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Seit 30 Jahren rollt es auf der Umgehungsstraße in Waldheim

Der ehemalige Bürgermeister Karl-Heinz Teichert erinnert sich gern an die spannende Zeit nach der Wende. In dieser wurde auch die Umgehungsstraße gebaut. Welche Hürden dafür überwunden werden mussten.

Von Sylvia Jentzsch
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Die Umgehungsstraße von Waldheim in Richtung Hartha ist vor mehr als 30 Jahren gebaut worden, um den Verkehr aus der Innenstadt zu bringen.
Die Umgehungsstraße von Waldheim in Richtung Hartha ist vor mehr als 30 Jahren gebaut worden, um den Verkehr aus der Innenstadt zu bringen. © SZ/DIetmar Thomas

Waldheim. Die Zeit nach der Wende war für viele Menschen eine spannende. „Damals konnte noch viel bewegt werden. Wer sich gut organisieren konnte und zukunftsweisende Ideen hatte, konnte etwas umsetzen, etwas erreichen“, sagte Karl-Heinz Teichert, Bürgermeister in der Zeit von 1990 bis 2001.

Dazu gehört der Bau der Umgehungsstraße vor mehr als 30 Jahren.

Schon in den „Waldheimer Heimatblättern“ Heft eins von Heinrich Weissling und Winfried Hagen steht geschrieben: „Die Nutzer der Umgehungsstraße werden später nicht mehr wissen, dass die Stadtverwaltung Waldheim wegen des Bauvorhabens 150 Grundstücke ankaufte, ein Betrieb verlagert wurde, dass Gebäudeteile des Feuerwehrgerätehauses abgerissen werden mussten und dass viele Bürger als Betroffene anzusprechen waren.“

19 Arbeitsgruppen gebildet

„In der Zeit, in der ich noch nicht Bürgermeister war, wurde vom Stadtparlament der Beschluss zum Stadtentwicklungskonzept gefasst“, so Teichert. 19 Arbeitsgruppen, in denen Fachleute und Bürger mitarbeiteten, wurden später gegründet.

Jede befasst sich mit einem speziellen Gebiet. Überlegt wurde, was gemacht werden muss, um Westniveau zu erreichen“, so der heutige Rentner. Jeden Samstag habe man sich an verschiedenen Orten getroffen, um zu fachsimpeln.

Eine Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Verkehrsführung, konkret mit der nördlichen Umgehung der Stadt.

„Ziel war es, das Zentrum frei vom Schwerlastverkehr zu bekommen und den Pkw-Verkehr einzudämmen. Ohne Probleme können im Zentrum der Stadt Feste gefeiert werden, ohne den Verkehrsfluss wesentlich zu beeinträchtigen“, so Teichert.

Der damalige sächsische Wirtschaftsminister Kajo Schommer schnitt das Band durch.
Der damalige sächsische Wirtschaftsminister Kajo Schommer schnitt das Band durch. © DA-Archiv

Planer Winfried Hagen sei auf ihn zugekommen und habe ein ausgeklügeltes Konzept vorgelegt. „Es war so genial, dass keine Erde weggefahren oder herzu geholt werden musste“, sagte Teichert. Die Stadträte fassten den Beschluss, das Projekt anzugehen.

„Auch damals musste das Vorhaben bei 66 Genehmigungsbehörden eingereicht und Stellungnahmen angefordert werden. Das hat alles Winfried Hagen übernommen, auch die Zwischenfinanzierung für die Projektierung.“

Reichlich Konfliktpotenzial

Während es gute Fortschritte bei der Planung gab, musste sich Teichert um die Finanzierung kümmern. „Ich hatte beim Projekt Umgehungsstraße auch nicht alle Waldheimer hinter mir. Da galt es einige Differenzen zu klären“, erinnert er sich.

Teichert spricht sogar von einer Konfliktlage. Deshalb sei es gut gewesen, die Bürger mitzunehmen und ihnen das Vorhaben, dessen die Vor- und auch Nachteile, zu erklären.

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Gemeinsam mit dem Tiefbauamtsleiter Michael Wittig sei er nach Dresden gefahren, um das Projekt vorzustellen. „Damals befand sich die Außenstelle des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit in einer Wohnung in einem Neubaublock an der Budapester Straße. In dieser residierte Konrad Ochs, ehemaliger Bürgermeister der Stadt Bamberg. In seinem Zimmer hatte er einen Stuhl, einen Schreibtisch und einen Schrank“, erinnert sich Teichert.

Bauamtsleiter Michael Wittig gibt das Straßenschild der Waldstraße frei.
Bauamtsleiter Michael Wittig gibt das Straßenschild der Waldstraße frei. © DA-Archiv

Die Pläne für die Umgehungsstraße seien auf dem Fußboden ausgebreitet worden. Ochs habe gestaunt, an was der Planer und die Waldheimer alles gedacht hätten und sei begeistert gewesen. Das war 1991.

„Ich war ein paar Mal in Dresden und musste mich auch ab und zu ‚lang‘ machen“, sagte der heutige Rentner.

Wichtige Briefe aus Dresden

Doch dann seien in Waldheim zwei entscheidende Briefe eingegangen. Aus Dresden gab es zehn Millionen DM für die Erschließung des Gewerbegebietes, das unmittelbar mit dem Bau der Umgehungsstraße zusammenhing.

Im zweiten Brief wurden der Stadt 33 Millionen DM für den Straßenbau bewilligt. Die neue Zschopaubrücke kostete allein schon acht Millionen DM. Um das Gewerbegebiet zu bauen, brauchte die Stadt das Land von den Grundstückseigentümern.

Mit einer Fahrt im Oldtimer von Auto Köhler wurde die Straße eingeweiht.
Mit einer Fahrt im Oldtimer von Auto Köhler wurde die Straße eingeweiht. © DA-Archiv

„Für den Erwerb gab es kein Fördergeld. Um den Kauf trotzdem zu stemmen, musste sich die Stadt verschulden. Aber wir wussten, was wir wollten und haben das Vorhaben in Angriff genommen“, sagte Teichert.

Nicht nur die Gespräche seien schwierig gewesen. Es habe damals nicht einmal einen Notar in der Region gegeben. Der wurde dann in Dresden gefunden.

„Uns war es wichtig, Spekulationen zu vermeiden. Deshalb mussten wir Eigentümer der Grundstücke werden. Unterstützung bei diesem Prozedere erhielten wir vom damaligen Kämmerer aus unserer Partnerstadt Landsberg am Lech“, erinnert sich Teichert.

Es sei damals ein sehr langer Tag gewesen. Früh seien mit den Landwirten die Verträge geschlossen worden und nachmittags mit den Investoren. Fünf Ansiedlungen von Investoren aus der Partnerstadt waren bereits bekannt.

1993 wurde in den ersten Unternehmen produziert. Ein Jahr später wurden die ersten Abschnitte für den Verkehr freigegeben.

„1995 war das Bauwerk fertig und wurde mit einem sagenhaften Brückenfest eingeweiht. Damals gab es sogar Brückenbräu von der Richzenhainer Brauerei“, sagte Karl-Heinz Teichert.

Diese und viele andere Erinnerungen werden beim Vortrag „30 Jahre Umgehungsstraße in Waldheim“ wach.

Vortrag im Museumshaus

Zu diesem laden der ehemalige Tiefbauamtsleiter Michael Wittig und Karl-Heinz Teichert für Donnerstag, 4. April, ein. Außerdem wurde eine kleine Ausstellung vorbereitet. Der Vortrag beginnt um 18.30 Uhr im Stadt- und Museumshaus Waldheim. Der Eintritt kostet 5 Euro. Voranmeldung unter Tel. 034327 57234.