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Waisen-Fohlen ist der Chef

Dem kleinen Hengst mit der Blesse auf der Stirn geht es gut. Doch kurz nach der Geburt hing sein Leben am seidenen Faden.

Von Frank Korn
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Ellen Kölz mit dem Hengstfohlen, dessen Mutter kurz nach der Geburt gestorben war. Für das Jungtier musste schnell eine Amme besorgt werden.
Ellen Kölz mit dem Hengstfohlen, dessen Mutter kurz nach der Geburt gestorben war. Für das Jungtier musste schnell eine Amme besorgt werden. © Frank Korn

Leisnig. Das schwarze Hengstfohlen mit der weißen Blesse auf der Stirn steht allein am Ausgang. Fast könnte man denken, das Jungtier wird von den anderen Pferden gemieden. Doch dem ist nicht so. Ellen Kölz vom Pferdebetrieb in Tautendorf ist mit der Entwicklung des jungen Hengstes vollauf zufrieden.

Noch vor sieben Monaten stand das Leben des Kleinen auf der Kippe. Bei der Geburt des Hengstfohlens war dessen Mutter an einem Aortenriss gestorben. Der kleine Kerl kam umgehend in die Tierklinik, wo er nicht nur eine Bluttransfusion mit Fremdblutplasma erhielt, sondern auch mit Kolostralmilch aus der Flasche ernährt wurde.

Nicht ganz unproblematisch, denn schnell gewöhnt sich Pferdenachwuchs an diese Form der Fütterung. „Deshalb war es wichtig, ganz schnell – also in nur ein oder zwei Tagen – eine Ersatzmutter für ihn zu finden“, sagt Ellen Kölz, die sich um den Pferdenachwuchs kümmert.

Umgehend war deshalb, unter anderem auch mithilfe von Sächsische.de, mit der Suche nach einer Ammenstute begonnen worden. Mit Erfolg. Bei einem Reitkollegen der Familie Kölz in Wittenberge (Brandenburg) wurde eine Ammenstute gefunden und nach Tautendorf geholt. Die hatte ihr Fohlen verloren.

Das Foto zeigt, dass sich das Fohlen und die Amme gut verstanden haben
Das Foto zeigt, dass sich das Fohlen und die Amme gut verstanden haben © Dirk Westphal

Ersatz-Mama wieder zu Hause

Eine Garantie, dass die Chemie in der neuen Pferdefamilie stimmt, und die Stute mit Namen Aragonessa das schwarze Hengstfohlen mit der weißen Blesse auf der Stirn annimmt, gab es allerdings nicht. Und zunächst gestaltete sich die Zusammenführung auch schwieriger als gedacht. „Der Kleine hatte noch nie aus dem Euter getrunken. So kam er immer wieder zu uns, weil er wusste, dass es von Menschen Milch gibt“, sagt Ellen Kölz und fügt an: „Er musste lernen, wo er säugen soll, wovon die Stute anfangs nicht so begeistert war.“

Deshalb war in der ersten Nacht immer jemand im Stall, der aufgepasst hat, dass dem Fohlen nichts passiert. Immer wieder wurde er an die Stute herangeführt und im Laufe der Zeit wurde Ziehmutter Aragonessa schon etwas entspannter. „Und dann hat sie ihn auch mal abgeleckt. Als das geschah, wussten wir, dass sie ihn annimmt“, sagt Ellen Kölz und fügt an: „Sie hat dann schon mal nach ihm gewiehert und ihn auch beschützt, wenn in der Nachbarbox jemand war.“

Gute sechs Monate sind die Stute und das Fohlen eine Einheit gewesen. Anfang November ging es für Aragonessa wieder in ihre Heimat zurück. „Das ist aber ein normaler Vorgang. Nach etwa sechs Monaten werden die Fohlen von der Muttermilch abgesetzt“, erklärt Ellen Kölz. Jetzt bekommen die Jungtiere zweimal am Tag Kraftfutter. Ansonsten haben sie Heu und Heulage jederzeit zur Verfügung.

Junger Hengst setzt sich durch

15 Jungtiere sind in dem Laufstall in Tautendorf untergebracht, an den sich ein Paddock, ein eingezäunter grasloser Auslauf im Freien, anschließt. „So können sie rein und raus, wie sie wollen“, sagt Kölz. Im Frühjahr, wenn es dann auf die Dauerweide geht, werden sie nach Stuten und Hengsten getrennt. Nicht alle Tiere sind in Tautendorf geboren, einige kommen auch von auswärts. Die Jungtiere bleiben meist, bis sie drei- oder vierjährig sind. Dann gehen sie entweder zu den Besitzern zurück oder werden in Tautendorf zu Sportpferden ausgebildet.

Der kleine Hengst mit der Blesse hat sich gut entwickelt. Er gehört zu den größeren Tieren im Laufstall. Aber das sei schon bei der Geburt abzusehen gewesen. „Auch seine Mutter Cantara war sehr groß“, so Kölz. Der junge Hengst sei sogar einer der Chefs in der Box. Er sei nicht frech, aber er lasse sich sein Futter nicht von anderen streitig machen. Stute Aragonessa ist in Tautendorf noch besamt worden, ehe sie wieder in ihre Heimat zurückgebracht wurde. „Das haben wir mit den Besitzern so abgesprochen“, sagt Kölz.

Für die jungen Stuten und Hengste ist es in den vergangenen Wochen richtig aufregend gewesen. Sie mussten ohne Mama zurechtkommen und sich an den Stall gewöhnen. Die Mütter sind noch auf der Weide. „Die brauchen Bewegung, damit das Euter zurückgeht“, erklärt Ellen Kölz.Der kleine Hengst hat allerdings noch keinen Namen. Das Jungtier ist als Pensionspferd auf dem Kölzschen Hof untergebracht. „Die Besitzer haben ihm noch keinen Namen gegeben“, sagt Ellen Kölz.

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