Döbeln. Die Geschichte dieses Coups erzählt Sven Liebhauser gerne. „Da bin ich stolz drauf“, sagt der 40-Jährige. Wenn die Story ein Märchen wäre, würde sie wohl „Wie ich den Erdbeerkönig nach Döbeln holte“ heißen. Karls siedelt sich mit seinem Erlebnis-Dorf nicht bei Dresden an, sondern mitten in der sächsischen Provinz. Allerdings damit auch mitten zwischen den drei sächsischen Großstädten.
Auf die geniale Lage hatte Liebhauser den Karls-Chef Robert Dahl schon früher hingewiesen. „Ich hatte Karls Erlebnis-Dorf privat besucht und als es 2018/19 im Raum stand, dass Karls nach Sachsen kommt, habe ich die Firma angeschrieben“, erzählt Liebhauser. „Geschäftsführer Robert Dahl war auch hier. Aber damals war noch Bannewitz im Gespräch und er wollte zu seinem Wort stehen. Er hat mich gefragt, ob ich zu meinem Wort stehe, wenn sich das zerschlagen sollte.“
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Die Idee Bannewitz zerschlug sich. Als Karls Schwierigkeiten hatte, die benötigten Flächen zu kaufen, kam Döbeln wieder ins Spiel. „Wir haben uns ins Zeug gelegt und der Stadtrat hat mitgezogen.“ Selbst die Geheimhaltung funktionierte. Von der geplanten Ansiedlung drang fast bis zuletzt nichts nach außen. Derzeit ist die Stadt dabei, die schwierigen Planungen gemeinsam mit dem Investor abzuwickeln.
Die Eröffnung irgendwann im kommenden Jahr würde Liebhauser dann vielleicht nicht mehr als Döbelner Oberbürgermeister erleben. Der 40-Jährige stellt sich im Juni der Wahl zum mittelsächsischen Landrat.
Moderner Konservativer
Man stellt sich unwillkürlich die Frage: Warum macht er das? Dass es ihm mit der Kandidatur sehr ernst ist, daran lässt der Döbelner keinen Zweifel. Das war schon 2019 so, als der damalige Landtagsabgeordnete beschloss, nicht mehr Landtagsabgeordneter zu sein, sondern die Nachfolge des scheidenden OBs Hans-Joachim Egerer anzutreten.
„Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig. So ist es auch diesmal. Ich habe das mit meiner Familie besprochen und kandidiere, um Landrat zu werden. Mir macht die Arbeit als Oberbürgermeister viel Spaß. Man sieht erste Erfolge. Aber es gibt einen Moment, wo man in der Verantwortung in Mittelsachsen steht, der man gerecht werden muss“, sagte Liebhauser.
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Er ist auch Kreisvorsitzender der CDU. „CDU-Mitglieder und Kreistagsabgeordnete sind auf mich zugekommen. Es wäre eine spannende und verantwortungsvolle Aufgabe.“
Obwohl er für einen Politiker noch relativ jung ist, ist er ein alter Hase in dem Gewerbe. Seit 2004 war Liebhauser Stadt- und Kreisrat. 2009 kandidierte er für den Landtag und war dort zehn Jahre, war für Finanzen und für Petitionen zuständig.
Wenn man Sven Liebhauser fragt, ob er ein Konservativer ist, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: „Ja, aber ein moderner Konservativer. Was sich bewährt hat, das sollte man behalten und verbessern. Man sollte aber auch für Neues aufgeschlossen sein. Die Welt dreht sich weiter und wir müssen uns mitbewegen.“
Schon zeitig an Politik interessiert
Dass er seine politische Heimat bei der CDU findet, war dem Döbelner nicht in die Wiege gelegt. 1999 habe er begonnen, sich für Politik zu interessieren, erzählte Liebhauser. „Ich war mit meiner Mutter bei der Wahl und habe mich geärgert, dass ich nicht mitwählen durfte. Das war vier Monate vor meinem 18. Geburtstag“, erzählte er. Danach habe er angefangen, sich bei den Parteien umzuschauen. „Ich war auch in Versammlungen der SPD.“
Bei der CDU habe es ihm gefallen. Wegen des Programms: Die CDU war damals gegen die Abschaffung der Wehrpflicht und gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Liebhauser auch. „Es gab auch einen guten Zusammenhalt in der Truppe. Ich war dort gut aufgehoben. Der Vorsitzende Ullrich Kuhn war sehr aufgeschlossen und hat mich geprägt“, sagt Liebhauser.
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2004 kandidierte Liebhauser bei der CDU. Da noch als Parteiloser. Später wurde er Parteimitglied. Das „C“ im Namen der Partei hat für ihn weniger Bedeutung. „Ich bin konfessionslos. Aber die CDU ist für alle aufgeschlossen. Wir wollen eine Volkspartei sein.“
Bankkaufmann, Betriebswirt, Diplomrechtspfleger
Liebhauser ist Ur-Döbelner. Wie viele seiner Generation in Leisnig geboren. Aber am Sternplatz in Döbeln West aufgewachsen. Schulbesuch in Großbauchlitz. Danach Bankenlehre in München und Arbeit als Privatkundenberater. Als die Hypovereinsbank einen Ableger in Leipzig gründete, war er wieder in Sachsen. „Ich war ab dem ersten Tag dabei“, sagte er.
Nebenbei bildete er sich zum Betriebswirt weiter. Um dann noch einmal total umzuschwenken. Abi in Riesa, parallel dazu Bewerbung an der Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung. „Von 1.200 Bewerbern haben sie 16 für die Rechtspflege genommen“, sagte Liebhauser. Der Diplomrechtspfleger arbeitete dann noch einige Zeit bei der Staatsanwaltschaft in Leipzig, bevor er in die Politik ging.
Herr Liebhauser, mit wem würden Sie gern mal ein Glas Wein trinken?
Wer mir da einfiele, ist Matthias Sammer von Dynamo Dresden damals. Der Deutsche Meister mit Höhen und Tiefen.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Keins, mangels Zeit.
Mit welchen drei Worten würden Sie sich selbst beschreiben?
Zuhören, verstehen, anpacken.
Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Über die Serie Pastewka, die ich mir angeschaut habe.
Sie gewinnen eine Reise und dürfen sich das Ziel aussuchen. Wo läge das?
Das wäre New Orleans. Da war ich mit meiner Frau schon dort und würde gern noch einmal hinfliegen.
Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Meine Familie, etwas Leckeres zu essen und Musik. Am besten von Ennio Morricone.
Mit seiner Frau Corinna ist er 19 Jahre zusammen. Die meiste Zeit davon unverheiratet. Vor drei Jahren hat es dann doch noch damit geklappt. „Der Zeitpunkt hat gepasst. Wir sind bestimmt ein halbes Jahr lang nicht gefragt worden, ob wir nicht mal heiraten wollen“, meint Liebhauser und lächelt. Die beiden haben drei Kinder. Zwei Jungs und ein Mädchen.
Wenn man Liebhauser nach seinen Hobbys fragt, dann gibt er seine Familie an. Neben Skat spielen mit Freunden und grillen. Auch mit dem Fahrrad ist der Döbelner gern in der Gegend unterwegs.
Wahlkampf bis ins Erzgebirge
Für seine Familie hat Liebhauser derzeit wahrscheinlich etwas weniger Zeit. Er ist auf Wahlkampf im gesamten Landkreis unterwegs, der von Neuhausen an der Grenze zu Tschechien bis nach Penig an der Grenze zu Thüringen reicht.
Auf die Schwierigkeit, als Flachländer auch von den Wählern im Erzgebirge wahrgenommen und gewählt zu werden, geht Liebhauser nicht ein. „Ich habe in den vergangenen Jahren vieles kennengelernt und bin viel herumgekommen. Alle Regionen haben ihre identitätsstiftenden Besonderheiten. Das Erzgebirge die Bergbautradition, wir unsere Burgen und Schlösser. Das Land des Porphyrs in Rochlitz, Weltkulturerbe Montanregion. Das sind Alleinstellungsmerkmale. Aber insgesamt sind wir Mittelsachsen. Wirtschaftsstark, solide, gut aufgestellt, kulturell vielfältig. Im Sportbereich mit 46.000 ehrenamtlichen Sportlerinnen und Sportlern in den Vereinen. Das kann sich sehen lassen und das zeichnet Mittelsachsen aus.“
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Ein paar Dinge, die Liebhauser als Landrat gern umsetzen möchte, hat er bei der Stadtverwaltung Döbeln schon in Ansätzen ausprobiert. Stichwort Digitalisierung. Spielräume für digitale Lösungen in der Verwaltung gibt es, meint Liebhauser. „Ich bin ein lösungsorientierter Oberbürgermeister und möchte auch ein lösungsorientierter Landrat sein, der hinter, vor und neben seinen Mitarbeitern steht. Der als Dienstleister für die Bürger fungiert und der Gesetze lösungsorientiert auslegt.“
Digitalisierung in der Verwaltung
Bei der Digitalisierung gebe es Möglichkeiten, aber das Ziel sei noch lange nicht erreicht. Formulare im Internet herunterzuladen, sei das eine. „Aber Anträge im Internet zu stellen, da gehört viel dazu. Etwa die digitale Unterschrift. Das muss alles sauber sein.“
Nach Liebhausers Vorstellung soll die digitale Akte laufen und nicht der Bürger. Er macht das an der Führerscheinstelle fest. „Wenn die Jahrgänge, die jetzt ihren Führerschein umtauschen, alle nach Döbeln müssen, dann sollte eine andere Lösung her.
Auch in Mittweida und Freiberg sollte es Anlaufstellen geben, wo man den Führerschein umtauschen kann.“ Auf den Internetseiten die Stadt Döbeln finden sich Formulare. Kindergartenplätze könnten über das Portal Little Bird angemeldet werden, sagte Liebhauser. „Es sind viele kleine Sachen, die wir da schon gemacht haben.“
Auch Vorlagen für den Döbelner Stadtrat findet man im Internet. Das war beim Landkreis nicht der Fall. Die bis vor Kurzem mangelnde Transparenz war unter anderem ein Kritikpunkt der Linken. Die hatten sogar gegen diese Praxis geklagt. „Wir haben damit in Döbeln gute Erfahrungen gemacht. Es ist wichtig, dass man die Unterlagen im Internet veröffentlicht. Ich denke, das ist zeitgemäß, dass man die Bürger rechtzeitig mit einbindet und informiert“, sagte Liebhauser.
E-Mobile für die Verwaltung und Ladesäulen
Auch bei anderen Zukunftsthemen will sich der Kandidat engagieren. Stichwort E–Mobilität. Liebhauser könnte sich vorstellen, dass der Landkreis an seinen Standorten mit entsprechender Förderung E-Tanksäulen aufbaut und E-Mobile in der Flotte des Landratsamtes nutzt.
Für interessant hält er auch das Thema Wasserstoff als Antrieb für Busse und Züge. Als Landrat hätte er in diesem Punkt Einflussmöglichkeiten. Der Landkreis ist Mitglied beim Mitteldeutschen Verkehrsverbund und Gesellschafter der Firma Regiobus.
Und noch ein weiteres Thema rückt damit in den Fokus: Die Wiederherstellung der Bahnanbindung von Döbeln nach Dresden, die bisher keine sehr hohe Priorität beim Landkreis besitzt. „Das ist ein Thema, das vor allen unsere Region tangiert. Und da bleiben wir dran und sind auch parteiübergreifend engagiert. Es gibt eine Studie, die bei dieser Verbindung Bedarf sieht. Da ist der Freistaat in der Verantwortung und wir müssen weiter dranbleiben.“
Förderung für junge Ärzte
Die Gesundheitsversorgung hält Liebhauser für eines der zentralen Themen bei der Bevölkerung. Die vielfältige Krankenhauslandschaft im Landkreis sei zu erhalten. Der Landkreis ist selbst Träger von zwei Krankenhäusern in Freiberg und Mittweida.
Die medizinischen Versorgungszentren der Krankenhäuser werden nach Liebhausers Ansicht zusammen mit der Telemedizin an Bedeutung zunehmen. Mit der Telemedizin gebe es in einigen Praxen schon gute Erfahrungen. Eine Herausforderung sei es, die Praxisnachfolgen zu organisieren.
Auch den Aufbau von Weiterbildungsverbünden hat Liebhauser im Blick. Dafür gebe es Fördermittel des Freistaates, mit denen man in den Regionen Freiberg, Mittweida und Döbeln Weiterbildungsverbünde etablieren kann. „Die haben das Ziel, den Studenten schmackhaft zu machen, sich im ländlichen Raum niederzulassen. Dafür gibt es personelle und materielle Unterstützung.“
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Die Studenten sollen ihre Facharztausbildung im Landkreis absolvieren. In der Hoffnung, dass sie dann hierbleiben. „Da ist Vernetzung wichtig. Man braucht dafür Krankenhäuser und Fachärzte, die mitarbeiten.“ Ein Mitarbeiter würde dafür an den Universitäten für eine Ausbildung bei Ärzten in der Region werben und die angehenden Fachärzte weiter begleiten. Auch Stipendien seien eine Möglichkeit, die jungen Ärzte für die Region zu interessieren.
Bei Straßen mehr Druck machen
Die Einflussmöglichkeiten eines Landrates auf den Freistaat hält Liebhauser für gering. Ansprüche anmelden, dass könne er aber. Beispiel Straßenbau. Dort fehlt das Geld vorn und hinten. „Da müssen wir mit den Bürgermeistern noch mehr Druck gegenüber dem Freistaat machen. Da sind wir ganz klar von Fördermitteln abhängig. Ein ‚weiter so‘, wie es jetzt ist, kann es nicht geben. Straßen sind Lebensadern des ländlichen Raums. Wenn das so weitergeht, bekommen wir ein richtiges Problem.“
Im Falle seiner Wahl würde Liebhauser einen Landkreis übernehmen, dessen Bevölkerung schrumpft. „Das werden wir nicht aufhalten können. Aber wir können die Einwohnerzahl stabilisieren“, ist Liebhauser überzeugt.
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Das sei die Aufgabe der Städte, die der Landkreis begleiten muss: durch Hilfe bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Durch genügend Kita-Plätze. Durch die weichen Standortfaktoren wie die Kultur. Der Landrat ist als Mitglied des Kulturkonvents verantwortlich für die Verteilung der Kulturraummittel. „Kultur ist ganz wichtig, um die Leute zu halten und neue zu gewinnen“, sagte Liebhauser.
Um wen sich der Landkreis auch kümmern muss, sind Asylbewerber. Liebhauser hat zu dem Thema eine recht klare Meinung. „Wichtig ist, dass wir die Anträge schnell bearbeiten, damit die Leute wissen, woran sie sind. Wer anerkannt ist und bleiben darf und wer nicht anerkannt wird und das Land wieder verlassen muss. Das ist eine konsequente Vorgehensweise, um eine Integration zu ermöglichen und den sozialen Frieden zu wahren.“