Am Dienstagvormittag lieferte der Schmiedeberger Bäcker Thomas Pfützner eine Ladung Stollen aus. Der Chef persönlich setzte sich dafür ans Steuer, denn die Lieferadresse war eine ganze besondere: Archivstraße 1 in Dresden, die Sächsische Staatskanzlei. In vergangenen Zeiten hätte sich der Schmiedeberger Bäcker damit als sächsischer Hoflieferant bezeichnen können.
Heutzutage läuft so etwas nüchterner. „Wir sind angeschrieben und um ein Angebot gebeten worden“, erinnert sich Pfützner. Er hat den normalen Ladenverkaufspreis angeboten ohne besonderen Rabatt. Vor gut zwei Wochen kam dann die Mitteilung, dass er die Ausschreibung gewonnen hat. "Das wirtschaftlichste Angebot erhielt den Zuschlag", informierte Regierungssprecher Ralph Schreiber. „Aufträge von Firmen erhalten wir öfter. Auch an die TU Dresden haben wir schon Stollen geliefert. Aber von der Staatsregierung hatten wir noch nie einen Auftrag erhalten“, sagt Thomas Pfützner. „Das ist schon etwas Besonderes.“
Über hundert Rosinenstollen der Sonderklasse haben die Schmiedeberger nach ihrem traditionellen Rezept gebacken, verpackt und mit der Goldmedaille verziert, welche die Bäckerei dafür schon erhalten hat. Die sind aber nicht den hohen Herrschaften vorbehalten, die kann auch jeder im Geschäft kaufen.
110 Stück sollen an verschiedene Stellen gehen, die dem sächsischen Ministerpräsidenten wichtig sind. Dazu gehören die Soldaten, die in Sachsen eingesetzt sind und sich über die Feiertage im Auslandseinsatz befinden. Weitere Stollen gehen an Personen, die einen besonderen Bezug zum Freistaat Sachsen haben, informierte der Regierungssprecher. Das sind neben der Bundeskanzlerin, dem Bundespräsidenten, dem Bundestagspräsidenten auch die Minister im Bundeskabinett, die Ministerpräsidenten der anderen Bundesländer sowie ausgesuchte Botschafter und Vertreter von Ländern und Regionen, mit den der Freistaat Sachsen besonders eng zusammenarbeitet. Sie bekommen dazu noch einen Begleitbrief von Ministerpräsident Kretschmer. Weitere Geschenke gibt es aber nicht. 34 Stollen wurden extra noch nachbestellt, die gehen an Soldaten aus Sachsen, die bei der Nato-Mission "Enhanced Forward Presence" über Weihnachten in Litauen eingesetzt sind.
Ein Viertel vom Jahresumsatz in der Weihnachtszeit
In der Backstube bei Pfützners begann die Stollensaison am 1. Oktober. Seitdem wird er jeden Tag gebacken. Wann der Letzte aus dem Ofen kommt, steht noch nicht fest. „Wir backen solange wie Bedarf ist“, sagt Pfützner. In manchen Jahren wurde am 21. Dezember noch Stollen produziert. Es soll ja jeder einen erhalten und keiner übrigbleiben. „Das richtig zu treffen, ist immer ein wenig Glücksspiel“, sagt der Meister.
Das Geschäft mit den Stollen und anderem Weihnachtsgebäck ist ein wichtiges wirtschaftliches Standbein. „Wir machen in diesen zwei Monaten ein Viertel vom gesamten Jahresumsatz“, sagt Pfützner. Neben dem traditionellen Rosinenstollen sind die Mandelstollen und Mohnstollen gut gefragt.
Und seit fünf Jahren haben Pfützners auch Dominosteine in ihrer vorweihnachtlichen Produktion. Die herzustellen war eine Aufgabe, als Pfützners bei der ZDF-Fernsehshow "Deutschlands bester Weihnachtsbäcker" mit Johann Lafer mitgemacht haben. Weil das damals so gut geklappt hat, gehören die seitdem zum regulären Sortiment der Bäckerei. Und auch diese Dominosteine sind ein Weihnachtsgeschenk, das beispielsweise die Schmiedeberger Gießerei an Geschäftspartner gibt.
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