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Ein Leben für die Roßweiner Schule

Wer in Roßwein den Namen Thomas Winter hört, weiß genau: Er ist der Leiter der Geschwister-Scholl-Oberschule.

Von Elke Braun
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Thomas Winter, Direktor der Geschwister-Scholl-Oberschule Roßwein, steht vor der Bildergalerie im Flur des Schulhauses. An der hängen Fotos der Schüler, die seit 2001 die 10. Klasse mit einem Durchschnitt von 1,5 und besser abgeschlossen und die Geschw
Thomas Winter, Direktor der Geschwister-Scholl-Oberschule Roßwein, steht vor der Bildergalerie im Flur des Schulhauses. An der hängen Fotos der Schüler, die seit 2001 die 10. Klasse mit einem Durchschnitt von 1,5 und besser abgeschlossen und die Geschw © Dietmar Thomas

Roßwein. Dass der 63-Jährige quasi in einem Atemzug mit der Bildungseinrichtung genannt wird, hat seinen Grund. Seit 30 Jahren ist er Schulleiter und seit mehr als 40 Jahren Lehrer. Thomas Winter hat sein gesamtes bisheriges Berufsleben an der Schule verbracht. Der Döbelner Anzeiger sprach mit ihm über die zurückliegende Zeit und blickt voraus.

Herr Winter, wie sind Sie überhaupt zum Lehrerberuf gekommen?

Ich stamme ja ursprünglich aus Hainichen und habe dort die Polytechnische Oberschule bis zur 10. Klasse besucht. In einem Gespräch mit dem Direktor meiner Schule wurde mir und meinen Eltern die Möglichkeit für einen Studienplatz zum Lehrerstudium über einen einjährigen Vorbereitungskurs an TH Karl-Marx-Stadt eröffnet. Es gab in dieser Zeit zu wenige Lehrer für Mathematik und Physik. Diese Möglichkeit habe ich ergriffen und in einem Jahr das Abitur erfolgreich absolviert. Meinen beruflichen Werdegang habe ich bis heute nicht bereut.

Und wie ging es dann weiter?

Von 1975 bis 1979 wurde ich im damaligen Karl-Marx-Stadt zum Diplomlehrer in den Fächern Mathematik und Physik ausgebildet. Am 1. August 1979 begann dann meine Tätigkeit als „frischgebackener“ Mathe/Physiklehrer an der Roßweiner Geschwister-Scholl-Schule.

Zwölf Jahre später wurden Sie Schulleiter. Wie kam es dazu?

In den Zeiten des politischen Umbruchs in der damaligen DDR musste kurzfristig die Stelle des Schulleiters an der Geschwister-Scholl- Schule ab Januar 1991 neu besetzt werden. Der Lehrerrat der Schule hatte mich im Namen des Kollegiums gebeten, mich für diese Stelle zu bewerben.

Ab 1 Januar 1991 begann somit meine verantwortungsvolle Tätigkeit als Schulleiter und damit 30 sehr schöne, spannende aber auch sehr turbulente Jahre an der Roßweiner Oberschule.

Inwiefern turbulent?

Im Übergang der Bildungsstruktur von der polytechnischen Oberschule zur Mittelschule ab 1992/93 mussten sehr viele Entscheidungen getroffen werden, die für die Zukunft der Roßweiner Bildungslandschaft von weitreichender Bedeutung sein sollten. Gern denke ich daran zurück, dass ich im Sommer 1992 noch eine Schuleingangsrede für die „Abc-Schützen“ gehalten habe.

An der Schule lernten damals über 800 Kinder und das gesamte Kollegium bestand aus 60 Mitarbeitern, für welche ich die Verantwortung hatte. Es war das letzte Schuljahr, in dem die Kinder an der Schule noch von der 1. bis zur 10. Klasse unterrichtet wurden.

Im gleichen Jahr habe ich mit allen Kollegen und der damaligen Hortleiterin Christa Leinert eine denkwürdige Festwoche zum 100-jährigen Schuljubiläum vorbereitet. Mit großer Begeisterung und Zuspruch wurde das Fest im September 1991 gefeiert.

Ab dem Schuljahr 1992/93 trat das 1. Sächsische Schulgesetz in Kraft. Das bedeutete, dass wir in unserer Schule nur noch die Klassen von der 5. bis zur 10. Klasse unterrichten.

Wegen der geburtenschwachen Jahrgänge um die Jahrtausendwende stand der Erhalt der Schule schon mal auf der Kippe. Wie haben Sie das erlebt?

Diese Situation hat mir viele schlaflose Nächte bereitet. Mit hoher Einsatzbereitschaft, viel Engagement und neuen Ideen, konnte gemeinsam mit dem Lehrerkollegium eine Schulschließung abgewendet werden. Dazu gehörte auch die Gründung eines Schulfördervereins im Sommer 2001, deren Entstehung auf meine Initiative zurückzuführen ist.

Gemeinsam mit allen Lehrerkollegen und der Stadt Roßwein als Schulträger gelang es, die Attraktivität der Schule zu erhöhen und weit über die Grenzen der Stadt hinaus zu präsentieren. Von damals 250 Schülern stieg die Zahl wieder kontinuierlich auf 360 Kinder an.

Heute besuchen die Oberschule in Roßwein auch viele Mädchen und Jungen aus den umliegenden Gemeinden.

Ein großes Ereignis war auch die Sanierung des Schulgebäudes.

Ja, das stimmt. Fast alle anderen Schulen im Landkreis erstrahlten schon längst im neuen Glanz. Nur in Roßwein wollte es nicht vorangehen. Im Herbst 2012 begann dann endlich die Sanierung der Mittelschule (ab 2013 Oberschule).

Diese wurde zum Schul- und Heimatfest am 4. Juli 2015 in einem feierlichen Akt wieder eröffnet. Bis es soweit war, verging eine sehr intensive Zeit. Ich habe damals an fast jeder Baubesprechung teilgenommen.

In den letzten Jahren ist die Schülerzahl ständig gestiegen, sodass wir langsam mit den Räumlichkeiten an die Kapazitätsgrenze stoßen. Mit dem Neubau der Stadtsporthalle, die 2016 zur Nutzung freigegeben wurde, verfügt unsere Schule nun nicht nur über optimale Schul- und Lernbedingungen, sondern hat sich darüber hinaus als moderner Schulcampus einen guten Ruf, weit über die Grenzen der Stadt Roßwein hinaus, erarbeitet. Darauf bin ich besonders stolz.

Wie sehen Sie selbst den Schulleiter-Beruf? Würden Sie aus heutiger Sicht wieder alles genauso machen?

Ja, auf jeden Fall. Es ist ein anspruchsvoller aber auch sehr intensiver Job, den ich bis heute mit viel Lust, Liebe und Freude ausführe. Ich sehe ihn als meine tägliche Berufung an.

Vor allem schätze ich die wirklich gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Lehrerkollegium, den Schülern und Eltern, aber auch die perfekte Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister und der Stadtverwaltung Roßwein. Darin liegt für mich der Erfolg und die sehr gute Entwicklung unserer Oberschule begründet.

Zu der hoffentlich letzten schwierigen Phase meiner Laufbahn zähle ich die Zeit der Corona-Pandemie ab März 2020. Die Schule geriet mit der häuslichen Lernzeit, den verschiedenen neuen Unterrichtsmodellen in ein ganz neues Blickfeld. Ich habe unzählige Elternbriefe verfasst, mich mit Schnelltests, Wechselunterricht, Homeschooling und Videokonferenzen auseinandergesetzt und beschäftigt.

Die gesamte mediale Technik und deren unendlichen Möglichkeiten wird, bei aller Begeisterung, die klassische Unterrichtsstunde eines Lehrers aber auch in Zukunft nicht ersetzen können.

Sie sind 63 Jahre alt. Denken Sie schon ans Aufhören?

Das ist eine Frage, die ich am liebsten in den Hintergrund dränge. Eigentlich kann ich mit 66 Jahren – also in reichlich zwei Jahren – offiziell in Rente gehen. Wenn es die Gesundheit zulässt, würde ich aber gern noch ein Jahr dranhängen.

Ein Leben ohne Schule kann ich mir heute noch nicht so richtig vorstellen. Dazu bin ich emotional viel zu sehr mit dem Beruf, unserem Lehrerteam und den Schülern verbunden.

Es fragte: Elke Braun

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