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Etwa 300 Menschen demonstrieren in Döbeln gegen rechts

Auf dem Obermarkt wurden Zusammenhalt gegen rechts, Grundrechte und Demokratie beschworen. Die Teilnehmer kamen aus allen politischen Lagern und Altersgruppen.

Von Jens Hoyer
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Etwa 300 Menschen haben am Sonntag auf dem Obermarkt gegen rechts demonstriert.
Etwa 300 Menschen haben am Sonntag auf dem Obermarkt gegen rechts demonstriert. © Jens Hoyer Jens Hoyer

Döbeln. Etwa 300 Menschen haben am Sonntagnachmittag auf dem Döbelner Obermarkt gegen Rechtsextreme und für Demokratie demonstriert. Mitglieder des Vereins Treibhaus hatten die Kundgebung organisiert und waren damit einem Aufruf des Bündnisses „Gemeinsam gegen rechts“ gefolgt.

Grund war das bekanntgewordene Treffen von Rechtsextremen unter anderem mit AfD-Mitgliedern, bei denen über die „Remigration“ von Millionen von Menschen gesprochen wurde.

Eine Reihe Redner, unter anderem der Landtagsabgeordnete Henning Homann, sprach zu den Demonstranten.
Eine Reihe Redner, unter anderem der Landtagsabgeordnete Henning Homann, sprach zu den Demonstranten. © Jens Hoyer Jens Hoyer
Die Freien Sachsen hatten sich mit einer Gegenkundgebung etwa 50 Meter entfernt auf dem Obermarkt aufgestellt.
Die Freien Sachsen hatten sich mit einer Gegenkundgebung etwa 50 Meter entfernt auf dem Obermarkt aufgestellt. © Jens Hoyer

Angela Grigo und Anna Lück hatten ein großes Banner vor dem Rathaus aufgespannt „Menschenrechte statt rechte Menschen“ hatten sie aufgesprüht. „Mir macht die gesamte Entwicklung Angst. Dass es heute gängig geworden ist, rechte Parolen zu brüllen, und dass die Scham so klein geworden ist, mit Nazis zu demonstrieren“, sagte Anne Lück.

Die Demo bot einen Durchschnitt der Bevölkerung. Alte und junge Menschen, Leute aller möglichen politischen Einstellung und Religionen standen auf dem Obermarkt. Ein kleines Mädchen hielt eine Fahne in der Hand, ältere Damen Schilder mit der Aufschrift „Omas gegen rechts“ in die Höhe.

Hetze bestimmt die Stimmung im Land

Pfarrer Lutz Behrisch sprach von einem Kindheitserlebnis in der Slowakei, als sie als Deutsche in einer Gaststätte als „Faschisten“ nicht bedient wurden. Er sehe es als seine Christenpflicht an, Gäste wohlwollend zu behandeln.

„Ich bin vielen Fremden begegnet in den letzten Jahren und alle lieben ihre Heimat. Viele sind aber aus Not hier und weil sie verfolgt werden. Sie würden in ihrer Heimat leben, wenn die Bedingungen anders werden. Wir sollten eintreten für ein Klima der Achtung voreinander und gegenseitigen Unterstützung. Alle Ausgrenzung ist menschenfeindlich und -verachtend.“

Landrat Dirk Neubauer (parteilos) sprach vom guten Gefühl, nicht alleine zu sein und auf der richtigen Seite zu stehen. „Meinungsfreiheit ist das höchste Gut in diesem Land. Aber Meinungsfreiheit ohne Anstand ist Hetze. Und wir haben in den letzten Monaten viel zu sehr zugelassen, dass das die Stimmung im Land bestimmt", so Neubauer.

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"Natürlich gibt es viele Baustellen, die wir beackern müssen. Aber es geht nicht mit Hass und Hetze. Das geht nur auf Augenhöhe mit dem richtigen Ton. Und damit, auszuhalten, dass es Menschen gibt, die andere Meinung sind. Gute Kompromisse auszuhandeln, das ist der Lebenszweck der Demokratie“, sagte der Landrat.

Stadtrat Rudolf Lehle (CDU) beschwor den Zusammenhalt und die freiheitlich demokratische Grundordnung. Bei allen politischen unterschieden „stehen wir gemeinsam gegen politische Extremisten und menschenverachtende Ideologien, gegen geistige und tatsächliche Brandstifter von rechts und auch gegen Extremisten und Gewalttäter von links und gegen religiöse Gewalttäter. Dazu gehört der Schutz der Menschenrechte nach unserer Verfassung.“

Aufruf: Mitwirken an demokratischen Prozessen

Es gehe nicht nur um die Abschiebung von Migranten, sagte der SPD-Landtagsabgeordnete Henning Homann. „Es geht diesmal auch darum, dass alle, die wir auf dem Obermarkt stehen, zu Feinden erklärt wurden. Es ist der letztmögliche Moment, wo wir Stop sagen müssen. Wir können nicht warten, dass der Pfarrer abgeholt wird, weil er einen koptischen Christen in seiner Gemeinde aufgenommen hat. Wir können nicht warten, bis der Trainer abgeholt wird, weil er einen syrischen Flüchtling in der Startelf aufgestellt hat. Nie wieder ist jetzt. Der Kampf gegen rechts entscheidet sich nicht in Berlin Mitte, sondern bei uns.“

Oberbürgermeister Sven Liebhauser (CDU) sprach von einem starken Zeichen, das die Teilnehmer setzen. „Alle, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung angreifen müssen wir uns entgegenstellen. Am 9. Juni haben wir Kommunalwahl. Bitte wirken Sie mit, egal in welcher demokratischen Partei, und machen sie aktiv von ihrem Wahlrecht Gebrauch.“

Etwa 50 Meter entfernt hatten sich die rechtsextremen Freien Sachsen zu einer Gegenkundgebung aufgebaut. 40 bis 50 Teilnehmer standen um den Lautsprecherwagen.

Zwischen den beiden Lagern beobachtete der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Kuppi mit einigen AfD-Mitgliedern das Geschehen. Ein Polizeiaufgebot mit etwa 25 Beamten nahm die Absicherung vor. Zwischenfälle hat es keine gegeben.