss am Mittwoch, 11. Mai, über einen Bauantrag der Firma entscheiden. Es geht um eine überdachte Ladefläche auf der Rückseite des Hauptgebäudes. Selectrona wird dort Verpackungsmaterial lagern und bessere Lademöglichkeiten schaffen. Material, das bisher außerhalb des Unternehmens lagert, wird wieder ins Haus geholt. So hat die Firma auch das Lager, das sie 2015 nach Dubí verlagert hat, dort wieder aufgelöst und zurückgeholt. Damit reagiert der Kunststoffverarbeiter auch auf die Veränderungen in der Weltwirtschaft, die sich im Zuge der Corona-Pandemie gezeigt haben. „Jetzt läuft der Bauantrag. Nächstes Jahr wollen wir bauen“, sagt Anderl.

Außerdem bereitet die Selectrona ein Mitarbeiterfest vor, um das 30-jährige Bestehen der Firma zu feiern. Sie ist 1992 in Schlottwitz als Steffen Söhner GmbH gegründet worden und hat sich erst in Glashütte erweitert. Bei der Augustflut 2002 hat das Unternehmen an beiden Standorten im Müglitztal schwere Schäden erlitten und hat sich deshalb nach einem hochwassersicheren Standort umgesehen.

Schrittweise wurde dann der Betrieb nach Reinholdshain verlegt, wo heute der Hauptsitz ist. Den Standort in Glashütte hat das Unternehmen aufgegeben, Schlottwitz wird als Außenstelle weiterbetrieben. Eine weitere Außenstelle hat die Firma 2013 im tschechischen Košťany eröffnet. 2018 geriet die Firma in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die sie aber 2020 mit einem neuen Eigentümer überwunden hat.