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Radfahrer klagen über Drängler

Der ADFC hat das Fahrradklima in Döbeln bewertet. Die Stadt ist besser als andere, aber es gibt Nachholbedarf.

Von Jens Hoyer
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Die Bahnhofstraße in Döbeln gehört zu den Straßen, auf denen die Radfahrer relativ sicher unterwegs sind. Hier war vor einigen Jahren ein breiter Radfahrstreifen angelegt worden.
Die Bahnhofstraße in Döbeln gehört zu den Straßen, auf denen die Radfahrer relativ sicher unterwegs sind. Hier war vor einigen Jahren ein breiter Radfahrstreifen angelegt worden. © Dietmar Thomas

Döbeln. Döbeln hat es zum ersten Mal überhaupt in den Fahrrad-Klimatest geschafft, den der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) alle zwei Jahre durch eine Umfrage im Internet ermittelt. Die gute Nachricht: Döbeln schneidet in der Bewertung etwas besser ab als der Durchschnitt in Sachsen.

Die Stadt landet auf Rang 6 von 19 sächsischen Städten über 20.000 Einwohner. Aber auch das ist ein Ergebnis des Tests: Es gibt noch eine Menge zu verbessern.

Gefährlich von Autos überholt

Thema Sicherheit: 62 Prozent der Döbelner Radfahrer sehen sich im Straßenverkehr als gefährdet an. Zwei Drittel der Teilnehmer geben an, zu knapp und gefährlich von Autos überholt zu werden. 64 Prozent der Befragten sagten, dass Radwege im Winter kaum von Schnee geräumt werden, knapp die Hälfte wünscht sich eine bessere Reinigung der Radwege.

„Die Situation ist grundsätzlich bekannt“, sagte Stadtsprecher Thomas Mettcher auf Anfrage, „Durch den eng bebauten Stadtraum ist es oft schwierig, separate Radwege zu errichten. Die Topografie des Muldentales setzt weitere Grenzen. Das Verlagern des Radverkehrs auf weniger stark befahrene Straßen wird durch die Hanglagen und die Freiberger Mulde oft erschwert.“ Gegenseitige Rücksichtnahme sei deshalb wichtig, so Mettcher. „Radfahrer sind gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer.“

In der Stadt sind, wie hier an der Niederbrücke einige, Einbahnstraße für Radfahrer freigegeben. Nach deren Einschätzung aber zu wenige.
In der Stadt sind, wie hier an der Niederbrücke einige, Einbahnstraße für Radfahrer freigegeben. Nach deren Einschätzung aber zu wenige. © Jens Hoyer

Das Baubetriebsamt sei zwar bemüht, im Winter auch die Radwege zügig zu räumen, aber die Kapazitäten seien begrenzt, so Mettcher. „Oft ist es leider so, dass der Schnee von den Fußwegen und von der Straße letztlich auf den Radwegen landet. Die Leidtragenden sind die Radfahrer. Lösen lässt sich das aber nur, wenn der Schnee von den Radwegen abtransportiert wird. Aber das ist dann wieder ein Kapazitätsproblem.“

Auch das hat der ADFC herausgefunden: 54 Prozent der Döbelner Radfahrer wünschen sich, dass mehr Einbahnstraßen in der Stadt entgegengesetzt der Fahrtrichtung für den Radverkehr freigegeben werden. Das ist ein Wert, der 17 Prozent über dem sächsischen Durchschnitt liegt, so der ADFC.

Einbahnstraßen zu schmal

Manche Einbahnstraßen seien für eine Öffnung aber zu schmal. Zudem müssten die Radfahrer am Ende der Einbahnstraße sicher in die dort befindliche Kreuzung einfahren können. „Schwierige Bereiche in dieser Hinsicht sind beispielsweise die Kreuzungen Rosa-Luxemburg-Straße/Bahnhofstraße und Ritterstraße/Kleine Kirchgasse“, sagte Mettcher.

Aber die Befragten sehen auch gute Seiten am Döbelner Radverkehr: 72 Prozent gaben an, dass Radfahren in Döbeln grundsätzlich Spaß macht. 74 Prozent meinen, dass zügiges Radfahren in der Stadt möglich ist. Und 59 Prozent ist mit der Anzahl der in der Stadt vorhandenen Abstellanlagen zufrieden.

Neues Radverkehrskonzept

Deutlich besser als im sächsischen Durchschnitt bewerteten die Döbelner auch die Falschparkerkontrollen auf Radwegen. Auch sind die Döbelner etwas zufriedener mit der Breite und der Oberflächenqualität ihrer Radwege.

Döbeln hatte 2011 ein Radverkehrskonzept verabschiedet, das jetzt allerdings abgearbeitet ist. In diesem Jahr will die Stadtverwaltung beginnen, das Konzept fortzuschreiben. Dafür sei auch Geld im Haushalt eingestellt, so Stadtsprecher Thomas Mettcher.

„Natürlich muss aber auch der Freistaat die sächsischen Kommunen unterstützen“, sagte Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen. „Dass Verkehrsminister Martin Dulig jetzt den Städten und Gemeinden den Geldhahn zudrehen will, besorgt mich sehr.“ Der Haushaltsentwurf der sächsischen Staatsregierung sehe eine Reduzierung von Mitteln zum Ausbau kommunaler Radwegenetze von 11,7 Millionen Euro im Jahr 2020 auf rund 2,4 Millionen Euro ab 2021 vor. „Der ADFC setzt große Hoffnungen darauf, dass die Landtagsabgeordneten von CDU, Grünen und SPD dies in letzter Sekunde noch korrigieren“. so Krause.

Großes Interesse an dem Thema

In Döbeln hatten sich 62 Menschen an der Online-Umfrage des ADFC beteiligt. Zwei Jahre zuvor waren es nur 14 gewesen. Das die Mindestanzahl von 50 diesmal mühelos gerissen wurde, ist für Krause eine Bestätigung für den allgemeinen Trend aufs Fahrrad, der durch Corona noch verstärkt wird. Im vergangenen Jahr habe der Handel zwei Millionen E-Bikes verkauft. Die Branche setzte 60 Prozent mehr Fahrräder ab. „Wer 2.000 bis 3.000 Euro für ein Fahrrad ausgibt, der will auch die nötige Infrastruktur vorfinden“, sagte Krause.

Mit den E-Bikes verlieren auch Steigungen ihre Schrecken. „Heute steigen ganz andere Leute aufs Fahrrad, die auch ein anderes Sicherheitsbedürfnis haben. Der Anteil von Frauen und der Nutzer von City-Fahrrädern wächst“, sagte Krause.

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