Döbeln. Johann Gottfried Clemen war zu Lebzeiten und auch später in Döbeln eine Legende. Der 1728 als Sohn eines Tuchmachermeisters geborene Döbelner ging als Soldat in holländischen Diensten ins mittelamerikanische Suriname, wo er eine Plantage erbte.
Als reicher Mann besuchte er, begleitet von zwei farbigen Dienern, 1771 seine Heimatstadt, wo er mit Geld um sich warf. Die Familie Clemen gründete später eine Schokoladendynastie, die in den 1930er-Jahren pleite ging. Die verzweigte Familie trifft sich aber immer noch. Zuletzt im vorigen Jahr in Döbeln.
Konvolut zur Schokoladenproduktion
Das Döbelner Stadtmuseum hatte wenig zur Geschichte der Familie und der Schokoladenproduktion im Depot, sagte Kathrin Fuchs vom Stadtmuseum. Das hat sich geändert.
Zwei Mitglieder der Familie haben dem Museum ein umfangreiches Konvolut an Gegenständen und Büchern übergeben, die mit der Firma Clemen und der Familie in Zusammenhang stehen.
Ein unscheinbares Büchlein mit der Aufschrift „Chocolade“ enthält fein säuberlich aufgeschriebene Schokoladenrezepte. Die Rezeptsammlung stammt von 1868. In einem Kontorbuch aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind akribisch die Einkäufe von Kümmel, Wacholder, Kräutern und Zucker verzeichnet.
Ein Büchlein aus dem Jahr 1772, gedruckt in Amsterdam über Johann Gottfried Clemen ist in einem sehr schlechten Zustand. „Da muss mal ein Papierrestaurator draufschauen. Es ist wichtig, dass so etwas in fachlich gute Hände kommt“, sagte Kathrin Fuchs.
Sonderausstellung zu Johann Gottfried Clemen
2028, dem 300. Geburtsjahr von Johann Gottfried Clemen, sei eine Sonderausstellung geplant. „Dann werden die Exponate in Verbindung mit der Döbelner Geschichte gestellt.“
Der Hauptausschuss der Stadt hatte gerade wieder über die Annahme einer langen Liste von Schenkungen an das Museum zu entscheiden. Viele der Stücke verschwinden erst einmal im Depot.
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„Die Hauptaufgabe eines Museums ist das Sammeln und Bewahren. Unser Fokus liegt auf Kunst, der Döbelner Industriegeschichte und auf Objekten der Alltagsgeschichte“, sagte Kathrin Fuchs.
Viele Angebote müssen ausgeschlagen werden, weil der Platz nicht da ist und sie nicht in die Sammlung passen. Nach der sehr erfolgreichen Ausstellung mit Spielzeug aus Döbelner Familien im vorvergangenen Jahr waren dem Museum viele Puppenstuben angeboten worden.
Kleinere Objekte, etwa Teddys und Puppen, finden dagegen manchmal Aufnahme. „Wenn eine Döbelner Geschichte dranhängt“, so Kathrin Fuchs. In ein paar Jahren soll es wieder eine Ausstellung mit Spielzeug geben.
Herrenzylinder neu in der Sammlung
Neu in die Sammlung aufgenommen wurde ein Herrenzylinder der Firma Richter & Sohn, später bekannt als Hutrichter. Heute ist Karls Manufakturenmarkt im Geschäft am Obermarkt.
Vom früheren Hutsalon Moser an der Stadthausstraße ist ein Konvolut von Bändern, Federn, Nadeln und Formen ans Museum gegeben worden. „Das ist das Zubehör, mit dem man damals Hüte hergestellt hat“, so Fuchs,
Ein schlichter Kleiderbügel, der dem Museum geschenkt wurde, erinnert nicht nur an ein alteingesessenes Geschäft, sondern auch an ein Schicksal des jüdischen Geschäftsinhabers. Der Holzbügel trägt die Aufschrift „Oscar Jacobi, Inh. Hugo Totschek“.
Für Totschek wurde ein Stolperstein auf der Breiten Straße verlegt. Der Inhaber des Herrenbekleidungsgeschäfts hatte, als nach der Machtergreifung die Nazis jüdische Geschäfte boykottierten, einige SA-Männer handgreiflich davongejagt.
1934 wurde er verhaftet und wenig später erhängt in seiner Gefängniszelle in Freiberg gefunden. Ob es Selbstmord war oder ein Racheakt, ist nie herausgekommen.