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Warum die Sportler mehr zahlen sollen

Die Vereine in Mittelsachsen sollen höhere Beiträge an den Kreissportbund entrichten. Eric Braun und Benjamin Kahlert schildern im Interview, was außerdem wichtig ist.

Von Frank Korn
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Eric Braun (rechts) und Benjamin Kahlert, Präsident beziehungsweise Geschäftsführer des Kreissportbundes Mittelsachsen, haben nicht nur zur Beitragsanpassung Stellung bezogen.
Eric Braun (rechts) und Benjamin Kahlert, Präsident beziehungsweise Geschäftsführer des Kreissportbundes Mittelsachsen, haben nicht nur zur Beitragsanpassung Stellung bezogen. © Lutz Weidler

Mittelsachsen. Der Kreissportbund (KSB) Mittelsachsen ist mit reichlich 45.700 Mitgliedern in 390 Vereinen eine große Kraft im Landkreis. Dennoch steht auch der Sportverband vor herausfordernden Zeiten. Ein Doppelinterview mit Präsident Eric Braun und Geschäftsführer Benjamin Kahlert.

War die Beitragserhöhung das bestimmende Thema beim Kreissporttag Ende Juni?

Benjamin Kahlert: Der außerordentliche Kreissporttag hatte mehrere Facetten. Die Beitragserhöhung war sicher das, worüber bei der Veranstaltung am meisten diskutiert wurde.

Ebenso wichtig war aber die Anpassung unserer Satzung sowie wesentliche Personalien. Mit Kay Richter für den Bereich der Finanzen und Thomas Pretschner für den Bereich der Bildung wurden zwei neue Vizepräsidenten gewählt. Die bisherigen Vizepräsidenten Matthias Scheidig übernimmt den Bereich der Veranstaltungen und Philipp Hartewig führt seine Aufgabe fort. Der ehemalige Präsident Volker Dietzmann ist zum Ehrenmitglied ernannt worden.

Der Jugendschutz ist jetzt ausführliches Thema in unserer Satzung. Die Mitglieder werden so deutlicher darauf hingewiesen. Die Beratungsleistung hinsichtlich des Kinderschutzes hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Deshalb war es uns wichtig, dass dieses Thema in der Satzung verankert ist.

Eric Braun: Über die Beitragsanpassung ist sicher etwas mehr gesprochen worden. Dennoch ist der Beschluss zwar nicht einstimmig, aber dennoch mit einer deutlichen Mehrheit gefasst worden. Wir haben einen Paradigmenwechsel vollzogen. Bisher waren wir bestrebt, alles, gerade die Beiträge, so lange wie möglich stabil zu halten. Wenn dann aber der Punkt erreicht ist, dass doch Änderungen vollzogen werden müssen, gibt es für diese Herangehensweise keine Lorbeeren zu ernten. Und dann fallen solche Anpassungen auch höher aus. Deshalb haben wir uns auf ein neues System geeinigt.

Wie sieht dieses System aus?

Kahlert: Wir haben uns für ein Stufenmodell entschieden. Die Mitglieder sollen sich darauf einstellen können, was auf sie zukommt. Bis 2026 erhöht sich der Beitrag pro Jahr und Mitglied um 25 beziehungsweise 50 Cent. Für Erwachsene müssen die Vereine dann 3,50 Euro an den KSB abführen.

Bei Kindern und Jugendlichen sind wir 2026 bei einem Beitrag von 1,75 Euro. Dieser Beitrag lässt sich mit anderen Kreissportbünden vergleichen. Wir haben verschiedene Kostenfaktoren, wollen aber weiter eine qualitativ gute Arbeit abliefern. Mit den bisherigen Beiträgen wäre dies kurzfristig nicht mehr machbar gewesen.

Welche Lehren hat der Kreissportbund aus der Corona-Pandemie gezogen?

Kahlert: Wir haben den Kreissportbund vor allem digitaler gestaltet und das nun auch in der Satzung verankert. Es ist jetzt möglich, sowohl Gremiensitzungen als auch Hauptausschuss und den Kreissporttag digital beziehungsweise in hybrider Version durchzuführen. Damit wollten wir auch eine Vorbildfunktion für die Vereine übernehmen.

Im Jahr 2020 hatte der KSB noch über 47.000 Mitglieder. Jetzt sind es etwa 45.700. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Braun: Die Zahlen hatten in den Jahren vor Corona nur eine Richtung, nach oben. Ein Verdienst gerade der Vereine im Landkreis. Diese haben die Pandemie genutzt, um ihre Karteien aufzuräumen. Jedoch sind Verluste auch darauf zurückzuführen, dass die Vereine zum Beispiel kein Schnuppertraining anbieten konnten. Der Zustrom hat in dieser Zeit einfach gefehlt. Im Vergleich zu anderen Sportbünden sind wir mit unseren Zahlen – 45.710 Mitglieder in 390 Vereinen – aber sehr zufrieden.

Der ländliche Raum hat seine Stärken wieder einmal gezeigt, das Wir-Gefühl hat in dieser Hinsicht gewirkt. Dennoch spüren wir Corona auch und schauen mit großer Sorge auf die aktuelle politische Lage und deren Folgen für den Sport. Der Mitgliedsbeitrag in einem Sportverein ist sicher eine der ersten Sparmöglichkeiten, wenn es darum geht, Geld für den Lebensunterhalt zu sichern.

Kahlert: Als im Februar und März die Corona-Schutzverordnung zuungunsten des Sports gewirkt hat, schien das Zusammengehörigkeitsgefühl zu kriseln. Der gesellschaftliche Druck war auch im Sportsystem hoch. Verdienstvolle Leute sollten ausgeschlossen werden, weil die Corona-Bestimmungen dies so vorsahen.

Unseren Unmut darüber haben wir auf Kreisebene, aber auch bei der Landespolitik sehr deutlich geäußert. Mitgliederverluste waren vor allem auch im Bereich der Funktionäre gravierend. Viele haben sich in der Corona-Zeit mehr der Familie zugewandt und kommen schwerer wieder in die Vereine zurück.

Gibt es eine Strategie, wie man dem entgegenwirken kann?

Braun: Wir haben da nicht nur eine. Als erstes muss bei der Corona-Schutzverordnung weiter Lobbyarbeit für den Sport gemacht werden. Man kann nicht in guten Zeiten den Sport und das Ehrenamt berechtigt hervorheben, um dann in der Krise dem Sport jegliche Verantwortung abzusprechen und den Sportbetrieb einzustellen.

Kahlert: Gleichzeitig richten wir unsere Angebote seit Jahren darauf aus, dass die Funktionsträger Beratung und Lernangebote in ihren Tätigkeitsbereichen bekommen. Die neueste Entwicklung ist das Blended-Learning-Format. Damit können die Ehrenamtler Online-Bildungsangebote zu unterschiedlichen Zeiten nutzen und müssen nicht alle zur gleichen Zeit vor dem Bildschirm sitzen. Dies ist ein Pilotprojekt, das wir gemeinsam mit dem Kreissportbund Vogtland umsetzen. Im besten Fall soll dies dann auch für andere sächsische Kreissportbünde zur Verfügung stehen.

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In den Videoblöcken sind interaktive Aufgaben integriert, die die Teilnehmer absolvieren sollen. Wir haben die Erfahrung gesammelt, dass die meisten Lehrgangsteilnehmer interessiert und motiviert sind. Das Feedback, dass wir bekommen, zeigt das deutlich. Die Teilnehmer betrachten diese Formate auch als Erleichterung.

Kürzlich sind die Kreis-Kinder- und Jugendspiele durchgeführt worden. Wie ist die Resonanz gewesen?

Kahlert: Erstmals seit Beginn der Corona-Krise sind die Kreis-Kinder- und Jugendspiele in vollem Umfang organisiert worden. Wir haben gemerkt, dass es in einzelnen Sportarten kaum Teilnehmer gab. Gerade in sogenannten kleinen Sportarten wollen wir verstärkt auf Kooperation setzen. Im Box-Sport beispielsweise haben wir gemeinsam mit dem Stadtsportbund Chemnitz in diesem Jahr die ersten Erfahrungen gesammelt.

Die Kreis-Kinder- und Jugendspiele sollen der Einstieg in den Wettkampfsport sein, das darf man nicht vergessen. In der Vergangenheit gab es viele Athleten, die bei diesen Spielen ihre ersten Erfolge gesammelt haben, und heute Spitzensportler sind. Wir haben gerade für die Leichtathletik einen würdigen Rahmen geschaffen. Das wollen wir auch in anderen Sportarten weiter ausbauen. Die Kreis- Kinder- und Jugendspiele sind eines unserer Erfolgsprodukte, diese Marke wollen wir auch weiterentwickeln.

Braun: Die Kreis-Kinder- und Jugendspiele bieten die Möglichkeit, in die eine oder andere Sportart hineinzuschnuppern. Ich war zum Beispiel beim Badminton der Nichtaktiven in Hainichen zur Siegerehrung vor Ort. Es müssen nicht immer die traditionellen Sportarten wie Fußball, Handball und Co. sein. Zielstellung für die Zukunft wird es sein, dass wir uns auf die Dinge konzentrieren, die in Mittelsachsen gut laufen.

Was wünscht sich der Kreissportbund Mittelsachsen von der Sportpolitik in Sachsen?

Braun: Wir wollen Sportpolitik im Landkreis und in Sachsen nicht immer nur an Corona festmachen. Das wäre zu kurz gegriffen. Die Einschränkungen haben zweifellos wehgetan. Beim Landessportbund ist viel geredet worden, aber bei den Sportfreunden an der Basis ist wenig angekommen. Das kann nur besser werden. Auch unter Beachtung des Fachkräftegebotes konnte weiter qualifiziertes Personal eingestellt werden.

Wir stellen uns aber die Frage, ob man vielleicht auch Leute hätte einstellen können, die gewisse Studiengänge nicht vorweisen können. Denn man hat vergessen, dass man höher qualifizierte Mitarbeiter auch entsprechend bezahlen muss und welche Folgen dies hat. Das sagt man uns auch mit dem nächsten Doppelhaushalt des Freistaates wohl nicht, wie eine solide und dauerhafte Finanzierung aussieht. Mit den Beiträgen, die wir erheben, ist das nicht zu bezahlen.

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Ansonsten sind wir gespannt auf unseren neuen Landrat und die vor uns stehenden Entwicklungen. Vor einigen Wochen hatten wir die Gelegenheit, den neuen Innenminister kennenzulernen. Da sind erfrischende Ansätze dabei. Unsere Spielwiese ist aber der Landkreis, der Landessportbund muss auf Landesebene agieren.

Die Sportförderrichtlinie ist zuletzt im Dezember 2017 novelliert worden. Jetzt laufen Gespräche dazu. Wie sind die Erwartungen seitens des Kreissportbundes?

Braun: Die Richtlinie hat eine zentrale Bedeutung für den Sport im Landkreis. Deshalb ist es doch richtig gewesen, eine Arbeitsgruppe dazu zu bilden. Man muss mit der Richtlinie natürlich den aktuellen Ereignissen gerecht werden. Die Probleme, die die Sportvereine vergangenes Jahr im Sommer hatten, sind in diesem Jahr andere.

Deshalb tendieren wir dazu, die Richtlinie so zu verhandeln, als hätten wir „normale“ Zeiten, gleichzeitig aber Mechanismen einzubauen, die den aktuellen Gegebenheiten gerecht werden. Die Sportförderrichtlinie wird nicht alle Probleme lösen. Sie ist, wenn man so will, ein Instrument. Auch die Kommunen sind in dieser Hinsicht gefragt.